Forschergeist in Erlangen geweckt

26.11.2015, 18:00 Uhr
Forschergeist in Erlangen  geweckt

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

„Mission Impossible“ lautete der Auftrag für die Schülerinnen, die ihre Ferien dafür nutzen, einen Blick hinter die Kulissen eines Forschungsunternehmens zu werfen. Fünf Tage lang arbeiteten sie daran, eine leittechnische Funktion zum Start eines Notstromdieselaggregats zu entwickeln, also einem Ersatz-Kraftwerk, das einspringt, wenn beispielsweise in einem Atomkraftwerk der Strom ausfällt. Bevor mit der eigentlichen Arbeit begonnen werden konnte, ging es zuerst um die theoretischen Grundlagen.

Die Mastervorlesung an der FAU zum Thema „Grundlagen der elektrischen Energieversorgung“ kam Forscherin Sophie zwar zunächst vor wie „Fachchinesisch“, aber nach und nach verstanden die Mädchen, was der Professor ihnen beizubringen versuchte. Bei der Abschlusspräsentation erklärten sie ganz professionell, was Energie eigentlich ist, wie sie entsteht und wie ein Atomkraftwerk aufgebaut ist. Als ob sie sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigten, berichteten die Gymnasiastinnen und Fachoberschülerinnen von Energieerhaltung- und Entwertung, von Erzeugung, Transport, Verteilung und Nutzung von Energie und veranschaulichten anhand einer Energiekurve den Durchschnittsverbrauch einer Familie.

Aber die Theorie war nur der Anfang von einer spannenden Technik-Woche. Praktisch wurde es für die Mädchen bei der Umsetzung ihres Forschungsauftrags in der Areva GmbH. Unter der Leitung von Julia Bartl und mit der Unterstützung von Dozentinnen und jungen Ingenieurinnen besichtigten die Forscherinnen ein Hochspannungslabor und entwarfen einen Schaltplan für ihr Notstromdieselaggregat. Dieses „Gewirr an Strichen“ musste dann am Computer programmiert und auf seine Sicherheit überprüft werden, berichtete Nachwuchsforscherin Franziska.

Und Anja erklärte: „Das ist wie bei einer Hose mit Gürtel und Hosenträgern“, je mehr Schutz, desto besser. „Damit im Notfall auch nichts schief geht“. Indem ein potenzieller Fehler simuliert wird, wurde das Notstromaggregat in dem übergeordneten System für Reaktorschutz getestet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Mission completed“. Das Problem „Bei einem Stromausfall wird nicht gekühlt“, wurde erfolgreich gelöst, berichten die Mädchen stolz.

Von der Schule zum Beruf

Während der fünf Tage stand aber nicht nur die Forschungsarbeit im Mittelpunkt. Es ging auch darum, „früh den Forschergeist zu wecken“ und den Übergang von Schule zu Beruf, mit Blick auf den demographischen Wandel, in Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen und Industrie zu gestalten, so Projektleiterin Julia Bartl. „Der Fachkräftemangel steht vor der Tür“ und mit der Unterstützung von Projekten zum Thema „Nachwuchssicherung“ will Marc Hilgenfelder, Geschäftsführer der Geschäftstelle Mittelfranken der „Bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber“ bayme vbm, „die Attraktivität der Branche vor allem bei jungen Mädchen darstellen“. Und das laut einer Studie des Projektträgers, das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e. V., auch recht erfolgreich: 75 Prozent der Teilnehmerinnen entscheiden sich nach dem Camp-Besuch für ein technisches oder naturwissenschaftliches Studium.

Während der Forscherinnen-Woche erfuhren die Schülerinnen auch, wie es mit den beruflichen Aussichten bei Areva aussieht. Ingenieurinnen machten klar, dass das Klischee „Frauen und Technik“ wirklich nur ein Gerücht sei, und man als Frau unter Männern nicht unter Ausgrenzung zu leiden hat. Ganz im Gegenteil: Der Beruf werde nie langweilig und bietet durch internationale Einsätze auch immer neue Herausforderungen.

Mit der Teilnahme an dem Bildungsprojekt hofft auch Kristina Noack, die Frauenbeauftragte vom Lehrstuhl für technische Thermodynamik an der FAU, „mehr Mädels in die Technik zu locken“. Voraussetzungen für die Arbeit in diesen Berufsbereich sei vor allem ein Interesse an Technik, Motivation und der Mut sich Herausforderungen zu stellen, erläutert sie. „Ein Ingenieurstudium ist was für alle, die was bewegen wollen“.

Auch Bernhild Pflanzer, die bei der Areva GmbH mit der Nachwuchssichtung beauftragt ist, kann bei gemischten Teams im Unternehmen nur Vorteile nennen. Sie beschreibt Areva als einen Arbeitgeber, „bei dem einem alle Möglichkeiten und Türen offen stehen“, und sie hofft, dass sich die eine oder andere Camp-Teilnehmerin für eine Ausbildung dort entscheiden wird.

Den Interessen folgen

Wohin es die Mädchen beruflich hin verschlägt, ist noch unklar, aber Merle findet: „Man sollte nach seinen Interessen gehen und die sich bietende Gelegenheiten ergreifen“. Auf jeden Fall ist „die Woche wie im Flug vergangen“, da sind sich alle zwölf einig. Sie sind in den paar Tagen fast zu einer kleinen Familie geworden, die nicht nur zusammen gearbeitet und geforscht, sondern auch gelacht und Spaß gehabt hat.

Areva und die FAU sind zwei von jeweils neun bayerischen Unternehmen und Hochschulen, die in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Projektträger, das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e. V. (bbw) das „Forscherinnen-Camp“ anbieten.

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