Janik zu Social Media: "Man ist in jeder Situation immer alles"

11.7.2018, 18:00 Uhr
Janik zu Social Media:

© Tobias Hase/dpa

Bei der Eröffnung der CEBIT hat der Autor und Internet-Pionier Jaron Lanier dazu aufgerufen, Social-Media-Accounts sofort zu löschen, da Facebook und Co. "unsere Gesellschaft zersetzen" und uns "manipulieren und süchtig machen". Haben Sie das Gefühl, als fleißiger Nutzer von Facebook zur Zersetzung der Gesellschaft beizutragen?

Florian Janik: Nein, das glaube ich nicht. Ich finde die These auch schwierig und kritisch. Facebook ist ein Medium wie viele andere, mit denen man Informationen verbreitet. Medien sind auch ein Abbild davon, wie wir miteinander kommunizieren. Was stimmt: Man kann im Augenblick beobachten, dass die Stimmung und die Kommunikation — gerade im politischen Raum, aber nicht nur dort — rauer wird und oft wenig getragen ist vom demokratischen Respekt des miteinander Streitens und des angemessenen Umgangs miteinander. Das ist aber keine Eigenheit der sozialen Medien. Sondern das passiert im realen Leben genauso.

 

Algorithmen und demokratischen Information schließen sich also nicht aus?

Janik: Man muss wissen, um was für ein Medium es sich handelt. Das gehört zur Medienkompetenz. Wie bei der Nutzung des Internets oder der Zeitungslektüre muss ich wissen: Wie kommt etwas zustande? Wie wird etwas gefiltert? Welche Interessen stehen dahinter? Das ist bei Facebook nicht anders als bei allen anderen Arten der Kommunikation.

Mal grob geschätzt: Wie viel Zeit verbringen Sie pro Tag in den sozialen Netzwerken?

Janik: So ungefähr eine dreiviertel Stunde.

Suchtgefahr besteht also bei Ihnen noch nicht?

Janik: Ich sehe es für mich als ein weiteres Kommunikations-Mittel, das ich gerne nutze und das mir Spaß macht. Ich experimentiere damit auch gerne mal.

Auf Facebook existieren zwei aktive Accounts, die auf ihren Namen laufen.Warum?

Janik: Der Hintergrund liegt in der Facebook-Systematik. Wenn man bei einem persönlichen Profil 5000 Freunde erreicht hat, kann man keine weiteren Freunde aufnehmen. Das ist irgendwie blöd. Natürlich kann man das Profil in eine institutionelle Seite umwandeln. Das wollte ich aber nicht, da man dann nicht mehr an Facebook-Gruppen teilnehmen kann. Und gerade dort passiert ja viel an Interaktionen. Deshalb habe ich meine Seite zusätzlich angelegt. Ich bespiele aber beide.

Ist dort der Oberbürgermeister Florian Janik, der SPD-Politiker Florian Janik oder die Privatperson Florian Janik unterwegs?

Janik: Wie ist es denn, wenn sie mir begegnen? Sprechen Sie dann mit dem Oberbürgermeister, der SPD-Person oder dem Privatmenschen? Man ist in jeder Situation immer alles. Ich kann mich ja nicht teilen. Natürlich hat man verschiedene Rollen auszufüllen. Aber: Wenn mir Bürgerinnen und Bürger irgendwo in der Stadt begegnen, nehmen die mich auch in ganz verschiedenen Rollen wahr. Selbst wenn ich privat irgendwo bin, werde ich als Oberbürgermeister wahrgenommen. Ob ich das will oder nicht. Ich möchte das auch gar nicht abstellen.

Posten Sie alles selbst oder übernimmt ein Teil der Arbeit das Bürgermeister- und Presseamt?

Janik: Nein. Das sind alles meine Posts. Das sind meine Profile. Mir ist wichtig, dass alles, was ich auf Facebook von mir gebe — wenn ich Fragen beantworte oder mich an Diskussionen beteilige — von mir kommt. Mir ist wichtig, das selbst zu machen.

Manche Bürger staunen, wie Sie es schaffen können, auf Fotos zu sein, die sie dann posten...

Janik: Ich gebe jemanden mein Handy und frage: Können Sie ein Foto von mir machen? Manchmal helfen auch Fotografen von der Presse und machen ein Bild mit meinem Handy oder schicken mir ein Foto zu. Am Anfang haben manche komisch geschaut, aber das hat sich jetzt eingebürgert. Ich treffe immer auf hilfsbereite Bürgerinnen und Bürger, die mich unterstützen.

Haben Sie einen Rhythmus, wie viele Posts Sie am Tag veröffentlichen?

Janik: Das ist situationsbedingt. Ich mache mir da keinen festen Plan. Oft denke ich mir bei interessanten Dingen, dass ich diese später poste. Es gibt aber keinen Tagesplan, den ich erfüllen muss. Wenn mal ein Tag lang gar nichts passendes passiert, dann ist eben mal einen Tag lang gar nichts zu sehen. Beispielsweise, wenn ich den ganzen Tag mit Besprechungen im Rathaus verbringe und sich kein passendes Fotomotiv anbietet.

Sie pflegen per Facebook die schnelle und direkte Kommunikation mit dem Bürger. Was macht aber die 75-jährige Oma, die kein Smartphone und keinen Internetanschluss besitzt?

Janik: Die sozialen Medien sind für mich ein weiterer Bereich, den ich nutze. Es wäre tatsächlich schwierig, wenn es die einzige Möglichkeit wäre, Kontakt mit mir aufzunehmen. Es gibt ja auch Sprechstunden. Man kann mir eine E-Mail schicken und bekommt eine Antwort. Man kann persönlich hier im Rathaus vorbeikommen und im Normalfall gibt es dann einen Sprechstunden-Termin. Manchmal ergibt es sich auch, dass jemand vor der Tür steht und ich spontan Zeit habe. Man kann mich auf der Straße ansprechen. Das passiert übrigens sehr, sehr häufig. Es gibt viele Möglichkeiten, mit mir Kontakt aufzunehmen. Was ich an den sozialen Medien aber besonders schätze und wichtig finde: Es schreiben mich Leute — meist über eine private Nachricht — an, die sich ansonsten nicht so schnell an den OB der Stadt wenden würden. Es baut also auch Barrieren und Hürden ab.

Mittlerweile markieren Facebook-Nutzer mit einem @-Zeichen gezielt Florian Janik, um an eine Reaktion zu kommen...

Janik: Wie nutzen Leute soziale Medien? Sie bewegen sich in der Stadt und dann fällt ihnen etwas auf. Davon haben sie vielleicht zuvor noch nichts gehört und dann wird eben nachgefragt. Da viele Bürger der Stadt wissen, dass ich in den Sozialen Medien unterwegs bin, markieren sie mich eben. Ich lese das auch immer. Häufig antworte ich darauf. Manchmal aber auch nur mit: Tut mir leid, dazu weiß ich auch nichts. Schließlich kenne ich auch nicht jede Baustelleneinrichtung in der Stadt. Vielen ist aber damit geholfen, wenn man einen Tipp gibt, wo sie im Rathaus anrufen können.

Ihre Facebook-Aktivitäten geraten ab und zu in die Kritik: Beispielsweise wenn Sie nach einem Firmenbesuch die Homepage des Unternehmens verlinken. Oder wenn Sie, was von der CSU aufgegriffen wurde, eine Wohnungs-Anzeige teilen. Glauben Sie, dass Sie sich manchmal mehr zurückhalten müssten?

Janik: Das sind unterschiedliche Dinge. In meiner Funktion als Oberbürgermeister mache ich viele Firmenbesuche. Aber natürlich nicht nur das. Ich bin viel unterwegs. Ich besuche Institutionen der unterschiedlichsten Art. Es gehört zum Job dazu, die Stadt bei vielen Gelegenheiten zu repräsentieren. Darüber berichte ich. Manchmal auch über witzige Begebenheiten, die dort stattgefunden haben. Das gehört dazu, wenn man sich entschieden hat, das, was man macht, über soziale Medien transparent zu machen. Das ist aber keine Schleichwerbung und ich bekomme da natürlich auch nichts dafür. Im dem angesprochenen Fall mit der Wohnungsanzeige ging es darum, dass meine Schwester für die Wohnung, in der sie zur Miete gelebt hat, einen Nachfolger gesucht hat. Ich wollte ihr dabei helfen. Eine echte Lappalie. Hunderttausende Menschen machen das in den sozialen Medien, wenn sie sehen, dass im Bekanntenkreis jemand eine Wohnung sucht oder wenn eine Wohnung zu vergeben ist. Da macht man eben darauf aufmerksam. Was ich aber nicht machen würde, ist Werbung. Nach dem Motto: Geht da hin und kauft dort ein...

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