Geplauder, Blödsinn und vier Punks in Erlangen

20.4.2017, 11:30 Uhr
Geplauder, Blödsinn und vier Punks in Erlangen

© F.: Rainer Windhorst

Überraschung, Überraschung: Dramaturgie ist nunmal alles, und so wurde die Katze – ganz Höhepunkt-like – erst ganz am Schluss aus dem Sack gelassen: Mike Neun, Frontmann der "Die Suicides", erhält in diesem Jahr den kulturellen Ehrenbrief der Stadt. Echt wahr.

Doch erstmal zurück auf Anfang. Antistadl-Fans wissen es: Die "Kapelle Rohrfrei" rockt, ohne zu rocken. Das Volxmusik-Neutöner-Quartett aus Zirndorf und dem sonstigen Fürther Hinterland stößt kräftig in die jeweiligen "Hörner" (Klarinette, Trompete, Tuba), drückt beherzt auf Tasten (Akkordeon) und entlockt dergestalt seinen nachgerade klassischen Instrumenten flotte (Weltmusik-)Töne der sehr unterhaltsamen Art. Flott, flotter, beschwingend, Tradition ohne Mief. Jedoch: Die "Rohrfrei"-Leute agierten lediglich als Anheizer und Pausenfüller.

Vorhang auf für "Nun flog Dr. Bert Rabe" (kein Witz!): Ein ziemlich neues Trio mit ziemlich jungen Musikern aus Altdorf, die mittels E-Piano, elektrisch verstärkter Bratsche und Schlagzeug sehr schöne Lieder machen. Zugegeben, die (deutschen) Texte sind Lebens- und Gefühlslagen von Anfangzwanzigern geschuldet, aber haben stets einen leichten Touch ins Schräg-Verträumte. Hat unbedingt was.

Schräg-verträumt sind Matthias Egersdörfer und sein zumeist stummer weiblicher "Sidekick" Carmen nebenan auf der Couch nicht, eher frech herausfordernd, aber die drei "Rabe"-Menschen schlagen sich recht wacker in dem sich anschließenden Gespräch, das alle Gäste auf der Bühne durchlaufen müssen. Es entwickelt sich – Kenner der Reihe wissen es – ein mehr oder weniger launiger Mono- und Dialog-Mix, der aus Infos, ironischem Spaß, softem Geplauder und echtem Blödsinn besteht.

Ein verschmitzter Schalk

Seinen Spaß hat man auch mit dem blinden Nürnberger Komponisten und Pianisten Heinrich Hartl: Nach seiner Performance mit Klavierzyklus und Astor-Piazzolla-Hommage entpuppt sich Hartl im Zwiegespräch als lebenslustiger, verschmitzter Schalk, der – nach seinen zum Besten gegebenen Episödchen zu schließen — den schönen Dingen des Lebens, also Frauen, Musik und Alkohol, durchaus zugetan ist.

Punkrock im Kinderzimmer? Doch, das geht, zumindest in den 70ern. Denn damals griffen in Erlangen einige 14-jährige Knaben hart in die Saiten und gründeten die "Die Suicides". Im Verlauf von exakt 40 Jahren wurden aus Knaben natürlich Männer, und als solche griffen sie nun erneut in die Saiten und präsentierten harte Riffs und provokant-polemische Texte. Punk als Rock-Entertainment. Laut und sehr unterhaltsam.

Hübsche Anekdoten

Egersdörfer bekannte hinterher, froh zu sein, seine Hörfähigkeit behalten zu haben. Die vier Herren (Mike Neun, Gesang; Dirk N. Steuerlein, Gitarre; Andy Dorn, Bass; Tilo Heider, Schlagzeug) konnten da nur schmunzeln und erzählten hübsche Anekdoten aus früheren Zeiten.

Punkrock hält offensichtlich jung und macht entspannt. Na ja, und dann ist es Matthias Egersdörfer eben rausgerutscht: Sänger Mike Neun, der auch das jährlich stattfindende Horrorfilmfestival "Weekend of Fear" veranstaltet, bekommt besagten Ehrenbrief. 40 Jahre Punk müssen ja zu was gut sein.

P.S.: Das Unterhaltungsformat "Egers Calling" hat sich gemausert, ist flüssiger und lockerer geworden. Weiter so, Herr Spurensicherer!

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