Erlanger Nachhaltigkeitstag kam bei Besuchern an

26.9.2016, 06:00 Uhr
Erlanger Nachhaltigkeitstag kam bei Besuchern an

© Athina Tsimplostefanaki

Die Sonne lacht, die Temperaturen erreichen spät sommerliche Temperaturen – und viele Besucher denken trotzdem an Schnee und Eis. „Das Wetter ist heute ja eigentlich leider nicht so, dass man sich mit dem bevorstehenden Winter befasst“, sagt Jörg Winkler und deutet dabei in Richtung Himmel.

Trotz des herrlichen Herbsttages und der vom Trubel doch etwas abgelegeneren Lage am Botanischen Garten ist am Stand des Betriebs für Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung einiges los. „Es kommen sogar Leute aus Spardorf oder Baiersdorf und mit Erlangen gar nichts zu tun haben“, sagt Winkler.

Aber Eis- und Straßenglätte gehen nun mal alle an — und daher sind Jörg Winkler und seine Kollegen an diesem Nachmittag gut beschäftigt. „Wir zeigen verschiedene Streuart-Möglichkeiten“, erläutert der städtische Mitarbeiter. Etwa, wie sich Straßen und Gehwege mit einem neuen Granulat von Schnee und Eis befreien lassen — und das, wie der Experte sagt, auf „ziemlich umweltverträgliche“ Weise.

Umweltverträglich ist am Aktionstag „Deine Stadt und Du“ mit mehreren tausenden Besuchern so etwas wie das Wort des Tages. Natürlich neben nachhaltig und regional. Eine Hauptattraktion ist die Schnippel-Disko auf dem Schlossplatz. Dutzende Frauen, Männer und Kinder machen an der Station Halt, um Gemüse zu schneiden, das aus ästhetischen Gründen für den Handel nicht (mehr) marktfähig ist. Um Obst und Gemüse vor dem Müll zu retten, organisiert die deutsche Gruppe der internationalen Slow Food-Bewegung riesige Schnippel-Diskos in ganz Deutschland.

Auch in Erlangen ist die Projektbeauftragte Andrea Lenkert-Hörrmann mit Aktionskoch Wam Kat vor Ort — und wartet mit Schälern und Kochschürzen auf freiwillige Helfer. Hinter dem eher hippen und coolen Format steht die Idee, gerade Jüngere für das ernste Thema zu sensibilisieren, meint Andrea Lenkert-Hörrmann.

Lea Höhn (16) muss von der Notwendigkeit, schonend mit Umwelt und Ressourcen umzugehen, nicht erst überzeugt werden. Als die Nürnbergerin von dem Aktionstag erfahren hat, wollte sie sofort hin — gemeinsam mit Mutter Beate und Freundin Franzi Bachraty. Flink und fleißig schneiden die drei Gemüse, die Menge an Karotten und Kartoffeln in den Schüsseln wächst und wächst. „Ich finde das Konzept der Schnippel-Disko gut“, sagt die Heranwachsende. Sie achte ohnehin auf Ökologie und Nachhaltigkeit. „Ich versuche, Plastik zu vermeiden, möglichst wenige Lebensmittel wegzuwerfen und Obst und Gemüse vom Bauern oder als Bio zu kaufen.“

Mutter Beate Höhn (55) sieht das genauso. Sie kann nicht verstehen, weshalb das Gemüse in ihren Händen für den Verkauf nicht mehr gut genug sein soll: „Das sind doch wundervolle Riesen-Karotten.“ Wie ihre Tochter, interessiert sie sich vor allem für die Schnippel-Disko: „Wir wollen Neues erfahren; ich bin gespannt, was der Koch aus den Resten macht.“ Die Suppe, die schließlich auf den Tellern landet, schmeckt allen so gut, dass die meisten dafür spenden wollen. Eine Kasse aber steht nicht bereit.

Wenige Meter von der Schnippel-Disko entfernt gibt es im Mitmachhaus neben Energieberatung vegetarisches und veganes Essen — und viele Informationen dazu. Auch das Lesecafé „Anständig essen“, eine Art Außenstelle der Volkshochschule, ist mit diversen Gerichten vertreten.

Immer wieder pendelt Initiatorin Claudia Schorcht zwischen Schlossplatz und Lesecafé, den Ort, an dem die Nachhaltigkeitstage vor zwei Jahren begonnen haben. „Wir freuen uns, dass aus der kleinen Initiative Erlangen im Wandel nun doch so ein großes Event geworden ist.“ Mit solchen Veranstaltungen erreiche man Menschen, die nicht in die Altstadtmarktpassage kämen. Dennoch ist die ungewöhnliche Begegnungsstätte an diesem Tag nicht leer.

Auch dort sitzt der ein oder andere Gast mit einem guten und gesunden Essen vor sich am Tisch.

Apropos Tisch: Besondere Aufmerksamkeit erregt den Tag über eine lange Tafel mit Tellern und Besteck in der Hauptstraße. „Was ist unbezahlbar“ fragt der Künstler Johannes Volkmann so Passanten und Spaziergänger. Jeder ist eingeladen, darauf eine Antwort zu geben — und sie mit einem Stift niederzuschreiben.

Almut Kuwert legt den Filzer gerade wieder hin. „Mitgefühl“ hat die Lehrerin aus Möhrendorf neben die Begriffe „Stolz“ und „Ehre“ auf die Papiertischdecke notiert. „Die zwei Wörter haben mich vibrieren lassen“, sagt sie, „ich will nicht moralisieren, aber dazu doch etwas ergänzen.“

Weitere Bilder finden Sie unter: www.nordbayern.de/erlangen

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