Kirchenasyl in Erlangen: Gegen Pfarrer wird wieder ermittelt

30.11.2017, 06:00 Uhr
Kirchenasyl in Erlangen: Gegen Pfarrer wird wieder ermittelt

© Archivfoto: Harald Sippel

Vor einem halben Jahr stellte die Justiz die Ermittlungen gegen Bernd Hofmann ein – und schon läuft ein neues Verfahren gegen den Pfarrer der evangelischen St.-Matthäus-Kirche. Im Visier der Behörden steht die erneute Gewährung von Kirchenasyl für zwei Flüchtlinge. Zwischen 12. August und 13. September gewährte der Gottesmann einem christliches Paar aus Äthiopien Zuflucht im Gemeindehaus.

Bereits in den ersten Monaten dieses Jahres hatte Hofmann gemeinsam mit Mitgliedern seiner Gemeinde und einem engagierten Helferkreis einem Paar aus Äthiopien in den Räumen in der Rathenaustraße Kirchenasyl gewährt, um es vor einer Überstellung nach Italien zu bewahren. Menschenrechtsorganisationen kritisieren immer wieder, dass die meisten Flüchtlinge in dem südeuropäischen Land in der Obdachlosigkeit landen.

Im Mai lag die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vor: Das Ermittlungsverfahren gegen Hofmann wegen "Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ohne erforderlichen Aufenthaltstitel" wurde eingestellt. In dem Dokument wurde darauf hingewiesen, "dass bei künftigen Verstößen nicht mit einer folgenlosen Einstellung des Verfahrens gerechnet werden kann". Dieser Satz der unterzeichnenden Staatsanwältin könnte wahr werden. Doch einschüchtern lässt sich der Pfarrer, für den Kirchenasyl "ein Zeichen der Mitmenschlichkeit" ist, dadurch nicht.

Allerdings ist Hofmann über das neue Ermittlungsverfahren gegen ihn "ein bisschen überrascht". Immerhin sprach sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erst vor einigen Wochen bei Kirchenasyl für "Humanität" aus. Auf diese Weise suchten in Bayern nicht so viele Menschen Schutz, dass "radikale Schritte" wie die Ermittlungen gegen Pfarrer gerechtfertigt wären, sagte Seehofer Mitte August in Kempten. Kirchenvertretern sicherte der Christsoziale Unterstützung zu. Von der Ankündigung des CSU-Chefs ist offenbar kaum oder nichts übrig geblieben. Das zeigt das Ermittlungsverfahren, oder genauer, die beiden Ermittlungsverfahren gegen Hofmann. Denn dem Erlanger Pfarrer werden, da es sich um zwei Äthiopier handelt, auch zwei "Fälle" angelastet. Auch gegen die beiden Flüchtlinge selbst wird ermittelt.

Nach der Dublin-II-Verordnung bzw. Dublin-III-Regelung müssen Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen, in dem sie zum ersten Mal Boden der EU betreten haben. Da auch diese beiden Äthiopier über Italien eingereist sind, ist damit Deutschland nicht zuständig. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) lehnte ihren Asylantrag ab.

Frist von sechs Monaten

Die Behörden haben sechs Monate Zeit (Überstellungsfrist), um einen abgelehnten Asylbewerber in das zuständige EU-Land zu schicken, befindet sich ein Flüchtling in der Zeit im Kirchenasyl, kann er nach diesem halben Jahr einen Asylantrag in Deutschland stellen. Für das äthiopische Paar endete die Überstellungsfrist am 13. September.

Der streitbare Pfarrer erkennt im aktuellen Fall beim Bamf eine "neue Strategie", um "Kirchengemeinden von der Gewährung von Kirchenasyl abzuhalten". Laut Bamf seien die zwei seit Mitte Mai "untergetaucht", deshalb würde sich die Überstellungsfrist von sechs auf 18 Monate erhöhen, Stichtag wäre dann der 13. September 2018. Die Argumentation der Migrationsbehörde sei "nicht haltbar", betont Hofmann.

Es gebe eine Reihe von Unterlagen, die belegen, dass die beiden ständig in der Sammelunterkunft anwesend und von Vertretern staatlicher Stellen angetroffen worden seien. Die Anwältin der beiden Äthiopier kämpfe vor Gericht gegen die Behauptung des Bamf.

"Durch das Verfahren vor Gericht", sagt Hofmann, "gewinnen die Behörden Zeit und können die Kirchengemeinden ein bisschen drangsalieren."

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