Ermreuth: "Zariza Gitara" riss Publikum in Snynagoge mit

15.6.2017, 13:00 Uhr
Ermreuth:

© Scott Johnston

In Deutschland hat das Wort "Zigeuner" einen negativen Beiklang und wird von den Betroffenen als diskriminierend empfunden, weshalb sich seit längerem eingebürgert hat, von Sinti und Roma zu sprechen. Wie Sängerin Valeriya Shishkova erläuterte, wird der Begriff "Zigeuner" in Russland hingegen neutral verwendet und steht schlicht für "fahrendes Volk", ohne dass damit Vorurteile verbunden wären.

Nachdem sich zwischen Alpen und Nordsee zumindest das Zigeunerschnitzel samt dazugehöriger -soße halten habe können und durchaus positive Assoziationen hervorrufe, wolle man das Wort auch gern und nicht ohne Stolz weiter für die eigenen Lieder verwenden.

Nun, sich der Faszination von "Zigeunermusik" zu entziehen, fällt ohnehin schwer. Dass das Konzert zudem in einer ehemaligen Synagoge, die jetzt ein Museum beherbergt, stattfand, passte gut. Schließlich mussten auch die Sinti und Roma wie die Juden während der nationalsozialistischen Diktatur viel Leid erfahren.

"Zariza" steht in der Sprache der russischen Zigeuner für eine "unbezähmbare Schönheit" und ist mit "Zarin" verwandt, so dass der Name der Gruppe sowohl auf die mitreißende Kraft dieser Form der Gitarrenmusik als auch auf das Wechselspiel zwischen der ausdrucksstarken Sängerin und dem Saiteninstrument anspielt.

Ursprünglich war "Zariza Gitara" ein Quartett und nahm in dieser Besetzung zwei CDs als Live-Mitschnitte auf. Doch wie das bei einem "fahrenden Volk" manchmal so ist, ging ein Mitglied unterwegs verloren. Da sich der Geiger Sascha Skripka jüngst die Hand verletzte und sich kein passender Ersatz fand, reist "Zariza Gitara" derzeit als Duo durch die Lande.

Valeriya Shishkova: "Jetzt müssen wir beide als momentan verbliebener Rest uns eben noch mehr reinhängen und die Lücken mit unseren Möglichkeiten schließen." Dies gelang nicht zuletzt deshalb hervorragend, weil die Sängerin mit dem Gitarristen Oleg Matrosow ein sehr gut eingespieltes Team bildet. Immer wieder nahm die Gitarre die Vokalbögen auf, führte sie fort, kontrastierte sie und warf sie schließlich feurig oder zart zurück. Ein- und zweistimmiger Gesang lösten sich auf unbefangene Weise ab und sorgten für jede Menge Abwechslung.

Nie langweilig

Durch die häufigen Tempowechsel und den äußerst variablen Rhythmus wird die "Zigeunermusik" nie langweilig. Außerdem baute Matrosow häufig wunderbare Gitarrenläufe ein. Seine Kollegin ergänzte eingängige Melodien mit einer komplexen Stimmführung voll Überraschungen.

Die Lieder selbst sind meist der Ausdruck intensiver Gefühle, erzählen von glücklicher, aber auch unglücklicher Liebe, von Eifersucht und Schmerz, Sehnsucht und Einsamkeit. Das entbehrungsreiche Leben bei Schneesturm, Kälte und Hunger wird ebenfalls thematisiert.

Hier ist die Musik am Lagerfeuer unter dem Sternenhimmel weit mehr als auf eine oberflächliche Art romantisch, sondern kann auch eine befreiende Wirkung für die Seele entfalten.

Vorurteile haben hier ohnehin keinen Platz und fliegen hoffentlich auf ewig in die Nacht hinaus. Am Ende durften die Besucher sogar sechs Wörter Russisch lernen, wobei an "La, la, la, la, la, la" auch die deutschen Schlager längst Anklang gefunden haben sollen. Nach tosendem Applaus und Zugabe machte sich das "fahrende Duo" wieder auf zum nächsten der unzähligen Ziele.

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