Kostenlos zum Musik-Höhepunkt

19.6.2018, 19:07 Uhr
Kostenlos zum Musik-Höhepunkt

© Foto: Karla Rocholl

Unvergesslich war die Saison nicht nur wegen der musikalischen Höhepunkte, sondern auch wegen der logistischen Glanzleistungen, die aufgrund der Sanierung der Heinrich-Lades-Halle nötig wurden. War man hauptsächlich auf Spielorte in Erlangen ausgewichen, so musste man für die ganz großen Konzerte das komplette Publikum in die Konzerthalle der Bamberger Symphoniker in ihrem Heimatort bitten. Als sagenhaften Service bot der GVE dafür einen kostenlosen Bustransfer an. Bitte stellen Sie sich eine Karawane mit 14 Bussen vor, gemanagt von einer Schar erlesen zuvorkommender junger Menschen, die Sorge dafür trugen, dass jeder, auch Rollstuhl- und Rollatorfahrer, bequem und sicher zu dem Kulturereignis reisen konnte. Nein, dieses Engagement für Abonnenten, Mitglieder und "ungebundene" Musikfreunde wird man dem GVE nie vergessen!

Ohne Pause

Besonders weil der Konzertabend an sich dann auch noch unvergesslich wurde. Auf dem Programm stand die Symphonie Nr. 9 in D-Dur, die letzte von Gustav Mahler, ein abendfüllendes Werk, das trotz seiner 90-minütigen Dauer aus Gründen des musikalischen Zusammenhangs ohne Pause aufgeführt wird. Für das Publikum eigentlich eine große Herausforderung an die Konzentration, aber an diesem Abend waren Musiker am Werk, die zu Recht nach ihrer langen und intensiven Beschäftigung (unter der Leitung ihres ehemaligen Dirigenten Jonathan Nott) mit dem Werk des Spätromantikers "Mahler-Experten" genannt werden. An diesem Abend wurde klar, was das heißen soll: Jeder in diesem Orchester weiß hundertprozentig, wie jede einzelne Note zu spielen ist und weiß ganz genau, wann er sich auf den nächsten, vielleicht nur vier Takte entfernten Stimmungswandel einzustellen hat.

Nein, das Wissen allein reicht da gar nicht mehr aus, denn wenn man eine der detaillierten Anweisungen Mahlers in den Noten liest, ist es schon zu spät, man muss mit dem Gefühl rechtzeitig dran sein. Dann fesselt man das Publikum, dann gelingt der Umschwung von Heiterkeit in Häme, von Großstadtlärm zu trauter Zweisamkeit, von Genuss zu abgrundtiefer Verzweiflung. Das ganze Universum musikalischer Möglichkeiten hat Mahler in dieser seiner letzten Sinfonie zusammengestellt (=komponiert), die Möglichkeiten der Instrumente maximal ausgeschöpft, so dass zum Beispiel die fröhliche Triangel zur aufdringlichen Feuerglocke mutiert.

Präzise Bewegungen

Den Weg durch dieses wegen seiner Ehrlichkeit so aufwühlende Werk wies ein Grandseigneur von knapp 91 Jahren: Der in den USA geborene, schwedischstämmige Herbert Blom-stedt kennt die Bamberger Symphoniker seit vielen Jahren und sie kennen ihn. Deshalb kann der weise und warmherzige Dirigent auf die große Geste verzichten und mit extrem effizienten, präzisen Bewegungen durch die Virtuosität in allen Stimmen fordernde Partitur führen und es zu einer Lebensgeschichte werden lassen, die jeden im Saal tief berührte. Bedauerlich nur, dass in die "heiligsten", die magischen Schlusstakte, in denen das Leben ausgehaucht wird und alle Beteiligten in höchste Konzentration gesogen werden, ein Handy klingeln musste. Blomstedt gelang es dennoch, in einer Minute der atemlosen Stille dieses aufwühlende Erlebnis ausklingen zu lassen.

Begeistert applaudierend erhoben sich die Zuhörer von ihren Sitzen – eine Standing Ovation, die mehr als angemessen war.

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