Erlanger Kollegienhaus ist nur eine Baustelle von vielen

7.4.2018, 06:00 Uhr
Erlanger Kollegienhaus ist nur eine Baustelle von vielen

© Anestis Aslanidis

Zehn Jahre lang war Christian Zens (56) Kanzler der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, bevor er an die FAU nach Erlangen wechselte. Als Kanzler leitet er unter anderem die Uni-Verwaltung und ist Beauftragter für den Haushalt.Foto: Anestis Aslanidis

Herr Zens, Sie sind seit einem guten Jahr in Erlangen. Wie kommt ein Oberbayer mit den Franken zurecht?

Christian Zens: Ich habe mit den Franken keine Probleme. Das Einzige, was mir auffällt: Ich glaube, dass die Franken so ein bisschen wenig Selbstbewusstsein zeigen. Sie könnten viel selbstbewusster auftreten, gerade auch hier in der Metropolregion.

 

Sie hatten Ihr Amt mit Freude und Enthusiasmus angetreten. Ist das immer noch so?

Zens: An der Freude hat sich definitiv nichts geändert. Was mich so ein bisschen schockiert hat, ist, wie schnell dieses Jahr vergangen ist. Es war ein sehr ereignisreiches Jahr mit vielen Entscheidungen, etwa vom Ministerrat, von denen wir dann auch unmittelbar betroffen sind.

 

Sie sagen, es war ein sehr ereignisreiches Jahr. Sie selbst wurden vor einem Jahr von der FAU als "Manager des Wandels" angekündigt, wie weit ist denn der Wandel gekommen?

Zens: Wandel ist ein sehr abstrakter Begriff. Konkret heißt das: Wir erleben zum Beispiel einen sehr schnellen digitalen Wandel und deshalb muss die Verwaltung als Dienstleister auf diese Entwicklungen reagieren. Daher habe ich in den ersten Monaten den Einstieg in ein zentrales Berichtswesen, also den Controlling-Aspekt, für die Universitätsleitung und die anderen Beteiligten sowie den Einstieg in ein digitales Prozessmanagement initiiert. Ich möchte nicht mehr in strikten Zuständigkeiten innerhalb einer Verwaltung denken, sondern in den Abläufen, den Prozessen. Zuständigkeiten dürfen keine formalen Grenzen mehr sein, sondern wir müssen auf möglichst schlanke Prozesse setzen.

 

Sie greifen damit aber in langjährige Abläufe ein. Wie groß ist da der Widerstand bei den Mitarbeitern?

Zens: Es kann schwierig sein, muss es aber nicht. Natürlich handelt es sich da, wie man auf Neudeutsch sagt, um einen Change-Management-Prozess. Man muss dabei versuchen, möglichst viele Kollegen mitzunehmen, aber ich spüre da keine Widerstände. Im Gegenteil. Es beklagen viele, dass es doch sehr viel Aufwand in Papierform ist, die Vorgänge so zu bearbeiten wie früher. Wir leiden in allen Bereichen unter einer Arbeitsverdichtung. Da ist es schon eine Art von Selbsthilfe, zu gucken, wie kann ich die Prozesse schlanker machen, damit ich von meiner Arbeitsbelastung ein bisschen herunterkomme.

Einfach dürften solche Änderungen innerhalb einer großen Einrichtung, wie die FAU sie ist, nicht sein.

Zens: Natürlich, es wird eine Herausforderung, bei einer großen Universität wie der FAU mit einer dezentralen Struktur auch alle miteinzubeziehen. Wir machen Verwaltung nicht nur im Schloss, sondern vieles passiert in den Fakultäten. Es ist mir wichtig, diese Verknüpfung deutlich zu machen und die Fakultätsverwaltungen miteinzubeziehen.

 

Ihre Vorgängerin Sybille Reichert wollte die Verwaltung ebenfalls straffer und serviceorientierter gestalten. Sie hat ihr Amt niedergelegt, und Sie merken keinen Unmut bei den Beschäftigten?

Zens: Nein, ich habe vor allem in der zentralen Universitätsverwaltung meine Abteilungs- und Referatsleiter als Ansprechpartner, und da spüre ich keine Widerstände. Wir machen das Ganze auch nicht als riesengroßes Projekt, sondern eher modular. Wir fangen mit einigen kleinen Teilprojekten an, die dann sehr schnell zu spürbaren Verbesserungen führen. Ich werbe auch dezentral dafür, dass man sich in die Prozesse miteinbringt. Möglichkeiten gibt es genug.

 

Und was ist das Ziel?

Zens: Es bleibt für mich letztlich das Ziel, ein Dokumentenmanagementsystem mit einem integrierten Prozessmanagement hier zu installieren. Das ist ein großes Projekt, das ist mir bewusst, deshalb mache ich es schrittweise.

 

Der interne Wandel, wie Sie ihn etwa in der Verwaltung anstreben, ist das eine, der externe große Wandel das andere, sprich die Neugründung einer Uni in Nürnberg. Wie sehen Sie den Beschluss der Staatsregierung?

Zens: Der Beschluss beinhaltet zwei Komponenten, die eine betrifft die Konsolidierung unserer Technischen Fakultät, die andere umfasst die Neugründung einer technisch ausgerichteten Universität. Da rate ich in der öffentlichen Diskussion zu einer gewissen Portion Gelassenheit. Wir haben bis etwa Mitte des Jahres mit einem Konzept aus der Strukturkommission zu rechnen und vorher fehlt die Grundlage für eine inhaltliche Diskussion. Das Prozedere sieht dann vor, dass sich der Wissenschaftsrat mit dem Papier beschäftigt. Die Diskussion sollte man nicht voreilig überfrachten, sondern erst einmal das Ergebnis der Kommission abwarten.

 

Dennoch bleibt die Frage des Geldes. Für Neugründung und Aufbau sollen rund eine Milliarde Euro aus München fließen. Was bleibt dann für die FAU, zum Beispiel für die Sanierung maroder Gebäude, was Sie im EN-Gespräch zu Ihrem Amtsantritt immerhin mit als wichtigstes Ziel bezeichneten?

Zens: Letztendlich ist nicht nur die FAU betroffen, sondern es sind alle Universitäten und Hochschulen des Landes plus Kultureinrichtungen, die sich um denselben Topf für Bauvorhaben bemühen. Ich sehe nicht, dass diese kolportierte eine Milliarde für das neue Universitätsprojekt, konkretere Zahlen gibt es ja nicht, so finanziert werden soll, dass es zu Lasten aller anderen beteiligten Hochschulen und Universitäten geht. Das Problem insgesamt ist bayernweit der große Sanierungsrückstau.

 

Die andere Komponente des Ministerrats betrifft die Konsolidierung der FAU.

Zens: Das ist für mich wichtig. Dabei geht es um die Veränderungen im Innenstadtbereich mit dem großen Anker Himbeerpalast und um das Südgelände, das für die Konsolidierung der Technischen Fakultät in den Blick genommen werden soll. Da sind wir auf einem guten Weg.

 

Beim Himbeerpalast aber hakt es. Wie man hört, soll es ums Geld gehen.

Zens: Sagen wir mal etwas vorsichtig: Beim Himbeerpalast steht die Ampel zwischen den Verhandlungspartnern meines Wissens auf Grün. Voraussichtlich wird sich der Haushaltsausschuss des Landtages im Juni oder Juli mit dem Ergebnis befassen.

 

Trotzdem gibt es viele Baustellen. Das Schloss ist ohnehin sanierungsbedürftig, im Kollegienhaus fanden kürzlich Prüfungen im kalten Hörsaal statt. Gerade im 275. Gründungsjahr ist das kein Aushängeschild.

Zens: Wenn man das im Jubiläumsjahr sieht, haben Sie natürlich recht. Alles, was man hier so sieht, ist aus der Ferne mit einer möglichst großen Körnung betrachtet, okay, aber Sie dürfen nicht näher hingucken. Das ist aber nicht nur hier so. Das Schloss ist in dem Zusammenhang eher mein geringeres Problem. Am wichtigsten sind für mich die Gewährleistung von Forschung und Lehre. Da haben Sie das Kollegienhaus angesprochen, das hat eine hohe Priorität. Ich muss aber letztendlich von der zeitlichen Abfolge her sehen, was ist das erste, das für mich dringend ist.

 

Und was ist das für Sie?

Zens: Das ist bezogen auf den Innenstadtbereich der Himbeerpalast plus das bisherige Chemiegebäude in der Henkestraße, das in dem Komplex mit eine Rolle spielt. Beides muss zeitgleich fertig gestellt werden, da haben wir mit dem 1. Januar 2024 eine ambitionierte, aber realistische Deadline. Das hängt mit dem Nutzungsende der Philosophentürme in der Bismarckstraße zusammen. Danach geht es sukzessive weiter. Sobald dann andere Gebäude teilweise ertüchtigt sind, um die Kapazitäten aus dem Kollegienhaus abfangen zu können, wird das in Angriff genommen. Hier ist aber für mich nicht so sehr die Heizung das, übrigens im angesprochenen Fall schnell behobene, Problem, sondern eher grundlegendere Fragen, nämlich der Brandschutz und die Flucht- und Rettungswege.

 

Wie hoch ist denn der Investitionsrückstau der Universität?

Zens: Er liegt bei etwa 1,4 Milliarden. Das ist eine Hausnummer. Aber letztlich geht es nicht nur darum, Ersatz für sanierungsbedürftige Gebäude zu schaffen, sondern eine räumliche Konsolidierung zu gewährleisten. Im Innenstadtbereich wissen wir, dass wir nicht die einzigen

sind, die mit am Tisch sitzen, wenn es um Gespräche mit der Stadt geht. Auch das Universitätsklinikum hat Interessen, es wartet darauf, weil es seinen Masterplan auch darauf abgestellt hat, dass Teilbereiche in der Bismarckstraße frei werden.

 

Während die FAU alte Gebäude sanieren muss, entsteht in Nürnberg eine neue Hochschule mit modernsten Disziplinen. Fürchten Sie da wirklich keine Konkurrenz, auch inhaltlich?

Zens: Ich bin nicht der Wissenschaftler, der das jetzt inhaltlich bewerten kann und muss. Ich sage einfach nur, das wäre vielleicht eine Verkehrung der Perspektive. Warum sollen wir denn bei unserem Fächerspektrum und bei unseren Leistungen, vor allem im wissenschaftlichen Bereich, Angst haben? Eher wäre es ja anders herum. Wir decken ja vieles von den innovativen Gebieten schon ab. Da bin ich, wie andere vielleicht auch, durchaus gespannt, was dort für komplementäre Angebote kommen sollen.

 

 

 

 

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