Kunstgeflüster im Heroldsberger Rathaus

5.9.2017, 18:00 Uhr
Kunstgeflüster im Heroldsberger Rathaus

© Scott Johnston

Im Zeitalter der neuen Medien und Breaking News am laufenden Band mag Kontemplation ein etwas altmodischer Touch anhaften. Um die unterschiedlichen Facetten von Gemälden zu entdecken, dürfte sie jedoch immer noch der beste Weg sein.

Sich Zeit zu nehmen für die Betrachtung, die einzelnen Formen und Details erst einmal auf sich wirken zu lassen, nicht vorschnell zu klassifizieren, zu bewerten, und auf die Assoziationen zu achten, die im Kopf emporsteigen: Dies ist eine Spannung, die keinen Lärm braucht, um gehört zu werden, die über eine Tiefe verfügt, gegen die oberflächliches Getöse keine Chance hat.

Die Künstlergruppe, die Gisela Prummer und Bonny Schuhmann aus Eckental 2013 gründeten, hat einen Satz von Fernando Botero zu ihrem Credo erhoben: "Nicht die Abbildung der Wirklichkeit ist das Ziel der Kunst, sondern die Erschaffung einer eigenen Welt."

Dies bezieht sich freilich nicht allein auf den Schöpfer eines Werks. Auch bei der Auseinandersetzung mit einem Bild entsteht eine eigene Welt, die notgedrungen von den Intentionen des Künstlers abweicht, mag es manchmal auch nur in Nuancen sein.

Eine wahre Vielfalt von Welten entsteht beim Studieren der Arbeiten von Werner Baur. Materialcollagen finden sich neben Acrylbildern, Zeichnungen, Fotografien, Druckgrafik und Plastiken.

Nicht minder abwechslungsreich sind die gewählten Motive. Ein Klavier ragt da aus Knäueln von Glaswolle, umrahmt von maroden Mauern. Ein andermal baut Werner Baur aus Holz und Silber eine lediglich auf den ersten Blick strenge Skulptur, die ein wenig an die Basaltsäulen des Parksteins in der Oberfpfalz erinnern.

Mut zur Abstraktion zeigt Gisela Prummer und animiert so dazu, der eigenen Fantasie freien Lauf zu lassen. Feine Farbschattierungen wechseln bei ihren Bildern mit starken Kontrasten, woraus sich äußerst reizvolle Kompositionen ergeben.

Mit dem 3D-Effekt experimentiert in noch größerem Ausmaß Bonny Schuhmann. Reliefartige Strukturen verleihen ihren Werken Tiefe und Plastizität. Das Mittel der Verfremdung setzt Melanie Söllch bei ihren Fotografien ein, wodurch sie zahlreiche überraschende Momente kreiert. Wild ragt das Geäst kahler Bäume in eine Strandszenerie. Faszinierend ist auch die Darstellung der Ehrenbürg, dem Walberla bei Kirchehrenbach. Wie wohl hier die Kelten vor 2700 Jahren hinter ihrem Ringwall gehaust haben?

Oder was muss 1923 dort für ein Trubel geherrscht haben, als über 70 000 Besucher zum berühmten Fest zu Ehren der Heiligen Walburga strömten? Vielleicht genießt der Betrachter aber auch nur die romantische Landschaft, der Melanie Söllch einen Schuss Unheimlichkeit verleiht.

Gertraud Hörrman gab mit ihren Variationen von "Kunstgeflüster" der Ausstellung ihren Namen. Die Eckentalerin hat eine außergewöhnliche Gestaltungsmethode entwickelt, bei der sie Acrylmalerei mit einer sehr interessanten Reißtechnik verbindet. Es ist erstaunlich, welch breite Palette an Möglichkeiten dies eröffnet.

Inspirierend plakativ angelegt sind die Gemälde von Barbara Braungardt. Mit cooler Souveränität kontrolliert ein Bademeister das vermutete Geschehen auf der 50-Meter-Bahn beziehungsweise im Planschbecken. Farbenprächig porträtiert sie einen mächtigen Platzhirsch.

Neue Perspektiven erschließt auch Jana Krünert. Sie versteht es, bei ihren Darstellungen klare Schwerpunkte zu setzen und Nebensächliches wegzulassen. Ein Kirschhäuschen in einem blühenden Obstgarten ist hierfür ein gutes Beispiel.

Bevorzugt Ölfarben verwendet Christa Krömker. Gelungen gibt sie unter anderem einem Winterwald eine ganz eigene Strahlkraft. Doch auch Gebäude weiß sie geschickt als Strukturelemente einzusetzen.

Heroldsbergs Bürgermeister Johannes Schalwig freute sich bei der Vernissage vor einem großen Publikum über den Reichtum an Stilrichtungen, die bei der Ausstellung vertreten sind. Diese kann noch bis 1. November werktags von 8 bis 12 Uhr sowie zusätzlich montags von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 14 bis 18 Uhr besichtigt werden.

Der dreijährige Omar Alswid, mit seinen Eltern aus Syrien geflohen, zog die Gewinnerin eines Bildes von Gisela Prummer: Margarethe Braun aus Igensdorf.

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