Herrmann Radteam ist nun Zweiter der Bundesliga

4.7.2018, 11:30 Uhr
Herrmann Radteam ist nun Zweiter der Bundesliga

© Foto: Lukas Hoch

Als das Handy vibriert, ist es 4 Uhr morgens. Trotzdem drückt Christopher Hatz auf das Zeichen mit dem grünen Hörer. Die Zeitung ist dran, genauer gesagt die Sportredakteurin, die ihre Interviewpartner ja jederzeit anruft, normalerweise aber selten um 4 Uhr morgens. In Erlangen allerdings ist der Tag bereits soweit fortgeschritten, dass sogar schon Journalisten mit ihrer Arbeit begonnen haben.

Am anderen Ende der imaginären Leitung ist es draußen noch stockfinster. "Ich bin in Kanada", sagt Hatz. Böse wegen der frühen Störung ist er nicht. "Der Jetlag: Ich kann sowieso nicht schlafen." Montagmittag ging der Flug von Frankfurt nach Vancouver. "Ich bin gemeinsam mit meinem Teamkollegen Florian Knauer hier." Der Grund ist natürlich das Radfahren: Am Freitag beginnt die British Columbia Superweek, eine Serie von neun Rennen in zehn Tagen.

"Wir haben unseren Urlaub mit Radrennen verknüpft", sagt Hatz, "um den Kopf frei zu bekommen, die Landschaft zu genießen" und natürlich auch, um aufs Treppchen zu fahren. "Florian ist in Kanada schon bekannt, er hat einige Rennen hier gewonnen." Für den 26-Jährigen hingegen ist es der erste Wettbewerb außerhalb von Europa. "Wir sind nur ein Zweier-Team, doch Florian weiß, wie es geht. Wir werden gut zusammenarbeiten", meint Hatz.

Normalerweise starten beide Fahrer für das Radteam Herrmann aus Baiersdorf, zuletzt am Freitag beim Bundesliga-Rennen in Einhausen. Dort stand auch die Deutsche Meisterschaft im Einzelzeitfahren der Elite sowie der U 23 an. Hatz war als Tagesvierter bester Baiersdorfer. "Damit bin ich sehr zufrieden, auch wenn ich mich ein wenig geärgert habe. Es haben nur zwei Sekunden gefehlt, um aufs Podest zu kommen." Das Zeitfahren, also der Kampf alleine gegen die Uhr, "liegt mir", sagt Hatz. "Schon in den vergangenen Jahren lag der Fokus darauf. Deshalb wusste ich auch, dass ich hier Punkte für die Bundesliga-Gesamtwertung aufholen kann." In diesem Klassement schiebt sich Hatz auf Platz vier vor.

"Der Start für mich persönlich war in dieser Saison stotternd. Ich habe dieses Jahr deutlich mehr Wert auf mein Fernstudium gelegt und weniger trainiert." Der Trainingsplan sei zwar immer noch "vollgepackt", doch wenn für die Uni etwas ansteht, lässt Hatz auch mal eine Einheit aus. "Seit Januar bin ich zehn- bis elftausend Kilometer gefahren. Im Vorjahr waren das locker eineinhalb- bis zweitausend mehr. Dafür hat der Körper nun mehr Zeit zum Erholen."

In der Bundesliga läuft es gerade vielleicht genau deshalb auch ganz gut. Das Herrmann Radteam klettert nach dem Zeitfahren auf Gesamtrang zwei. In Einhausen haben es sechs Fahrer unter die Top 25 geschafft. "Als Team auf Platz zwei zu stehen, ist sehr gut. Unterm Strich hat der Erste (Team Lotto - Kern Haus, d. Red.) einige Punkte mehr und einen sehr starken Kader", sagt Hatz. "Da wird es schwer sein, vorbeizukommen." Platz zwei zu halten, sei nun das Ziel.

"Im Team wird kein großer Druck aufgebaut, die Bundesliga hat Vorrang, ansonsten müssen wir nicht alle Rennen fahren." Hatz, der zu Saisonbeginn vom aktuellen Bundesliga-Spitzenreiter nach Baiersdorf gewechselt ist, nutzt deshalb auch mal zwei Wochen nur zur Vorbereitung. "Ich bin sehr zufrieden, dass ich den Schritt gemacht habe. Das Team funktioniert sehr gut, wir haben starke Talente und genug Zeit, uns zu entwickeln."

Bei der Deutschen U 23-Meisterschaft im Zeitfahren kamen Miguel Heidemann, Victor Brück und Leon Echtermann auf die Plätze zehn, elf und zwölf. Zwei Tage später bei der Deutschen Profi-Meisterschaft traten die Baiersdorfer dann gegen Fahrer an, die teilweise bei der Tour de France starten. Victor Brück schaffte es in dem 230-Kilometer-Rennen in die erste Spitzengruppe. Danach konnte sich eine neue Gruppe mit Leon Echtermann lösen, die erst etwa vier Kilometer vor dem Ziel gestellt wurde.

Beim Massensprint stürzte Marcel Franz und auch der zweite schnelle Mann des Herrmann Radteams, Florenz Knauer, wurde dadurch aufgehalten. Aufs Podium des Straßenrennens schafften es Pascal Ackermann auf Platz eins, John Degenkolb und Max Walscheid. Bester Baiersdorfer war Robert Müller auf Rang 44. Christopher Hatz kam als 90. ins Ziel, war gedanklich aber auch schon beim Kofferpacken.

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