Herrmann Radteam fährt immer wieder neue Attacken

16.8.2018, 17:16 Uhr
Herrmann Radteam fährt immer wieder neue Attacken

© F.: Herrmann Radteam

Auf einer 150 Kilometer langen Rundfahrt bereits nach 30 Kilometern Reißaus zu nehmen, ist verrückt. Manche würden sogar sagen: gewagt. Auf jeden Fall aber: spannend. "Victor Brück und ich haben spontan entschieden, am ersten richtigen Berg die Attacke zu fahren", sagt Miguel Heidemann. Also sind die Beiden los geradelt, acht Mann sammelten sich um sie herum in der Spitzengruppe. Auch Teamkollege Christopher Hatz, die beiden Bundesliga-Führenden sowie der World-Tour Profi Lennard Kemna waren dabei.

"Wir haben zuerst gedacht, dass wir es durch schaffen", meint der 20-Jährige. Dass es schwierig werden würde, wusste er natürlich. Als der Gesamt-Zweite, Jonas Rutsch, zurückfiel, kam das Hauptfeld näher heran. "Ich hatte Mühe, weiter in der Gruppe mitzufahren", sagt Heidemann. "Mehrere Stunden gegen das ganze Feld zu fahren" ist kaum durchzuhalten. Trotzdem "hat es Spaß gemacht, auch wenn mir am Schluss die Power gefehlt hat".

Zuerst hatte der junge Baiersdorfer mit einem abschließenden Sprint am Berg kurz vor dem Ziel geliebäugelt. Direkt neben der Weltcup-Bobbahn in Winterberg ging es auf einer schmalen Straße steil bergauf, Anstiege liegen Heidemann eigentlich. "Doch dann war ein Auto im Weg und ich musste anhalten." Als 15. kam er ins Ziel, auf Platz 18 folgte Florian Obersteiner. Bester Baiersdorfer war Christopher Hatz auf Rang drei.

"Das ist geil, damit hat sich das Leiden den ganzen Tag lang gelohnt", sagt Heidemann. "Ich kann mich besonders mit ihm mitfreuen. Wir haben in der Spitzengruppe alle so schön zusammengehalten." Wenn dann einer aus der Mannschaft aufs Podest fährt, sei das genauso schön, als wäre man es selbst. Erfolgreich jedenfalls war das Herrmann Radteam beim Straßenrennen im Sauerland, als Mannschaft reichte es für Platz zwei. In der Gesamtwertung liegt das Team auf Rang drei, in der Einzelwertung ist Hatz ebenfalls Dritter. Zudem gewann Leon Echtermann den 200-Kilometer-Straßenklassiker in Bellheim.

Tipps von den großen Brüdern

Für Miguel Heidemann ist es das zweite Jahr in der Bundesliga, das erste im Trikot der Baiersdorfer. Extrem verbessert habe er sich, er profitiere von der Professionalität des Teams und von den erfahrenen Kollegen. "Sie geben mir Tipps, ein bisschen wie größere Brüder." Mit seinem Wechsel ist der Student aus Darmstadt zufrieden, auch wenn die vergangenen zwei Monate doch sehr anstrengend waren. "Die Klausurenphase und das Radfahren waren eine Doppelbelastung." Von 8 Uhr bis 16 Uhr ging es in die Bibliothek zum Lernen, danach drei, vier Stunden aufs Rennrad.

Seit Montag ist das vorbei, die letzte Prüfung im Fach Wirtschaftsingenieurwesen ist geschrieben. Und auch im Sport hat Heidemann die größten Höhepunkte der Saison bereits hinter sich. Bei der Deutschen U23-Meisterschaft im Einzelzeitfahren wurde er trotz Handverletzung Zehnter.

Davor war der Baiersdorfer bei einem Kriterium in Schifferstadt schwer gestürzt. "Ich bin mit dem linken Handrücken über den Asphalt gerutscht und habe mir die Sehne im Mittelfinger durchgescheuert." Noch in der Nacht folgte die OP. Drei Wochen später saß Heidemann trotz Schmerzen wieder auf dem Fahrrad. Durchaus erfolgreich.

Erstmals bekam er eine Einladung zur U23-Nationalmannschaft. Bei der Tour de Alsace in Frankreich durfte sich der Baiersdorfer im Deutschland-Trikot beweisen. "Mein Ziel war, Erfahrungen auf diesem Weltklasse-Niveau zu sammeln." Auf der Königsetappe mit 4500 Höhenmetern war Heidemann wieder in der Spitzengruppe dabei. Zwar reichte es auch dort nicht für eine Platzierung ganz vorne, "doch ich habe auf mich aufmerksam gemacht." Und dazu braucht es eben manchmal gewagte Aktionen.

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