Glas-Tropfen und Leichenwäsche

18.6.2013, 00:00 Uhr
Glas-Tropfen und Leichenwäsche

© Harald Hofmann

„Blut lecken, Blut schmecken, Blut abnehmen...Blutwurst!“ Auf der Treppe des Instituts für Anatomie — unter der Glasarbeit „Tropfen“ (also Symbole für Blut, Tränen, Regen etc.) von Eva Balbach — wandelt ein Chor zu elektronischer Musik aus dem Ghettoblaster langsam, aber entschlossen nach oben. „Herzmusik/Bypass, Op. 163/2013“ nennt sich die Komposition von Wittwulf Y Malik, die zum Start der Ausstellung „KunstInfekte VI/13“ uraufgeführt wird.Einige Zeit später seilt sich ein Mann von der Empore ab, Menschen laufen im Treppenhaus des alterwürdigen Gebäudes auf und ab, die Männer und Frauen der Gruppe brechen ab und zu stumm zusammen, rappeln sich wieder auf, sind in der Endlosschleife gefangen. Wecker klingeln. Dann der Abgang aus dem Foyer. „Stell Dir vor, dass dies eines Tages aufhörte. Stell dir vor.“ Inspiriert von einer Textzeile aus George Taboris „Gesegnet Mahlzeit“ präsentiert die „Gruppe Verlangen VI/13“ eine starke Performance zur Vernissage, die getreu dem „Bypass“-Motto nicht direkt, sondern mit einem Diskurs zur Bildenden Kunst führen möchte.

Glas-Tropfen und Leichenwäsche

© Harald Hofmann

Die auf drei Stockwerken verteilten Arbeiten sind höchst unterschiedlicher Natur und Qualität. Dies liegt auch an der Zusammensetzung der „KunstInfekte“-Teilnehmer. Studenten und Mediziner treffen hier auf professionelle Künstler, abstrakte Arbeiten auf Plakatives und Figürliches, eher bescheidene Malereien auf professionelle Installationen.

Originell der Guckkasten „Not the only one“ von Aenne Bittner. 24 Einzelfiguren werden hier auf einer Drehplatte durch Stroboskoplicht zum Leben erweckt. Als ob ein kleines Männchen mit Blut gefüllt und wieder entleert wird. In den Raum mit Präparaten-Schaukästen haben sich die Gussbäume von Anna Lena Grau eingeschlichen. Hier sollen nicht der menschliche Körper, sondern Gedanken für die Ewigkeit aufbewahrt werden. Mit der Vergänglichkeit beschäftigt sich die Foto-Serie „Stay Real“ von Rainer Windhorst. Zurückhaltend und in sanfter Schwarz-weiß-Ästhetik dokumentiert er vom Waschen bis zum Schminken die Vorbereitungen für eine Bestattung. Ebenfalls von der Fotografie kommt Olympia Sprenger, die in ihren Arbeiten dunkle, mystische Welten erschafft. Vom Psychiater Pascal Heinrich Maria Burger stammt der launige Comic „Dr. Catz“.

Eine Ausstellung an einem ungewöhnlichen Ort, die nicht zuletzt durch ihre Vielfalt überzeugt.

 

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