Hacker bedrohen fast ständig die Erlanger Stadtwerke

2.4.2019, 11:00 Uhr
Hacker bedrohen fast ständig die Erlanger Stadtwerke

© Foto: Harald Sippel

Diese ernüchternde Feststellung machte Geus bei einer Veranstaltung der Karl-Heinz-Hiersemann-Gesellschaft, dem Wirtschaftsrat des Handballclubs Erlangen, vor dem er über die aktuellen Maßnahmen der EStW zur Digitalisierung und zum Ausbau des Glasfasernetzes informierte. Er bezog sich dabei auch auf einen jüngsten Fall von Spionage im Netz. Danach wurden nach Recherchen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Norwegen offenbar vertrauliche Daten von finnischen Nokia-Smartphones an einen Server in China gesendet.

Die Erlanger Stadtwerke selbst erhielten im Jahr 2018 etwa 2,7 Millionen E-Mails – darunter zwei Millionen, die unter anderem mit Trojanern und Viren bestückt als bedrohlich eingestuft werden mussten. 4130 davon wurden sogar als "bösartig" ausgemacht.

Geus: "Nur 21 Prozent der bei uns eingehenden E-Mails sind tatsächlich als schadstoffware- und virenfrei zu klassifizieren. Wir befinden uns im Fadenkreuz der Hacker." Geus berichtete von einer E-Mail, die angeblich von einer ihm bekannten Mitarbeiterin der Stadtverwaltung abgesendet worden sein sollte.

Durch Aktionen des Spam-Filters misstrauisch geworden, ging man der Sache auf den Grund und entdeckte, dass das E-Mail gefälscht worden war und aus Taiwan stammte. Monate später hätte ein Trojaner – dann "aufgeweckt" – Programme im Stadtwerke-Netz stilllegen können.

Geus äußerte seine Skepsis, dass es "wohl nicht möglich sein wird, alle Anlagen stets hundertprozentig vor Angriffen von Dritten zu schützen". Dies wird dadurch versucht, indem sich die Stadtwerke durch ein eigenes schnelles Datennetz per Glasfaser weitestgehend vom öffentlichen Netz entkoppeln. Geus hat in der Vergangenheit eindringlich vor dem gesetzlich angeordneten flächendeckenden Einbau neuer Stromzähler gewarnt.

Sie kosten im Einkaufspreis 80 bis 100 Euro und weisen nach Einschätzung von Wolfgang Geus nicht jene Qualität auf, um Bedrohungen erfolgreich zu widerstehen zu können. Doch der Einbau ist vorgeschrieben – und die EStW müssen dem also nachkommen.


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Das Sicherheitsrisiko ist nachvollziehbar. Die Stadtwerke steuern digitalisiert eine Vielzahl von Anlagen und Netzen – so Wasser- und Heizkraftwerke, Umspannwerke und Trafostationen, Wasserwerke und Brunnen, Bäder und Busse, Windkraftanlagen und Pumpstationen, Hochbehälter und Straßenleuchten. Die Überwachung erfolgt teilweise durch Menschen, aber ebenso halb- und vollautomatisiert.

Die Elektronik ersetzt die Mechanik, der PC das Papierformular und Archive, gezeichnete Pläne erscheinen digitalisiert, separate weichen verknüpften Systemen, persönliche Kontakte werden anonymisiert – all das birgt Gefahren des Eingriffs von außen.

Dabei hinkt laut dpa Deutschlands Internet-Infrastruktur manchem scheinbaren europäischen Entwicklungsland und den internationalen Wettbewerbern hinterher. So gehören Funklöcher in Bulgarien und Rumänien der Vergangenheit an, die Länder zählen zu den Top10 der Welt in puncto Internetgeschwindigkeit.

In Südkorea hat die 5G-Ära längst begonnen

Und während hierzulande der Ausbau des 4G-Mobilfunknetzes zu wünschen übrig lässt, hat in Südkorea die 5G-Ära für Smartphone-Nutzer bereits begonnen. Eingangs der Veranstaltung hatte Innenminister Joachim Herrmann, Präsident der Karl-Heinz-Hiersemann-Gesellschaft, die beispielhafte Arbeit "eines der namhaften kommunalen Unternehmen in unserem Land" lobend herausgestellt. Wolfgang Geus, der seit 15 Jahren an der Spitze der EStW steht, wird übrigens Ende August in den Ruhestand treten.

Sein Nachfolger als Technischer Vorstand ist Frank Oneseit (Jahrgang 1967), vorher bei der E.ON Bayern. Er steht bereits seit 1. Juli 2018 auf der Kommandobrücke und lernt die 50 Jahre alte Stadtwerke AG mit über 600 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von rund 270 Millionen Euro kennen.

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