Krimi-Autor Jan Beinßen entkoppelt sich vom Regionalen

6.1.2019, 06:00 Uhr
Krimi-Autor Jan Beinßen entkoppelt sich vom Regionalen

© Ralf Lang

Herr Beinßen, gerade ist Ihr 13. Paul-Flemming-Roman mit dem Titel "Tod am fränkischen Himmel" erschienen. Hat das Thema Luftfahrt etwas mit Ihrer Anstellung beim Nürnberger Flughafen zu tun, wo Sie ja seit langem in der Pressestelle und für das Marketing arbeiten?

Jan Beinßen: Natürlich ist meine Aufgabe am Airport Nürnberg, die Faszination Luftfahrt, inspirierend. Wenn vor meinem Bürofenster ein Flieger abhebt, schaue ich auch nach all den Jahren gebannt zu. Bei den Flemming-Romanen geht es mir in erster Linie aber um den historischen Kontext: In jedem der Romane wird ein Stück fränkische Geschichte verpackt. Angefangen mit "Dürers Mätresse", in dem das Schaffen Dürers im Mittelpunkt steht, über "Herz aus Stahl" und die Geschichte der Eisenbahn bis zum "Lokalderby", in dem ich die Entwicklung des Fußballsports in der Region nachgezeichnet habe. Auch beim "Tod am fränkischen Himmel" kommt die Historie ins Spiel: durch Gustav Weisskopf, den Flugpionier aus Leutershausen.

 

Was ist Ihr Anspruch und Anliegen bei den Paul-Flemming-Romanen?

Beinßen: Meine Flemming-Romane sind Krimis, dienen in erster Linie also der Unterhaltung. Ich möchte meinen Leserinnen und Lesern eine kurzweilige Lektüre bieten, die fesselt, amüsiert und Spaß macht. Darüber hinaus versuche ich, mit jedem Band die Heimatliebe zu erwecken. Als Zugereister, der seit 1993 im schönen Franken lebt, möchte ich etwas von dem weitergeben, was ich selbst empfinde, wenn ich durch Nürnberg streife und jedes Mal aufs Neue begeistert bin von der Vielfältigkeit und Ausdruckskraft dieser Stadt. Nürnberg ist toll – das soll sich in meinen Büchern widerspiegeln. Wenn ich es für angebracht halte, lasse ich auch gesellschaftskritische Themen in meine Geschichten einfließen, wie im aktuellen Band die #MeToo-Debatte.

 

Bereits im April erscheint der nächste Fall. Wie schaffen Sie eine solche Schlagzahl?

Beinßen: Diesmal kommt der Nachfolger tatsächlich sehr rasch, dafür lagen zwischen Teil 12 und 13 eineinhalb Jahre. Grund für das frühe Erscheinen von Flemming 14 ist das Thema: Denn "Kärwakiller" spielt während der Kirchweih-Saison, eine Veröffentlichung im Herbst käme daher zu spät. Dafür muss dann meine andere Buchreihe, die im Elsass spielt, einmal aussetzen und bis 2020 warten.

 

Worum wird es in dem nächsten Flemming-Buch gehen?

Beinßen: Ohne zu spoilern kann ich verraten, dass auf verschiedenen Kärwas in Nürnberg ein Erpresser sein Unwesen treibt, der ähnlich den Supermarkterpressern Nahrungsmittel vergiftet, um damit Geld einzufordern. Mit dabei sind neben Paul Flemming die anderen Protagonisten, die meinen Hobbyermittler seit 14 Jahren begleiten: An erster Stelle seine Frau Katinka und Stieftochter Hannah, die ihren ersten Auftritt als Christkind in "Dürers Mätresse" hatte. Manche Leserinnen sagen mir, dass sie meine Bücher weniger wegen der Kriminalfälle lesen, sondern weil sie wissen möchten, wie es mit Paul Flemmings mitunter turbulentem Privatleben weitergeht.

 

Bald erscheint auch das erste Paul-Flemming-Hörbuch. Ist es für einen Autor ein besonderer Erfolg, wenn ein Verlag seinen Roman für solch eine aufwendige Produktion auswählt?

Beinßen: Ja. Ich muss sagen, dass ich mich unheimlich darüber gefreut habe, als der Verlag Lind & Co auf uns zukam, um wegen der Hörbuchrechte anzufragen. Schon lange habe ich mir eine Vertonung gewünscht, und auch von vielen Lesern und Leserinnen wurde dies immer wieder verlangt. Prima, dass es endlich geklappt hat. Das Hörbuch ist mittlerweile auf allen Streaming-Plattformen zu haben, von Thalia.de bis audible. Man kann es sich ganz einfach herunterladen.

 

Haben Sie als Autor der Geschichte Einfluss auf die Produktion?

Beinßen: Nein, Verlag und Studio haben das ohne mein Zutun umgesetzt. Doch ich bin absolut zufrieden mit dem Ergebnis. Sprecher Robert Frank hat genau den Ton getroffen, den ich im Kopf hatte und erweckt die Figuren gekonnt zum Leben.

 

Was vielleicht nicht jeder weiß: Sie schreiben unter dem Pseudonym Jean Jacques Laurent seit fünf Jahren Elsass-Krimis. Weil’s unter dem klangvollen Namen einfach authentischer klingt?

Beinßen: Das ist richtig. Die meisten in Frankreich spielenden Kriminalromane auf dem deutschen Markt schmücken sich zwar mit französischen Autorennamen, stammen jedoch aus den Federn deutscher Kolleginnen und Kollegen. Das ist einerseits ein Marketinginstrument, andererseits kann ich mich dadurch besser von meiner Flemming-Reihe absetzen, auf die ich von vielen festgelegt werde. Außerdem war es ein Riesenspaß, sich einen neuen Namen aussuchen zu dürfen.

 

Schreibt man anders, wenn man einen Text unter Pseudonym entwickelt?

Beinßen: Ich denke ja. Meine Elsass-Krimis sind anders konzipiert, haben zum Beispiel eine andere Erzählperspektive und werden von einem anderen Lektorat bearbeitet. Ich kenne Leser, die zwar beide Reihen verfolgen, aber klare Favoriten haben: Die einen schwören auf Flemming, andere schwenken auf Gendarmerie-Major Gabin und sein Team um.

 

Im Frühsommer 2019 wird im Piper Verlag eine weitere neue Reihe von Ihnen erscheinen. Sie spielt auf einem Hausboot in Frankreich. Warum? Was können Sie über das Konzept schon verraten?

Beinßen: Mit dem neuen Konzept betrete ich mal wieder Neuland: Ein "mobiler" Ermittler, der mit seinem Hausboot überall unterwegs sein kann, um Fälle zu lösen – damit entkoppele ich mich vom Regionalen. Auf diese gemeinsam mit dem Piper-Verlag entwickelte Reihe setze ich große Stücke; wir sehen darin viel Potenzial. Ich selbst war mit meiner Familie zweimal im Hausboot unterwegs und habe Frankreich dadurch aus einer ganz anderen Perspektive kennengelernt. Teil eins der Reihe ist in Carcassonne angesiedelt, eine aufregende Stadt, ähnlich geschichtsträchtig wie Nürnberg. Die Hausboot- Krimis sollen abwechselnd mit den Elsass-Fällen erscheinen. Aber auch mit Paul Flemming wird es weitergehen, auf bewährte Weise beim Cadolzburger ars vivendi Verlag.

 

Wie nennen Sie sich für diese neue Reihe? Auch wieder Jean Jacques Laurent?

Beinßen: Nein, ich durfte abermals meine Identität verändern. Mehr möchte ich noch nicht verraten, aber spätestens im Mai wird das Geheimnis gelüftet.

 

In Nürnberg führen Sie in Zusammenarbeit regelmäßig an die Tatorte Ihrer Bücher. Wird es bald auch Elsass- und Hausboot-Reisen mit Ihnen geben?

Beinßen: Meine Touren an die Tatorte im Dürerhaus, DB-Museum, der Oper oder im Knoblauchsland stoßen seit vielen Jahren auf eine große Nachfrage. Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Bildungszentrum weiten wir die Seminare im Frühjahr sogar noch aus. Krimitouren durchs Elsass gibt es noch nicht, nur Lesungen etwa im angrenzenden Schwarzwald oder der Schweiz. Aber das ist eine gute Idee: Vielleicht lässt sich eine Tour für Elsass-interessierte Franken organisieren.

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