Keine Schnellschüsse in Langensendelbach

27.8.2014, 14:30 Uhr
 Keine Schnellschüsse in Langensendelbach

© Foto: Roland Huber

Das Amtszimmer des Bürgermeisters hat sein Gesicht verändert. Die Kunstdrucke aus den 1990er Jahren, die lange die Wände zierten, sind Luftansichten von Langensendelbach aus dem Jahr 1958 gewichen. Bilder mit Seltenheitswert, auf die Oswald Siebenhaar stolz ist. Noch unter Wolfgang Fees hat ein Fotostudio aus Norddeutschland, in dessen Archiv die Bilder unerwartet auftauchten, der Gemeinde den Kauf der Rechte angeboten – natürlich für ein nicht unerhebliches Kleingeld, sagt Siebenhaar. Die Gemeinde griff zu – auch im Hinblick auf die Einweihung des neuen Dorfplatzes. Seitdem beschäftigen die Ansichten die Langensendelbacher. Jeder, der zu ihm komme, sei mit den Bildern mehr beschäftigt als mit ihm, erzählt Siebenhaar mit einem Augenzwinkern.

Und gerade beim genauen Hinsehen offenbare sich, wie sehr sich das Dorf verändert habe. „Es wird einem richtig bewusst, wie viele Äcker und Wiesen inzwischen bebaut sind“, sagt der Bürgermeister. Wenn er die Fotos betrachte und darüber nachdenke, dass eine ältere Bürgerin nach dem Jahrhunderthochwasser 2007 genau diese massive Bebauung als Ursache für die Wassermassen ausmachte, müsse er ihr ein Stück weit recht geben. Der Vergleich des heutigen Ortsbildes mit den alten Ansichten zeigt eines: Langensendelbach wächst. „Pro Legislaturperiode bestimmt um 300 Einwohner“, schätzt Siebenhaar. Im Vergleich zu den knapp 3000 Bürgern, die insgesamt hier leben, eine große Zahl — und eine enorme Herausforderung für die Gemeindepolitik, „denn wir müssen dafür sorgen, dass die Infrastruktur mitwächst“. Kinderkrippen und -gärten, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, alles muss auf die wachsende Anzahl an Bürgern ausgelegt sein.

Nachdem sich die Gemeinde jetzt einen Dorfplatz und die Bachsanierung geleistet habe, stünden vor diesem Hintergrund nun viele Pflichtaufgaben an. Oswald Siebenhaar nimmt sich dabei als Bürgermeister selbst nicht so wichtig. „Im Endeffekt habe ich auch nur eine Stimme, wie jedes andere Gemeinderatsmitglied“, sagt er. Zwar heiße es in der Gemeindeordnung, der Bürgermeister bestimme die Leitlinien der Politik, doch bestehe die tägliche Arbeit zu 90 Prozent aus Sachzwängen.

Diesen zu begegnen und die Gemeinde dabei noch voran zu bringen — „so dass zukünftige Generationen sagen, so schlecht hat der das gar nicht gemacht“ — das erfordere eine Menge Hirnschmalz und harte Entscheidungen. Das hat Siebenhaar bereits in seiner kurzen Amtszeit gelernt. Und das wiederum habe ihm schon manche schlaflose Nacht beschert, gesteht er. Dabei setzt er, wie sein Vorgänger Wolfgang Fees, auf gemeinsame Entscheidungen. Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, Dinge gut vorzubereiten, um dahinterstehen zu können, und um vor dem Gemeinderat nicht mit Halbwissen aufzutreten. „Lieber warte ich ein bisschen und treffe dann die richtige Entscheidung, als einen Schnellschuss zu machen, der sich am Ende als falsch erweist.“

Für den 53-Jährigen, der der erste hauptamtliche Bürgermeister von Langensendelbach ist, bringt das so manche Überstunde mit sich. Und das, wo er als Landwirt mit Pferdepension und Milchviehhaltung eigentlich noch einen zweiten Vollzeitberuf hat. Er weiß, dass er beides nicht auf Dauer vereinen kann, aber nach Jahrzehnten in der Landwirtschaft habe er die Arbeitsabläufe verinnerlicht. „Und die Arbeit im Kuhstall gibt mir manchmal viel Ruhe und Kraft“, sagt er. Arbeit habe er noch nie als belastend empfunden. Und so setzt er sich ran an die Themen — und lässt sich auch von Rückschlägen nicht beeindrucken. Zum Beispiel bei der Tagespflege von Senioren, die er in Langensendelbach etablieren will. Bislang habe er noch nicht viel erreichen können. Aber aufgeben kommt nicht in Frage. „Ich klemme mich mit unnachgiebiger Hartnäckigkeit dahinter und werde früher oder später eine Lösung finden“, sagt er und schmunzelt.

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