Handball-WM: Was bringt der Hype in Erlangen?

25.1.2019, 15:00 Uhr
Handball-WM: Was bringt der Hype in Erlangen?

© Federico Gambarini (dpa)

Handball-WM ist, wenn Politiker auf offiziellen Veranstaltungen mit ihrem Smartphone das Spiel der Nationalmannschaft live streamen. Wenn man in den Kneipen zum Public Viewing eine Reservierung braucht. Und wenn am Ende die Kinder nur so ausschwärmen in die Handballvereine. Auch in Erlangen ist das so. Natürlich. Schließlich ist die Stadt eine dieser Oasen, in der auch ohne WM-Hype Handball einen gewissen Stellenwert genießt. Gerade hier, könnte man also meinen, wird der Zulauf an Mädchen und Jungs noch größer sein.

Doch die Euphorie bestmöglich ausschlachten, das will niemand. "Extra zur WM haben wir nichts geplant", sagt Tobias Wannenmacher. Beim HC Erlangen ist er für die Jugendarbeit zuständig. "Wie 2007 wird es einen Zulauf geben, damals wurde das von Seiten des Verbands verschenkt. Jetzt sehe ich den Verband um 300 Prozent besser aufgestellt."

Nötig hat das der HCE eigentlich nicht. "Wir sind sehr aktiv im Jugendbereich", sagt Wannenmacher, "arbeiten mit Schulen zusammen und bieten Multisport-Camps an. Das nächste ist mit der Spielvereinigung Greuther Fürth geplant, Fußball, Basketball und Handball gemeinsam." Insgesamt hat der HC Erlangen zwölf Jugendmannschaften. "Wir sind an der Grenze", sagt Wannenmacher. "Bei den Minis und der E-Jugend können wir noch ein paar aufnehmen, ansonsten haben wir keine Kapazitäten mehr."

Es mangelt an verfügbaren Jugendtrainern, vor allem aber an Hallenzeiten. In Erlangen ist das nicht überraschend, ein Dauerthema, über das sich alle Vereine, nicht nur Handballer, beschweren. Beim Handball, gerade im Bezug auf den WM-Hype, wird es allerdings erneut deutlich. Auch der TV 1861 Bruck würde gerne mehr Kinder und Jugendliche fördern. "Wir haben innerhalb von einem Jahr zwei neue Teams aufgebaut", sagt Abteilungsleiter Peter Krell. "Wir würden gerne mehr machen, ich habe auch die Trainer. Warum es trotzdem nicht mehr Mannschaften sind? Fragen Sie Herr Klement."

Peter Krell meint das nicht persönlich. Ulrich Klement ist der Leiter des Sportamts, das für die Vergabe der Hallenzeiten in Erlangen zuständig ist. "Ich bekomme keine weiteren Hallenzeiten von der Stadt", sagt Krell, der immer wieder Anfragen ablehnen und die Kinder zu anderen Vereinen schicken muss. "Das Interesse ist vorhanden, auch bei den Mädchen, doch es gibt keinen Platz."

Handball-WM: Was bringt der Hype in Erlangen?

Ulrich Klement ist das natürlich nicht neu. "Wir arbeiten daran. Die Hallen unter der Woche sind aber proppenvoll. Da ist es schwierig, wenn Handball noch weiter boomt." Tatenlos ist die Stadtverwaltung nicht — nach vielen Jahren tut sich etwas. In der Hartmannstraße entsteht eine neue Vierfachturnhalle, am Albert-Schweitzer-Gymnasium ist eine Zweifach-Turnhalle, in der auch ein Handballfeld Platz hat, geplant. Hinzu kommen private Initiativen, die Brucker Handballer haben konkrete Überlegungen, eine eigene Trainingshalle zu bauen. Aktuell aber ist klar: Es reicht nicht. "Trotzdem werden wir nicht anfangen, anderen Vereinen die Hallenzeiten wegzunehmen", sagt Klement, "sie haben genauso ihre Berechtigung."

Dass der Sportamt-Leiter recht haben könnte, zeigen Erfahrungen aus der Schule. Mathias Bracher ist Sportlehrer an der Eichendorf-Mittelschule. Als Hausaufgabe hat er seinen Zehntklässlern aufgetragen, das WM-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Kroatien zu schauen. "Zwei haben es tatsächlich gesehen", sagt Bracher. Der Hype, das will er damit sagen, ist nicht überall gleich groß. "Deshalb merken wir bei den Kleinen auch nichts von der WM, viele sind nicht informiert, haben auch keine Eltern, die das interessiert."

Prinzipiell seien viele von der Euphorie infiziert. "Sonst fragen mich die Lehrerkollegen aus Höflichkeit, wie es mit dem Handball läuft", meint Bracher, der beim HCE auch Jugendliche trainiert. "Jetzt aber gibt es nur ein Thema: die Handball-WM." Anders sei die Begeisterung zum Beispiel an Grundschulen, "dort gibt es richtige Handballkurse".

Diese Jahrgangsstufen hat auch die HSG Erlangen/Niederlindach für sich entdeckt. "Wir machen immer wieder Schnuppertraining in den Grundschulen", sagt Manfred Rühl, der Vorsitzende des Vereins. "Es lohnt sich bei Minis und E-Jugendlichen, ältere spielen meist schon Fußball oder sind in einem anderen Verein." Aktuell zur WM aber hat die HSG nichts geplant. "Wir suchen zwar immer Kinder und Jugendliche für den Nachwuchsbereich, doch es fehlt auch uns an Hallenkapazitäten und Trainern."

Bis zu 50 Kinder sind es bei den Minis und in der E-Jugend. "Zeitweise haben wir bei den Minis einen Aufnahmestopp". Im Spielbetrieb gibt es fünf Mannschaften. Rühl glaubt, dass der Hype nach der WM bei den Vereinen ankommt. Doch nicht nur im Jugendbereich. "2007 war es auch so: Manche, die früher mal Handball gespielt haben, kommen wieder zurück." Es gibt also auch Zuwachs im Erwachsenenbereich. Und das alles wegen der WM.

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