In Marloffstein gibt's Äpfel wie bei Oma

27.8.2015, 15:00 Uhr
In Marloffstein gibt's Äpfel wie bei Oma

© Foto: Horst Linke

„Wer macht so etwas?“ stand jüngst auf einem umgesäbelten Apfelbaum zu lesen. Noch immer ist Roger Beuchert empört, kann nicht verstehen, wieso jemand ohne Sinn und Ziel einen Baum fällt. Es war eine dieser alten Sorten, nahe dem Marloffsteiner Wasserturm, ein Adersleber Kalvill. „Wir müssen sehen, ob wir ein Exemplar dieser Sorte anderswoher wieder bekommen“, erläutert der Gärtner und Gemeindemitarbeiter. Denn von jeder alten Sorte steht in Marloffstein nur ein einziger Baum.

Angeregt wurde der „historische“ Obstgarten 1995 vom seinerzeitigen Kreisfachberater für Gartenbau und Landschaftspflege, Paul Rothmund. Die Gemeinde stellte das Grundstück neben dem Wasserturm zur Verfügung, das Landratsamt besorgte das Pflanzmaterial und gemeindliche Arbeiter setzten die jungen Bäume ein. Die Apfelsorten sind im öffentlichen Bewusstsein lang vergessen trotz ihrer klingenden Namen wie Schöner von Schönlind, Schweizer Hose, Blumenberger Langstil oder Zigeunerin.

Mehr oder weniger achtlos gehen viele Spaziergänger an den alten Obstbäumen vorbei, es sei denn sie erfreuen sich an der Blüte im Frühling. Oder sie zupfen im September oder Oktober mal eine reife Frucht vom Baum, um sie zu kosten. „Da hat keiner etwas dagegen“, betont Bürgermeister Eduard Walz, „wenn ein Spaziergänger einen Apfel zupft, um ihn zu verspeisen. Auch die Bauern nicht.“ Die Landwirte würden nur ärgerlich, wenn die Spaziergänger das Obst körbe- und tütenweise davontragen.

1999 wurde bereits die zweite historische Obstanlage auf Gemeindegebiet gepflanzt in der Sommersreuthe, Gemarkung Atzelsberg. Von den hier gesetzten 26 Bäumen sind allerdings nur zehn Äpfel, beim Rest handelt es sich um traditionelle Birnensorten wie die Steirische Weinbirne, Madame Bonnefond, die Nagerlbirne oder die Nordhäuser Winterforelle.

Am dritten Standort, beim Spielplatz in Adlitz, stehen bislang acht Bäume, neben der Solaner Butterbirne sieben Äpfel. Roger Beuchert, der sich 2012 in Triesdorf zum Baumwart fortgebildet hat, hütet sie wie seinen Augapfel. Denn es handelt sich um Sorten, die in der freien Natur nur noch selten vorkommen. Im Bildungszentrum Triesdorf werden ungleich mehr Sorten gezogen als in Marloffstein. Rund 2400 seien im dortigen Genpool, weiß Beuchert.

Die Baumwartausbildung, sagt der Gärtner, habe es bis 1962 gegeben, als die Menschen ihr Obst noch bei den Bauern gekauft haben. Dann begann die Ära des Obstes aus dem Supermarkt. „Der Baumwart geriet in Vergessenheit und mit ihm die alten Sorten von Äpfeln, Birnen und Zwetschgen.“ Erst 2012 sei die Fortbildung wieder eingeführt worden, um das Bewusstsein für die alten Sorten wieder zu wecken, respektive zu schärfen.

Seit dem Kurs weiß Roger Beuchert zum Beispiel, „dass ich früher die Bäume immer falsch geschnitten habe“. Apfelbäume habe er in drei waagrechten Etagen geschnitten. Eduard Walz ergänzt: „Ich kenne das so: Durch einen Apfelbaum muss man einen Hut durchwerfen können.“ Er sei aber eines Besseren belehrt worden, sagt Beuchert. Beim waagrechten Schnitt drohen die Äste sich unter der Last der Früchte zu senken und gar zu brechen.

Daher lasse er heute drei Triebe im 45-Grad-Winkel nach oben als Hauptäste stehen, schneide hingegen die nach unten wachsenden Zweige weg. Generell gelte, man solle nicht zu viel kappen, vielmehr den Baum in seinem Wuchs beobachten und dann gezielt schneiden.

So sehr der Gärtner die historischen Obstbäume liebt und hegt, so wenig verwöhnt er sie. In der Trockenheit bekamen nur die Jungbäume Wasser von ihm, die älteren Exemplare sollten sich selbst anstrengen und ihre Wurzeln in die Tiefe ausstrecken. Das fördere ihre Robustheit, ist er sich sicher.

Es gibt auch keinen Pflanzenschutz, außer dass die Bäume mit gelöschtem Kalk geweißt werden. Im übrigen bespricht er notwendige Pflegemaßnahmen — die die Gemeinde allein schultert — einmal im Jahr bei einer Begehung mit Angelika Schiffer, Abteilung Gartenbau und Landschaftspflege am Landratsamt Erlangen-Höchstadt. Für Ersatzpflanzen aber sorgt das Landratsamt.

Ob Beuchert und Schiffer bei der Suche nach der „Adersleber Kalvill“ fündig werden, ist freilich noch offen.

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