Erlanger Polizisten "retten" 15-Jährige

28.1.2018, 17:30 Uhr
Erlanger Polizisten

© Harald Sippel

Die Polizei sorgt nicht nur für Ordnung und Sicherheit im Land, sondern sieht sich auch als "Freund und Helfer" der Bürger. Da es auch Zeitgenossen gibt, die daran kurzzeitig Bedenken überwältigen, wenn sie das Auge des Gesetzes besonders streng anblickt, stimmt es doch froh, dass die Beamten in der blauen Uniform dem Slogan trotz aller Unkenrufe und Kritik immer wieder gerecht werden.

Beweis gefällig? Kein Problem! Eigentlich wollte die 15 Jahre alte Lilly-Marleen von Naunhof bei Leipzig, wo sie ihre Mutter besuchte, zurück zu ihrem Internat in Haubinda bei Coburg. Klingt nicht leicht, aber in einem Land mit der Infrastruktur von Deutschland durchaus als machbar.

Sogar mit dem Zug. Schließlich hatte auch die Bahn, damals noch in den schützenden Händen des Staates, einst einen berühmten Slogan: "Alle reden vom Wetter. Wir nicht." Auch Slogans sind vergänglich. Über das Wetter redet die Bahn nach wie vor nicht gern. Über Verspätungen, bei denen mittlerweile sogar Schadensersatz eingeklagt werden kann, noch weniger unverblümt.

Erlangen statt Coburg

Angesichts der stürmischen Friederike mögen freilich nicht nur Juristen ein Äuglein zudrücken. Bei der weit mehr als windigen Lage war es ein Wunder, dass in Mitteldeutschland überhaupt noch der ein oder andere Zug dahinwackelte.

Wenn auch auf dem falschen Gleis. So geschah es, dass Lilly-Marleen in einen Waggon stieg, der sie nach Erlangen statt nach Coburg brachte. Wahrscheinlich hatte Friederike das entsprechende Hinweisschild am Umsteige-Bahnhof schlicht weggeblasen.

Da stand die Schülerin nun, das erste Mal in ihrem Leben, am Erlanger Hauptbahnhof und konnte den einmaligen Anblick gar nicht so recht genießen. Es war mittlerweile 22.07 Uhr, saukalt und Friederike wütete ohne Unterlass — wenn auch in Franken nicht so stark wie in Sachsen. Ein wenig muss sich das Mädchen vorgekommen sein wie jene Dame aus dem bekannten Soldatenschlager, deren Name sich nur geringfügig anders schreibt und die sich unvergänglich nach ihrem Liebsten sehnt.

Polizei war erreichbar

Tränen kullerten, in Erlangen wie vor der Kaserne. Zu allem Unglück hatte die junge Naunhoferin auch noch ihr Geld zuhause liegen lassen.

Bei der Bahnhofsmission klopfte sie vergebens. Niemand öffnete. Würde ihr in einem Hotel der Portier die Geschichte abkaufen und ihr auf Kredit eine Unterkunft gewähren? Sie rief in ihrer Verzweiflung ihren Vater an — Handy sei dank.

Der Papa war einst Fernsehredakteur bei "Brisant" und den "Tagesthemen" gewesen und wusste: Bei Notfällen ist Tag und Nacht die Polizei eine der ersten Adressen. Und schnell sind die Erlanger Ordnungshüter in der Regel sowieso.

Streife eilte zum Bahnhof

Flugs eilte eine Streife zum Bahnhof. Wie man Tränen trocknet, lernt ein Polizist wenn nicht in der Ausbildung, so doch in der Praxis. Zum Aufwärmen brachten die Beamten Lilly erst einmal auf die Wache.

Dann riefen sie die Internatsleiterin an und vereinbarten auf halbem Weg zwischen Erlangen und Coburg die Übergabe — einmal ohne Lösegeld und Ganoven.

Alle waren am Ende hollywoodreif glücklich: Lilly-Marleen, das ganze Internat von Haubinda, die ferne Mama, der längst genauso aufgewühlte Papa, der schon die Route für eine mehrstündige Fahrt durch Nacht und Sturm herausgesucht hatte. Und die Erlanger Polizisten. Denn vermutlich vollbringen sie jeden Tag wahlweise jede Nacht mehr als eine gute Tat. Was wir gern gelegentlich auch belegen.

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