Friedrich Rückert blickt in Erlangen auf seine Zeit

1.10.2016, 18:00 Uhr
Friedrich Rückert blickt in Erlangen auf seine Zeit

© Foto: Erich Malter

Ein widerspenstiger Mensch scheint er gewesen zu sein – dieser Friedrich Rückert. „Ehrlich, kritisch und unbequem – und das manchmal wohl bis an die Grenze der Unverschämtheit“, erläutert Brigitte Korn, die Leiterin des Stadtmuseums Erlangen. Dort findet bis 26. Dezember eine Ausstellung über diesen Weltpoeten statt.

Erlangen ist der passende Ort für so eine Schau: Hat Rückert doch von 1826 bis 1841 als Professor der orientalischen Sprachen an der Universität Erlangen gelehrt – wohl die produktivsten Jahre seines Schaffens.

Verstanden hat er sich selbst in erster Linie als Dichter und Übersetzer. Der Universitätsbetrieb, in Erlangen und später in Berlin, hat ihn wenig bis kaum interessiert. Für ihn war eine Professorenstelle vor allem Mittel zum Zweck, um Geld für sich und seine ständig wachsende Familie zu verdienen.

Von Anfang an war er Außenseiter im Erlanger Universitätsbetrieb: einen Dichter wollte die etablierte Professorenschaft keinesfalls in ihren Reihen wissen. Auch dies hat Rückert nicht allzu sehr beeindruckt, zumal er sich zu behaupten wusste. Auf Druck des bayerischen Königs Ludwig I. erhielt er die Stelle, die ihm erstmals eine sichere Existenz ermöglichte. Wichtig war Rückert anderes. Zum Beispiel der kritische Blick auf seine Zeit. Das belegen in der Ausstellung im Stadtmuseum Originale wie Briefe und Gedichte aus seiner Feder.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich Deutschland in Aufbruchstimmung. Nach der Herrschaft Napoleons, die Rückert in seinen „Geharnischten Sonetten“ scharf kritisiert hatte, forderte das Bürgertum von seinen Landesfürsten die versprochenen Reformen, mehr Freiheiten und Mitbestimmung und schließlich die Einheit. Rückert hat das in seinen „Vaterländischen Gedichten“ zum Ausdruck gebracht. Passend dazu hat sich Rückert gekleidet – patriotisch, in altdeutscher Tracht und mit schulterlangem Haar. Damit war er eine außergewöhnliche Erscheinung, nicht zuletzt wegen seiner Körpergröße von fast zwei Metern.

Mit dem Beginn der Industrialisierung hat Rückert vor den Folgen des „Maschinenzeitalters“, wie er es nannte, gewarnt – vor der Ausbeutung der Menschen und der Natur. Die Schäden für die Umwelt durch die Industrialisierung und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, hat Rückert in seinen Texten festgehalten. Egal ob es dabei um giftige Dämpfe für die Arbeiter in den Fabriken ging oder um die Hungerlöhne.

 

„Die Welt wird je älter je kälter,

Immer mehr gehen die Wälder aus,

Und der Urzeit Kohlenbehälter

Gehen auf in der Neuzeit Maschinenbraus.“ (1865)

Auch in seinen letzten Lebensjahren hat Rückert von seinem Alterssitz in Neuses (bei Coburg) die politischen Ereignisse kritisch verfolgt. Auf dem Laufenden durch intensive Zeitungslektüre und im permanenten Briefkontakt tauschte er sich über die politische Lage aus.

Seine Enttäuschung darüber, dass die Monarchen ihre Versprechen gegenüber dem Volk nicht gehalten hatten, brachte er schon vor 1848 zu Papier. Mit deutlichen Worten und seiner Sympathie für die Revolutionäre in Berlin, die bei den Barrikadenkämpfen starben.

 

„Soll ich jubeln oder klagen

Um die, erschlagen

In den Straßen von Berlin?

Klag ein anderer, ich will jubeln,

Daß aus solchen Schreckenstrubeln

Solche ein Stern des Heils erschien.“ (1848)

 

Einen kritischen Blick auf die Zustände seiner Zeit zu werfen und diese in seinen Schriften anzusprechen – das hat sich Friedrich Rückert sein Leben lang nicht nehmen lassen.

Es wäre nicht überraschend, wenn das relativ unbekannte Spätwerk Rückerts mit 6000 unveröffentlichten Gedichten noch viele Schätze enthalten würde, die darauf warten, ans Tageslicht geholt zu werden.

Stadtmuseum Erlangen am Martin-Luther-Platz: „Der Weltpoet. Friedrich Rückert, 1788 – 1866 — Dichter, Orientalist, Zeitkritiker.“ Bis 26.12.2016 Bis 26. Dezember, geöffnet: Di., Mi., Fr. 9 – 17 Uhr, Do. 9 – 20 Uhr, Sa./So./Feiertage 11 – 17 Uhr (Audioguide für Kinder und Erwachsene vorhanden). Führung sonntags ab 11 Uhr

www.erlangen.de/stadtmuseum

Keine Kommentare