Forderung aus Erlangen: "Keine Abschiebung in der Ausbildung"

15.3.2017, 15:30 Uhr
Eqbal Totakhel ist vor über einem Jahr nach Deutschland gekommen und hat im September letzten Jahres seine Ausbildung in einer Bäckerei angefangen. Jetzt soll er abgeschoben werden.

© Foto: Harald Sippel Eqbal Totakhel ist vor über einem Jahr nach Deutschland gekommen und hat im September letzten Jahres seine Ausbildung in einer Bäckerei angefangen. Jetzt soll er abgeschoben werden.

Der Unmut über die (bayerische) Abschiebepraxis bei insbesondere Asylsuchenden aus Afghanistan wird immer größer. Nun meldet sich auch der Kreisverband Erlangen der Mittelstandsunion (MU) der CSU in einem Positionspapier zu Wort. Der plakative Titel des Schreibens, das den EN vorliegt: "Flüchtlingspolitik: Das Richtige tun!".

In mehreren Unterpunkten erläutern die Unterzeichner, allen voran der Kreisvorsitzende der MU Robert Pfeffer, was sie als das "Richtige" verstehen: Darunter fallen für die Mittelstandsunion einerseits die Forderungen nach "konsequenten" Abschiebungen im Einklang "mit rechtsstaatlichen Prinzipien" sowie Kontrollen aller Flüchtlinge plus Entscheidungen über das weitere Verfahren bereits an den Landesgrenzen.

Mit diesen Sätzen ruft die Erlanger MU in dem Brief nach einer (noch) restriktiveren Abschiebepraxis — mit einem doch recht fragwürdigen Ziel: "Um uns dann umso mehr um ,die Guten‘ kümmern zu können".

Die "Guten" sind für die Verfasser eben jene höchst motivierte Asylsuchende, die eine Ausbildung machen oder bereits erfolgreich absolviert haben. Aber wie soll man es schon an der Grenze feststellen, wer zu den "Guten" gehört? Wie mehrfach berichtet, trifft die verschärfte Gangart bei den Abschiebungen vor allem Afghanen.

So wiesen in dieser Zeitung bereits Fachleute auf die physischen und psychischen Folgen der von Abschiebung bedrohten meist unbegleiteten minderjährigen und jungen erwachsenen Asylsuchenden hin. Von den konkreten Anschlagsgefahren in dem Land am Hindukusch einmal abgesehen.

Interessen der Wirtschaft

Zusätzlich zu diesen triftigen Argumenten gegen Abschiebungen bringt die Mittelstandsunion jetzt die ebenfalls berechtigten Interessen der Wirtschaft ins Spiel. "Die Erlanger Handwerker", heißt es in dem Dossier, "haben dann ganz konkrete Probleme bei ihrer Integrationsunterstützung für integrationswillige Flüchtlinge".

Die Erlanger Handwerker leisteten vor Ort viel, erläutert auf Anfrage MU-Chef Pfeffer. Nun aber fühlten sie sich mit Blick auf den wachsenden Fachkräftemangel von der Politik im Stich gelassen. Zwar sei mit der "Drei-plus-zwei-Regelung" eine akzeptable gesetzliche Lösung gefunden worden. Damit wird Flüchtlingen mit Duldungsstatus für die Zeit einer dreijährigen Berufsausbildung und anschließend eine zweijährige Beschäftigung ermöglicht. Zumindest theoretisch.

In der Praxis, kritisiert Pfeffer, würden die Bestimmungen nicht "einheitlich positiv" ausgelegt. Daher, so appelliert die MU an die Verantwortlichen in Berlin und München (ohne sie dezidiert zu nennen), müsse man die Richtlinie mit Leben erfüllen, um den "erfolgreichen Auszubildenden unter den Flüchtlingen das Damoklesschwert der zwischenzeitlichen Ausweisung" zu nehmen. Ausgebildete Kräfte kämen später der Wirtschaft zugute: entweder hier oder in den Heimatländern.

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