Kritik an Erhöhung der Bus-Tarife in Erlangen

5.7.2018, 06:00 Uhr
Kritik an Erhöhung der Bus-Tarife in Erlangen

© Foto: Harald Sippel

Kein Zweifel. Die Städte ersticken zunehmend im Verkehr. Die Situation ist längst katastrophal. Um aber eine merkliche Zahl der eingefleischten Autofahrer zum Umdenken und also Umsteigen auf die "Öffentlichen" zu bewegen, bedarf es der richtigen Anreize. Solche, die auch im eigenen Geldbeutel spürbar werden. Stattdessen gibt’s die jährliche Erhöhung der Ticket-Preise. Aber hier scheint offenbar eine Schmerzgrenze erreicht zu sein. Dass diese Verteuerungs-Prozedur auf Dauer kein probates Mittel sein kann, den Autoverkehr nachhaltig zu reduzieren, ist auch etlichen Erlanger Räten durchaus einsichtig.

Den "Grund allen Übels" sieht beispielsweise die Erlanger Linke in den sogenannten "Atzelsberger Beschlüssen" und fordert den sofortigen Ausstieg. Keine weiteren Preiserhöhungen: "So klappt das nicht mit dem Umstieg vom Auto auf den Bus, so werden wir der Autoflut nicht Herr. Wir müssen aus der Erhöhungsautomatik aussteigen", meinte Johannes Pöhlmann von den Linken.

Konkret beantragte die Linke schließlich, dass die Tarifstufe C, die für Erlangen gültig ist, nicht beschlossen, stattdessen in die Tarifstufe D gewechselt werde. Das hätte zur Folge, dass beispielsweise eine Einzelfahrt ab 1. Januar 2019 nur zwei Euro statt 2,40 Euro (Tarif C) kosten würde. Oder ein Vierer-Ticket 6,80 Euro statt 8,20 Euro.

Blick über den Tellerrand

In den sogenannten "Atzelsberger Beschlüssen" vom Juli 2000 ist von allen Partnern des Verkehrsverbundes beschlossen worden – und Erlangen ist hier mit von der Partie —, dass die Tarife jährlich fortgeschrieben werden. Als Grundlage für die Teuerung dient ein VGN-spezifischer Warenkorb-Preisindex, der unterm Strich nun bei 3,07 Prozent für 2019 angesetzt wird. Allerdings kam man überein, etwas unter diesem Satz zu bleiben. Die Kostensteigerung wird daher verbundweit bei 2,78 Prozent liegen, in Erlangen bei jenen 2,72 Prozent.

Beim Blick über den Tellerrand ist den Linken – nicht zuletzt aufgrund eines Artikels im EN-Hauptteil – die Fugger-Stadt Augsburg ins Visier geraten. Dort soll ab 2019 eine "City-Zone" eingeführt werden, in der schließlich Busse und Bahnen kostenlos genutzt werden können. Ähnliches hatte es Mitte der 80er Jahre auch schon in Erlangen gegeben. Wurde dann aber von der Regierung Mittelfranken kurzerhand verboten, wie es hieß. Möglicherweise hat sich die Rechtslage inzwischen geändert. Auch vor diesem Hintergrund empfahl Pöhlmann der Ratsrunde, jenes Augsburger Modell doch mal genauer anzuschauen: "So kriegt man auch die Autos aus der Stadt". Den Erlanger CSU-Räten legte er dabei ans Herz, es doch ihren Nürnberger Kollegen gleichzutun. Denn die Christsozialen aus der großen Nachbarstadt wollen jetzt bei der routinemäßigen Erhöhung der Ticketpreise nicht mehr mitmachen.

Letztlich geht alles ins Geld. Die Erlanger Stadtwerke, beziehungsweise die Stadtverkehr GmbH, fährt fürs Jahr 2017 ein Defizit von rund 5,8 Millionen Euro ein. Die Kosten werden lediglich zu 70 Prozent durch den Verkauf der Bus-Tickets gedeckt. Das Minus wird wie stets aus dem Stadtsäckel ausgeglichen. Bei einem Wechsel in die Tarifstufe D, wie eben von den Linken beantragt, würde dieses Defizit noch um mehrere Millionen Euro steigen, wie Rechtsreferent Thomas Ternes hochrechnete. Außerdem müssten bei einem Erlanger Wechsel der Tarifstufe sämtliche VGN-Partner zustimmen.

Unstimmiges Preisgefüge

Keinen Hehl aus seiner Sympathie für derartige Gedanken machte Harald Bußmann: "Der Busverkehr ist zu teuer. Die Erhöhungen müssen ein Ende haben", meinte der Rat von der Grünen Liste (GL). Allerdings seien im Erlanger Busverkehr in den letzten Jahren doch deutliche Verbesserungen erreicht worden, so dass die GL auch in diesem Jahr den Tarif-Erhöhungen zustimmen kann, so Bußmann.

Die ÖDP und FWG konnten das jedoch nicht. FWG-Rätin Anette Wirth-Hücking monierte unter anderem, dass das Preisgefüge nicht stimme und nur über einen niedrigeren Preis der Bus-Tickets auch die Akzeptanz erhöht werden könne. Klare Absage auch von Frank Höppel: "Es geht auch anders." Der ÖDP-Mann sieht den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr gleichsam als "gesellschaftspolitische Sache" an. Und diese Umstieg funktioniere "nur über den Preis". Für ihn waren die Preiserhöhungen "schon in den vergangenen Jahren falsch".

Zustimmung kam dagegen von FDP-Seite ebenfalls mit dem Hinweis, dass es doch deutliche Verbesserungen gegeben habe, die man sich auch nicht kleinreden lassen sollte, so Fraktions-Chef Lars Kittel. Grünes Licht für die Erhöhung signalisierten ebenfalls CSU und SPD, so dass am Ende die Tariferhöhungen für 2019 mit sechs Gegenstimmen von der Ratsrunde so beschlossen wurden.

Die Debatte hat’s gezeigt. Derzeit ist mächtig Bewegung in diesem immergrünen Thema. Und zwar allerorten. Offen bleibt, wohin sich das Ganze noch entwickeln wird. Doch der abschließende Hinweis von OB Florian Janik, dass eine Innenstadtlinie durchaus "nichts Abstraktes, sondern etwas sehr Konkretes" sei, lässt doch aufmerken.

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