Helfer in Erlangen an der Grenze der Belastbarkeit

7.6.2018, 18:00 Uhr
Helfer in Erlangen an der Grenze der Belastbarkeit

© Foto: Stephan Jansen/dpa

Rund 200 Einsätze hat der Erlanger Rettungsdienst an jedem Tag, und es werden immer mehr. "Das hängt mit dem Notrufverhalten der Bürger zusammen", weiß Thomas Heideloff. Etliche Bürger, die vielleicht nur Halsschmerzen haben und darum schwer atmen können, denen der Kopf dröhnt, oder bei denen sich der Magen verkrampft hat, würden gleich den Notruf wählen.

Wenn dann der Mitarbeiter am Notruftelefon in der Rettungsleitstelle nicht genau herausbekommt, was dem Patienten wirklich fehlt, dann schickt er richtigerweise den Rettungswagen. Dabei wäre der Hausarzt oder die Notfallpraxis an der Bauhofstraße eigentlich die richtige Adresse. "Das führt dazu, dass wir dann im echten Notfall vielleicht nicht gleich einen Rettungswagen zur Verfügung haben", sagt Heideloff.

Mindestens zehn Prozent der Rettungseinsätze könnten vermieden werden, wenn die Bürger bei kleinen Wehwehchen nicht gleich die 112 wählen würden, sondern die 11 61 17. Dahinter verbirgt sich der ärztliche Bereitschaftsdienst.

Der nimmt das Anliegen auf und leitet es an einen Arzt weiter. Zudem erfährt man den Standort der nächsten Bereitschaftsdienstpraxis, die man selbst aufsuchen kann, und bei Bedarf wird auch ein Arzt nach Hause geschickt. Darüber hinaus können die Mitarbeiter unter 11 61 17 Tipps geben, wie man sich selbst helfen kann.

Weil die Erlanger Rettungswagen viel unterwegs sind, sind auch die Mitarbeiter stark be- und teilweise auch überlastet. Das führe bei der ohnehin knappen Personaldecke zu vermehrten Krankheitstagen, und das wiederum belastete die gesunden Mitarbeiter wieder mehr – ein Teufelskreis. Außerdem müssen die vielen geleisteten Überstunden auch irgendwann abgebaut werden.

"Manchmal wissen wir zwei bis drei Stunden vor Schichtbeginn nicht, wie wir alle Autos besetzen können", klagt Heideloff. Auch die Schließung kleiner Krankenhäuser scheint ein Problem für den Rettungsdienst zu werden. Denn dadurch entstehen weite Transportwege, was die Autos und die Mitarbeiter länger bindet.

Allerdings habe man in Erlangen den Vorteil, dass man auf Mitarbeiter zurückgreifen kann, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ableisten, und auch ehrenamtliche Retter mit entsprechender Ausbildung wie Polizisten und Feuerwehrleute würden sich anbieten, um im Rettungsdienst mitzufahren. Ohne die würde man manchmal gar nicht alle Rettungswagen besetzen können.

Fachkräftemangel, wie er aus anderen Bayerischen Regionen gemeldet wird, gibt es in Erlangen allerdings nicht, auch weil viele Mitarbeiter rechtzeitig als Notfallsanitäter ausgebildet wurden. "Insofern sind wir in Erlangen auf der Insel der Glückseligen", sagt Heideloff.

Einfach mehr Personal einstellen geht aber nicht, weil die Personalstärke von den Kostenträgern, das sind die Krankenkassen, festgelegt wird. Wenn zum 1. August eine Reform beim Kassenärztlichen Notdienst komme, dann könne sich in der Folge die Personalsituation aber noch verschlechtern, befürchtet der Rettungsdienstleiter. Denn dann müssten Kranke unter Umständen weiter zum nächsten Arzt fahren oder länger warten, weshalb sie dann vielleicht lieber den Rettungsdienst rufen. "Die Folge bekommen also wir ab".

Es sei darum entscheidend bei der Politik und den Kostenträgern eine wichtige Stimme zu bekommen, um die notwendige Vorhaltung des Personals anzupassen. "Wir in Erlangen sind zwar gut gerüstet, aber wir müssen auch schauen was wir für die Zukunft noch tun können".

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