Hygiene-Vorwürfe beim "Beck": Haben Behörden versagt?

28.6.2017, 20:06 Uhr
Nach den Vorwürfen über Hygienemängel bei der Bäckerei Der Beck, hat Inhaber Siegfried Beck diverse Medien in seinen Betrieb eingeladen.

© Harald Sippel Nach den Vorwürfen über Hygienemängel bei der Bäckerei Der Beck, hat Inhaber Siegfried Beck diverse Medien in seinen Betrieb eingeladen.

Kakerlaken, Mehlwürmer, Mäusekot, Schimmel: Im Februar 2012 wird die Dimension der zu dieser Zeit bereits über Jahre anhaltenden Hygienemängel bei der oberbayerischen Firma "Müller Brot" bekannt. Am Ende steht ein Produktionsstopp und schließlich die Insolvenz, im vergangenen Jahr wurden drei Ex-Manager des Unternehmens zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Eine Konsequenz aus dem letztlich auch für die Kontrollbehörden unappetitlichen Vorfall war eine Ergänzung des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), um bei festgestellten gravierenden Mängeln für mehr Transparenz zu sorgen.

Doch fünf Jahre später kritisiert die Verbraucherorganisation Foodwatch, in ihrem Report "Bayerisches Brot", dass auch nach dem Niedergang von "Müller-Brot" weiterhin in Back-Großbetrieben des Freistaats geschlampt und die Ergebnisse von Kontrollen nicht öffentlich gemacht werden. Der eigentliche Skandal sei dabei das "politisch offenbar gewollte" Schweigen der Behörden, sagt Johannes Heeg von Foodwatch.

Foodwatch: Besonders unhygienische Zustände auch bei Beck

Die Organisation hatte über das sogenannte Verbraucherinformationsgesetz die Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen von 2013 bis 2016 bei den Großbäckereien Der Beck, Hofpfisterei, Höflinger, Bachmeier, Ihle, LSG, Heinz und Hiestand angefordert und Informationen zu 69 Kontrollen ausgewertet.

Im untersuchten Zeitraum gab es dabei nur kleinere Beanstandungen bei der Hofpfisterei und LSG. Besonders unhygienische Zustände wurden laut Foodwatch hingegen in den Produktionsbetrieben von Bachmeier, Ihle und auch Der Beck dokumentiert. Das von Siegfried Beck gegründete und weiterhin als Familienunternehmen geführte Unternehmen mit Sitz in Erlangen-Tennenlohe unterhält ein Netz von über 150 Filialen und beschäftigt rund 1500 Mitarbeiter.

Laut Foodwatch-Report kommt es zwischen 2013 und 2016 immer wieder zu Beanstandungen, vor allem im Jahr 2014. Im Juni wurde auf eine Kundenbeschwerde hin ein Fremdkörper in einem Weizenbrötchen gefunden, der nach dem Untersuchungsbericht des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen "auf das Vorliegen einer Kotpille eines Kleinsäugers", vulgo Mäusekot, schließen lasse.

Bei einer Kontrolle des Produktionsbetriebs in Erlangen im Oktober 2014 werden zudem zahlreiche "mittelgradige" Hygienemängel gefunden. Vereinzelt fand sich demnach Schimmel in Brotgärkörben, "partiell leichter Käferbefall", Kriechspuren von Käfern im Mehlstaub des Rohstofflagers und Schwarzschimmel an Wänden und Decke des Spülbereichs.

Insgesamt seien bei dieser Kontrolle 17 Verstöße in der Brot- und Brötchenbäckerei, 19 in der Fein- und 15 in der Steinofenbäckerei festgestellt worden. Auch im November 2016 wurden geringe Verstöße dokumentiert, auch in Filialen des Unternehmens kommt es im letzten Jahr bei 12 von 81 Kontrollen in Nürnberg zu Beanstandungen.

In einer Stellungnahme erklärt das Unternehmen dazu, sich der "Verantwortung gegenüber dem Verbraucher" bewusst zu sein. Aus diesem Grund sei das bereits "sehr tiefgreifende" Qualitätssicherungssystem "intensiv verstärkt" worden. Alle Mitarbeiter würden bezüglich der Betriebshygiene jedes Jahr geschult. Darüber hinaus "wurden nie, wie in einigen Berichten zu lesen ist, verschimmeltes Brot an unsere Filialen geliefert". Der genannte Fall von Mäusekot war "außen an einem Brötchen anhaftend" und sei so der Filiale und nicht dem Hauptbetrieb zuzuordnen, ebenso wie eine verschimmelte Nußtasche, der Fund eines Glassplitters an einem Schnittbrötchen und eines Aluspans in einer Apfel-Zimt-Kruste. 

Bei einer Betriebsführung für Medienvertreter betont der 62-jährige Siegfried Beck, dass er jeden einzelnen Hygienemangel bedauere und dieser sofort zu Konsequenzen und Verbesserungen führen würde. "Es darf nichts passieren, jeder Vorfall tut uns weh und schadet uns. Schlampigen Umgang mit Lebensmitteln dulde ich nicht", so Beck. Bei der Kontrolle der achtköpfigen "Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit" vor rund zwei Wochen seien auch nur einige geringfügige Mängel aufgefallen, zu denen laut Beck etwa nicht verschlossene Bohrlöcher in Wänden oder Schimmel an Silikon-Bodenfugen zählt.

Auch solche Mängel würden aber ernst genommen und beseitigt, sagt der Großbäcker. Dass es im Betrieb nichts zu verheimlichen gibt zeigen die regelmäßigen Betriebsführungen für Neugierige und Schulklassen oder auch die Teilnahme bei der "Langen Nacht der Wissenschaft". Das eigentliche Thema "ist das Versagen der Hygienebehörden", so Beck.

Darauf weist auch Foodwatch hin. Die Verbraucherorganisation forderte eine Neuausrichtung der Lebensmittelüberwachung in Deutschland: Die Behörden müssten dazu verpflichtet werden, ausnahmslos alle Ergebnisse der amtlichen Kontrollen zu veröffentlichen. Bisher fehlte dazu die rechtliche Grundlage – wollen Beamte Informationen veröffentlichen, drohen daher Klagen der betroffenen Unternehmen.

Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag zwar bereits 2013 versprochen, auf Bundesebene rechtliche Klarheit für eine bessere Verbraucherinformation zu schaffen. Dieses Versprechen wurde aber nicht eingelöst, kritisiert Foodwatch. Verbraucher hätten aber das Recht zu erfahren, "wo alles sauber ist und wo Mäuse und Kakerlaken ein- und ausgehen".

Als Vorbild könnte Dänemark gelten, wo Lebensmittelbetriebe seit 15 Jahren verpflichtet sind, die Kontrollergebnisse an die Eingangstür zu hängen und im Internet öffentlich zu machen. Zusammengefasst und bewertet wird das Ergebnis mit Smileys. Damit könnte sich nach eigenen Angaben auch Siegfried Beck anfreunden. Vorausgesetzt es wird schnell nachkontrolliert, wenn es zu einem schlechten Prüfungsergebnis kommt. Einen Betrieb mehrere Monate an den Pranger zu stellen, ohne das er die Gelegenheit hat, Verbesserungen nachzuweisen, dürfe nicht sein.

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