Hochbetrieb in der Ambulanz der Erlanger Uniklinik

9.1.2017, 06:30 Uhr
Hochbetrieb in der Ambulanz der Erlanger Uniklinik

© Archivfoto: dpa

Viele fangen am heutigen Montag wieder das Arbeiten an, andere können – womöglich – endlich ein klein wenig durchatmen. Die Beschäftigten, die während der Weihnachtszeit im Erlanger Universitätsklinikum den Betrieb am Laufen hielten, hätten eine Auszeit verdient.

Denn insbesondere in den Notaufnahmen ging es in den vergangenen zwei Wochen hoch her. Fast noch mehr als in den Jahren zuvor, berichtet Florian Fuchs, Oberarzt der Medizinischen Klinik 1 (Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie). Weit mehr als 400 Patientenkontakte hatten zwischen Heiligabend und 3. Januar (neben der Chirurgie) allein die Angestellten der Ambulanz für die Innere Medizin. Mehr als die Hälfte wurde zumindest zeitweise stationär aufgenommen.

Einen Patientenanstieg, erzählt der Experte, gebe es in diesem Zeitraum jedes Jahr. Schließlich hätten etliche Hausärzte ihre Praxen über die Feiertage geschlossen. Daher seien (neben den Notfällen, die etwa nach einem Schlaganfall mit Rettungssanitätern in die Uniklinik gebracht wurden) viele Frauen und Männer mit Erkältungen, Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen oder Magen-Darm-Infektionen in den Ulmenweg gekommen.

Doch heuer kristallisierten sich Patientengruppen heraus, die Fuchs und seinen Kollegen bisher an den Feiertagen — zumindest in diesem Ausmaß — noch nicht aufgefallen waren. Zum einen seien das jene, die eigentlich kein Notfall sind. „Dass da Leute mit ein bisschen Husten in der Ambulanz Hilfe wollen, gibt es zu der Zeit immer“, sagt der Mediziner, „aber in diesem Jahr hatten wir diese Gruppe in einem hohen Maß.“

Zudem kamen dieses Mal zwei Patientengruppen, die es laut Fuchs und seinen Kollegen bisher so nicht gegeben hat: Berufstätige und Betagte. Bei der ersteren seien viele Frauen und Männer darunter gewesen, die zum Teil schon seit Wochen und Monaten unter starken Beschwerden leiden, aber im Weihnachtstrubel entweder keine Zeit für einen Arztbesuch gefunden haben oder sich aus Furcht vor dem Arbeitgeber nicht krank schreiben lassen wollten. „Wir hatten einen berufstätigen Mann, der schon seit längerem Schmerzen in der Brust hatte und tatsächlich kurz vor einem Herzinfarkt stand.“

Die andere Auffälligkeit: Überdurchschnittlich viele ältere Menschen kamen an den Festtagen mit Familienangehörigen in die Notaufnahme. Kinder und Enkelkinder haben ihre Mutter und Großmutter offenbar erst nach mehreren Monaten wieder gesehen und eine Veränderung bemerkt, erläutert der Oberarzt. Die (richtige) Reaktion: Sie suchten mit den „durchaus behandlungsbedürftigen“ (Fuchs) Betroffenen ebenfalls die Ambulanz für Innere Medizin auf. Bei einer Seniorin, berichtet Fuchs, stellte sich dabei ein fortgeschrittenes Krebsleiden heraus.

Diese neuen Phänomene machten es den Mitarbeitern der Notaufnahme zunehmend schwer — und das meint Fuchs nicht nur mit Blick auf „emotionale Aspekte“. Vielmehr führe eine derartig zunehmende Patientenzahl zu verstärkten Schwierigkeiten in der Logistik. „Wir fahren um die Weihnachtszeit unser Personal herunter, damit sich Ärzte und Pflegekräfte etwas ausruhen können — wenn dann aber die Patientenzahl derartig ansteigt, kommen wir mit den Diensthabenden nicht mehr hinterher.“

Wenn Patienten beispielsweise mit „Lappalien“, wie Fuchs harmlosen Husten nennt, kommen, habe das (negative) Auswirkungen auf andere: „Für die wirklich Schwerkranken bleiben weniger Ressourcen.“ Abweisen aber darf die Universitätsklinik niemanden; jeder, der kommt, muss auch von einem Arzt begutachtet werden.

Die Möglichkeit, aus eigenen Stücken die Notaufnahme der Universitätsklinik zu besuchen, kritisiert daher Markus Beier, Vorsitzender des Erlanger Hausärztevereins und stellvertretender Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. „Es kann nicht sein, dass jeder Patient ohne Zugangsbeschränkung nach eigenem Gusto in die Klinik läuft“, sagt er, „hier muss die Politik aktiv werden.“ Viele erkundigten sich gar nicht erst nach den Notfallkliniken, sagt Beier. „Somit werden Ressourcen der Uniklinik verschwendet, weil Patienten nicht wissen, dass wir mit der Notfallpraxis eine gute Adresse haben.“

Diese Anlaufstelle in der Bauhofstraße hat meistens dann geöffnet, wenn die Praxen zu haben. Auch in den Weihnachtsferien war dort „die Hölle los“, berichtet eine Mitarbeiterin. Die Ärztliche Bereitschaftspraxis hatte in den vergangenen zwei Wochen doppelte Besetzung und Patienten mit Erkrankungen querbeet: von Rückenschmerzen über Blasenentzündungen bis hin zur Grippe.

Zu gehäuften Grippefällen ist es bei Beier bisher nicht gekommen, doch rät er insbesondere Älteren und chronisch Kranken auch jetzt noch zu einer Impfung: „Im Februar und März kann eine Welle noch kommen.“

In der Zeit nach Heiligabend war aber auch ohne Influenza bei den niedergelassenen Ärzten viel los. In seiner eigenen Praxis, die Beier mit zwei Kollegen in Bruck betreibt, sei das Team „gut beschäftigt“ gewesen. Reguläre Termine hat die Praxis zwischen den Jahren gar nicht vergeben. „Wir hatten eine Notfallsprechstunde“, erzählt der Facharzt für Innere- und Allgemeinmedizin. Die behandelten Patienten litten vor allem an Infektionskrankheiten der oberen Atemwege und Magen-Darm-Infektionen.

Die vergangene Woche hatte Beier schließlich ebenfalls frei — bis gestern. Seit heute steht er wieder in seiner Praxis.

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