Heroldsberg: Hund Malou passt auf

14.8.2018, 16:00 Uhr
Heroldsberg: Hund Malou passt auf

© Georg Heck

Das Auftreten eines epileptischen Anfalls ist ziemlich plötzlich und nicht sicher voraussehbar. Jeder Anfall ist verschieden, dabei ist Ina Wittmann total weggetreten und weiß nicht mehr, wo sie ist. Außerdem kann sie sich dann auch nicht mehr artikulieren. Die ausgebildete Außen- und Einzelhandelskauffrau möchte auf ihre Situation aufmerksam machen: Offen schildert die junge Frau ihr Leben, immer mit ihrer Aufpasserin "Malou", der sie total vertraut.

Ina Wittmann wohnt in einer eigenen Wohnung im Elternhaus. Sie möchte vor allem selbstständig und unabhängig sein und unbeschwert ohne fremde Hilfe leben. Zu diesem Zweck hat sie seit geraumer Zeit eine absolut zuverlässige Assistentin. Der Signalhund ist in der Anschaffung sehr teuer, auch seine Ausbildung ist nicht gerade günstig, das alles aus der eigenen Tasche finanziert, hat sie aus den genannten Gründen in Kauf genommen. Assistenzhunde wie sie bei Belastungsstörungen, wie bei ihr, zum Einsatz kommen, sind noch nicht als "Hilfsmittel" anerkannt.

Ein Epilepsiehund kann das Leben von Epilepsie-Patienten erheblich erleichtern, heißt es. So kam schließlich der Entschluss: "Ein Epilepsiehund muss her, und soll mir dabei helfen, mit meiner Krankheit und meinem Leben besser zurechtzukommen. Seit Oktober 2016 lebt nun schon die Australian Shepherd-Hündin Malou bei mir", so Frau Wittmann. "Malou" so der Name der Hündin ist aus dem hawaiianischen abgeleitet und heißt übersetzt "kleine Freundin". 2016 hat sie Malou als acht Wochen alten Welpen bei einer Züchterin in Eupen bei Aachen entdeckt und sofort gekauft.

Malou stammt aus einer Australian Shepherd Zucht, die spezielle Rassebezeichnung ist "Jackpot-Aussie". Diese Rasse eignet sich besonders für diese anspruchsvolle Ausbildung. Assistenzhunde dürfen keine Aggressivität in sich haben und zeigen um gegebenenfalls im Notfall Helfer nicht zu verschrecken. Epilepsiehunde, auch Signalhunde für Epilepsie oder Epilepsie-Warnhunde genannt, sind Assistenzhunde für Menschen mit Epilepsie.

Sie sollen Patienten oder deren Umfeld warnen, dass in Kürze ein epileptischer Anfall beginnen wird, sie sind speziell darauf trainiert, einem Epileptiker während oder vor einem Anfall zu helfen. Dabei steht der Nutzen, den der Mensch durch seinen Hund hat, an erster Stelle. Nur so kann das Mensch-Hund-Team optimal funktionieren und ein großes Stück Lebensqualität wird zurückgewonnen.

"Die Ausbildung des Hundes wurde individuell auf mich abgestimmt. Ich habe die Hündin selbst zusammen mit meiner Trainerin zu einem Assistenzhund für Epilepsie ausgebildet, erst im April 2018 haben wir die eineinhalbjährige Erziehung abgeschlossen", so Ina Wittmann sichtlich stolz. Die selbstständige qualifizierte Hundetrainerin Svenja Bardeck aus Fürth hat eine eigene "Hundeschule Seite an Seite" mit dem Schwerpunkt Assistenzhundetraining.

Die Hündin absolvierte zunächst vorrausgehend eine normale Hundeschule in Eschenau, 2017 erstmals ein Assistenzhundetraining, zum Schluss erfolgte die Ausbildung sogar teilweise zweigleisig mit der Assistenzhunde-Schule. Malou wurde dabei speziell auf den Geruch trainiert, den Frau Wittmann genau zum Zeitpunkt eines Anfalles durch Schweiß verströmt.

Die Hundenase wurde hierfür an den Geruchsträgern geschult und an bei Krankheitsanfällen getragenen T-Shirts speziell trainiert. So hat Malou zuverlässig an der Ausdünstung gelernt wenn bei seinem Frauchen eine Bewusstseinsveränderung eintritt. Bei den einzelnen Trainingserfolgen und auch im reellen Einsatz wird natürlich mit Belohnung von "Leckerlis" gearbeitet. Ina Wittmann ist der absolute Fixpunkt für Malou in einer sehr eng angepassten, von äußerster Achtsamkeit geprägten Abstimmung.

Mit ihrer feinen Nase riecht die Hündin sofort verdächtige Schwächeanzeichen, dass ihr Frauchen bald einen Anfall bekommen könnte, dann fängt sie an zu stupsen und zu kratzen, wird sehr unruhig und macht sich so unmissverständlich und eindeutig bemerkbar, so dass die Patientin noch reagieren kann.

Der schwarzweiße Hund trägt im Einsatz immer eine signalfarbene Kenndecke, auf der "im Notfall nicht trennen" steht. Er kann dann Hilfe holen, zum Beispiel einen Dummy mit Anweisungen der am Geschirr befestigt ist zu einer Kontaktperson, die gerade da ist (Eltern) bringen. Das hilft natürlich ungemein, in erster Linie um die Bezugsperson schadlos zu halten und sie somit letztendlich vor Verletzungen zu schützen.

Der Hund entwickelt mit der Kenndecke dank des Trainings vollständige Verantwortung und ein unbedingtes Pflichtbewusstsein, hat dann nur seine Bezugsperson auf dem Radar, intelligent checkt er die Situation, in seiner Wahrnehmung alles, was sein Frauchen betrifft. Der Hund braucht und bekommt aber auch seine Pausen, so die Trainerin, wo er ohne Geschirr in ein normales Hundeleben eintaucht, spielen oder spazieren gehen kann und alles was der Hund so möchte. Aber auch da merkt man erstaunlicherweise, dass er aufpasst. Der Hund muss aber ständig trainieren, damit er seine Fähigkeiten nicht verliert.

Die Krankheit Epilepsie ist vor allem eins: unberechenbar. Sie wisse zwar, dass Interesse der Leute an ihr und dem Hund "nett gemeint sei", eine Störung könne jedoch dazu führen, dass Malou im richtigen Notfall nicht bei der Sache ist. "Es durchkreuzt die Konzentration des Hundes, der permanent wacht. Streicheln oder einfach ihre Gesprächsbereitschaft zu fordern, sei meistens unangebracht. Unverständliche Realität

Es gibt immer wieder Probleme im Alltag: beim Einkaufen, bei Arztbesuchen, bei Taxifahrten. Problem ist das Zutrittsrecht, was für den Assistenzhund eigentlich überall rechtens wäre, aber leider nicht überall bekannt ist, so dass uns bedauerlicherweise sehr oft der Zugang verwehrt wird."

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