Erlanger hilft Erdbebenopfern

27.5.2015, 17:49 Uhr
Erlanger hilft Erdbebenopfern

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„Es ist schon schlimm zu sehen, wie die Menschen in den Trümmern ihrer Häuser wühlen und ihre Habseligkeiten zusammensuchen“, sagt Andreas Lehmann. Es steht in seinem Gesicht geschrieben, was er erlebt hat, wie sehr der Einsatz auch an ihm gezehrt hat, obwohl er „nur“ als Logistiker dabei war und nicht ständig mit all dem Leid direkt in Kontakt gekommen ist.

Seine erste Aufgabe war es, das notwendige Material auf die Reise zu schicken, es durch den Zoll zu bekommen, den Transport durch das zerstörte Land zu organisieren, den medizinischen Behandlungspunkt aufzubauen. Den hatten die Helfer auf dem Gelände einer zerstörten Tempelanlage auf einem Plateau auf 1300 Meter Höhe etwa drei Stunden nordöstlich der Hauptstadt Kathmandu errichtet. Ein Mönch hatte die Erlaubnis dafür gegeben.

Ein Team, das bereits am ersten Tag nach dem Erdbeben abgeflogen war, hatte diesen Ort ausgesucht. Dorthin zu kommen sei nicht einfach gewesen, erzählt der Dreißigjährige. Überall auf den ohnehin nicht guten Straßen hätten Gerölllawinen gelegen. „Die Zerstörung war groß, aber auf dem Weg zu dem Ort, wo unser Quartier aufgebaut werden sollte, war medizinische Hilfe noch nicht notwendig“.

Andreas Lehmann ist auch beim Hochwasser in Süddeutschland im Einsatz gewesen und vergleicht die beiden Einsätze, indem er sagt: „Das Hochwasser ist schlimm und tragisch gewesen, aber es gibt in Deutschland Mechanismen, die die Menschen auffangen — in Nepal dagegen sind sie komplett auf sich alleine gestellt“. Darum sei der schnelle Einsatz dort im Himalaya auch so extrem wichtig gewesen.

Ein lokaler Medizinstudent dolmetschte für die Johanniter, so konnten die Kontakte zu den hilfebedürftigen Menschen hergestellt werden. Auch das Militär hat geholfen, hat Toiletten gebaut, hat das Camp und den Behandlungspunkt bewacht. Dort haben sich die Kranken und Verletzten aus der näheren Umgebung angestellt, sind praktisch rund um die Uhr versorgt worden.

„Die meisten der Patienten kamen mit unversorgten und häufig infizierten Wunden, Kopf- und Gesichtsverletzungen, Verbrennungen, Infektionen oder internistischen Erkrankungen“, erzählt Andreas Lehmann, der auch medizinisch ausgebildet ist und den Ärzten bei ihrer Arbeit assistierte, wenn Not am Mann war.

Weil die Verletzten aus den Bergen den beschwerlichen Weg zur Krankenstation nicht schaffen konnten, brachen mehrmals Hilfstrupps in die Berge auf. Acht Stunden lang stiegen die Johanniter, mit ihrem medizinischen Material bepackt, bis auf 2300 Meter Höhe auf, um die Menschen dort oben zu versorgen. Weil die Täler im Monsun oft überschwemmt werden, sind die Dörfer in die Hänge hineingebaut. Die aber sind durch das Erdbeben abgerutscht. Auch die Straßen in den Bergen sind vielfach aufgerissen. Lehmann glaubt, dass sie in der Monsunzeit komplett abrutschen werden. „Dann kann sich die Lage noch einmal zuspitzen“, befürchtet er.

Momentan aber funktioniere zumindest das medizinische Basissystem einigermaßen, sei das kleine Krankenhaus wieder in Betrieb, könne zumindest eine ordentliche Wundversorgung gewährleistet werden. Weitere Hilfsgüter sind inzwischen eingeflogen und an verschiedene Gesundheitsstationen verteilt worden. Darum ist Andreas Lehmann auch nicht mit dem Team zurückgeflogen, sondern noch zwei Tage länger geblieben. Er hat für die zollfreie Einfuhr gesorgt, was nicht immer einfach ist.

Denn skrupellose Geschäftemacher haben sich laut Lehmann die Katastrophe zunutze gemacht, um ihre Waren ebenfalls zollfrei ins Land zu bringen, um sie dann gewinnbringend zu verkaufen.

Elf Tage lang war Lehmann bei diesem Hilfseinsatz unterwegs. Die Universität, wo der Ingenieur gerade seine Dissertation schreibt, hat ihn dafür freigestellt. Man merkt ihm an, wie nahe ihm dieser bislang schwierigste Einsatz immer noch geht. Und der nächste wartet bereits. Denn die Johanniter sind, wie auch das Erlanger THW, beim G7-Gipfel am 7. und 8. Juni auf Schloss Elmau in Krün eingesetzt.

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