Ladensterben in Erlangen: Leser sehen vielfältige Ursachen

12.2.2013, 19:21 Uhr
Auch fünfeinhalb Jahre nach ihrer Eröffnung sind die Erlanger Arcaden nicht unumstritten.

© Bernd Böhner Auch fünfeinhalb Jahre nach ihrer Eröffnung sind die Erlanger Arcaden nicht unumstritten.

Dass Einzelhändler und Wirte in der Erlanger Innenstadt Probleme haben, ist vor allem in der nördlichen Altstadt inzwischen unübersehbar. Deutliches Zeichen dafür sind Ladenleerstände und Räumungsverkäufe, letztere zuletzt etwa im „Britannia“ neben dem Apple-Shop oder im Fachgeschäft für Taschen, Koffer und Lederwaren bei Scherneck nördlich des Schlossplatzes. Im Erlanger Wirtschaftsreferat hat man neben individuellen Gründen auch die konjunkturelle Lage als eine Hauptursache ausgemacht.

Doch die Probleme betreffen nicht nur die kleinen Einzelhändler: Die Grande Galerie blutete erst langsam aus, bevor sie im Sommer 2011 abgerissen wurde. Mit einem neuen Konzept und einem neuen Gebäude soll bis Ende 2013 ein neuer Konsumtempel mit einer Fläche von 12.000 Quadratmetern entstehen.Dort sollen vier Geschäfte - darunter zwei Bekleidungsläden und ein Drogeriemarkt - einziehen.

Mit der neuen Grande Galerie würde in der südlichen Innenstadt damit ein weiterer Einkaufsschwerpunkt entstehen - die nördliche Altstadt, der seit Jahren ein Betrieb mit Magnetfunktion fehlt, hätte weiter das Nachsehen.

Als einen Hauptgrund der Misere haben nicht wenige der dortigen Geschäftsbetreiber, aber auch viele Leser in unserer Kommentarspalte den schon vorhandenen großen Einkaufskomplex ausgemacht: die Arcaden. 2007 wurde die Shopping-Meile eröffnet und ist eigentlich ein Erfolgsmodell, das Besucher zum Einkaufen weit über die Stadtgrenzen hinaus anzieht. Diverse Studien bestätigen zudem, dass die Arcaden nicht für eine nennenswerte Veränderung der Ladenleerstände in der Innenstadt gesorgt haben sollen.

Diesem Urteil wollen sich in Erlangen aber längst nicht alle anschließen, zumal nicht für jedes geschlossene Geschäft in der Innenstadt gleichwertiger Ersatz gefunden wird, die Flächen-Statistik also täuschen kann. Als problematisch an dem Einkaufskomplex wird nicht zuletzt seine Autarkie gesehen - wer das Gebäude einmal betreten hat, findet dort von der Apotheke über die Elektronikkette bis zum exklusiven Bekleidungsgeschäft im Prinzip alles - und hat so kaum noch das Bedürfnis, sich an anderen Stellen in der Innenstadt umzusehen.

Unsere Leser sehen dagegen vielfältige Ursache für die Leerstände in der Erlanger Innenstadt. "Das Problem mit der aussterbenden Altstadt ist vielschichtig, wird aber von keiner betroffenen Seite wirklich angegangen", schreibt etwa User "MB" und kritisiert unter anderem ein fehlendes "schlüssiges Gesamtkonzept" und die unterschiedlichen Öffnungszeiten des Einzelhandels in der Altstadt. Andere Nutzer bemängeln, dass auch schon vor den Arcaden die Einkaufsmöglichkeiten in der Altstadt eher bescheiden waren. Doch es gibt auch Kritik: Ein Leser, der sich "geplanter Leerstand" nennt, schreibt ein solcher Komplex "habe nichts mit Einkaufskultur" zu tun, zumal auch dort immer wieder Läden schließen würden.

Auch in unserem (nicht repräsentativen) Online-Voting fällt die Antwort, ob der Bau der Arcaden mit zur Lage des Einzelhandels vor allem in der Altstadt beigetragen hat, nicht eindeutig aus. Dass der Einkaufskomplex eine Mitschuld am Ladensterben trägt, glauben 52 Prozent der Nutzer (48 Stimmen), 43 Prozent (40 Stimmen) sind der Meinung, dass die Ursachen an anderer Stelle zu suchen sind. 8 Prozent sind unentschlossen.

Nachdem mit den Arcaden längst ein steinerner und gläserner Fakt geschaffen wurde, bleibt jedoch die Frage, wie die Altstadt in Erlangen gestärkt werden kann. Und bei dieser Frage fängt das Rätselraten an. Ein Betrieb mit Magnetfunktion könnte in der nördlichen Innenstadt für Belebung sorgen, die Idee einer großen Markthalle wird etwa schon seit längerem immer wieder diskutiert. Doch es fehlt an Platz und auch an geeigneten Objekten.

Die Ladeninhaber in der Erlanger Innenstadt versuchen sich vor allem selbst zu helfen, durch intensive Vernetzung wie im Chapter Kerner des Business Network International (BNI) oder seit längerem schon durch das Altstadt-Forum. Ob das gegen die übermächtige Konkurrenz auf dem ehemaligen Postgelände helfen wird?

Auch an anderen Orten in der Region wird intensiv über neue Shoppingmeilen gestritten. So soll in Fürth die Innenstadt mit dem belebt werden. Eine Bürgerinitiative wehrt sich gegen den dafür geplanten Abriss des Park-Hotels. In Neumarkt war der Bau des Einkaufskomplexes "Neuer Markt" auf dem Areal am Unteren Tor viele Jahre umstritten, bei einem Bürgerbegehren stimmten die Neumarkter jedoch mit einer großen Mehrheit für das Einkaufszentrum.  In Stein wird ebenfalls über ein neues Einkaufszentrum debattiert, dabei spielt auch die Frage wie groß es werden darf, um noch innenstadtverträglich zu sein, in der Diskussion eine wichtige Rolle. Nordbayern.de wird sich weiter mit dem Thema beschäftigen.

 

 

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