Hitlergruß vor dem E-Werk: Fünf Monate Haft

13.6.2015, 15:26 Uhr
Tatort: Vor dem E-Werk zeigte ein Thüringer seine Hakenkreuz-Tätowierung und den Hitlergruß.

© Michael Meier Tatort: Vor dem E-Werk zeigte ein Thüringer seine Hakenkreuz-Tätowierung und den Hitlergruß.

Als Thorsten G. (Name geändert) im Sitzungssaal des Nürnberger Justizpalastes erscheint, hat sich die Strafkammer bereits zurückgezogen, um darüber zu beraten, ob seine Berufung ohne Verhandlung verworfen werden soll. Das ist nämlich die Folge, wenn ein Angeklagter, der das Rechtsmittel eingelegt hat, der Sitzung fernbleibt.

Doch als der 33-Jährige dann mit 25-minütiger Verspätung doch noch kommt, hören die Richter ihn an. Das Amtsgericht Erlangen hatte ihn im Januar zu einer dreimonatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt, weil er im Juni 2014 nachts vor dem E-Werk bei einer Polizeikontrolle sein T-Shirt hochgezogen und die Hakenkreuz-Tatöwierung auf seiner Brust gezeigt hat. Außerdem zeigte und rief er laut Zeugenaussagen mehrfach den Hitlergruß. Das bestreitet G. auch gar nicht. Nur die Strafe ist ihm zu hart. "Ich gehe doch nicht ins Gefängnis wegen etwas, das 60 Jahre her ist", sagt der Mann aus Thüringen wenige Wochen nachdem Europas Völker den 70. Jahrestag des Kriegsendes und des Endes der Naziherrschaft gefeiert haben.

"Ich tu’ doch keinen verletzen"

Außerdem versteht der Angeklagte den Straftatbestand des "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" nicht: "Ich kenne keine Organisation, die dieses Zeichen verwendet." Mit seinem Tattoo habe er lediglich deutsche Soldaten ehren wollen, die im Zweiten Weltkrieg gefallen seien. "Ich tu’ doch keinen verletzen", sagt Thorsten G.

Zwar könne er nachvollziehen, dass seine Körperbemalung und seine „Sieg Heil!“-Rufe für manche "provozierend" gewesen seien. Aber schließlich sei er sehr betrunken gewesen. Nach Angaben eines Polizeibeamten hatte der 33-Jährige zum besagten Zeitpunkt etwa 1,5 Promille Alkohol im Blut.

Außerdem beruft sich der Angeklagte darauf, dass er damals sehr wütend war. Immerhin habe ihn der Türsteher aus dem E-Werk geworfen. G. scheint zu glauben, die Tatsache, dass die Sicherheitskraft aus Syrien stammte, würde seinen Ärger verständlicher machen. Jedenfalls betont er die Herkunft des Türstehers mehrfach. Zu seiner Verteidigung führt der Angeklagte, der ohne Rechtsanwalt gekommen ist, außerdem an, dass er sich die inkriminierte Tätowierung inzwischen hat entfernen lassen: "Das hat 700 Euro gekostet und war eine schmerzhafte Prozedur."

Richter droht mit Ordnungshaft

Mehrfach in der Sitzung droht Richter Reinhold Weber dem derzeit arbeitslosen gelernten Metallarbeiter in der Sitzung Ordnungsgeld und Ordnungshaft an, weil dieser ihm immer wieder ins Wort fällt. Bis zu dem Vorfall vor dem E-Werk ist G. Polizei und Staatsanwaltschaft nie als Neonazi aufgefallen. Die meisten seiner 20 Vorstrafen hat er wegen Beleidigung und Körperverletzungsdelikten bekommen, einige auch wegen Sachbeschädigung, Nötigung, Bedrohung und versuchter räuberischer Erpressung. Trotzdem bezeichnet Richter Weber ihn als "Überzeugungstäter", nicht zuletzt wegen seiner Äußerungen über "den Syrer".

Die Vierte Strafkammer verurteilt den 33-Jährigen zu fünf Monaten Gefängnis. Weil nicht nur der Angeklagte, sondern auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte, war auch eine höhere Strafe möglich. "Aus unserer Sicht stellt sich der Vorfall heute schwerwiegender dar, als ihn das Amtsgericht Erlangen bewertet hat", erklärt der Vorsitzende. "Sie haben ihre Tatöwierung gezeigt und mindestens zwei Mal den Hitlergruß. Das sind gleich drei Gesetzesverstöße, die einzeln mit Haftstrafen belegt sind." Zur Bewährung ausgesetzt wird die Strafe nicht. Dafür hat G., der schon öfter für kurze Zeit im Gefängnis saß, zu oft bewiesen, dass ihn Bewährungsstrafen nicht beeindrucken. Fluchend verlässt der 33-Jährige den Sitzungssaal.

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