Lernen von Erlanger Jugendfarm

9.9.2018, 17:30 Uhr
Lernen von Erlanger Jugendfarm

© Harald Sippel

Kommunales Know-How für Nahost ist eine Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, bei welchem Kommunen unterstützt werden, die Ersthelfer-Länder von syrischen Geflüchteten waren. Dabei sollen deutsche Kommunen ihr Wissen an arabische Kommunen weiter geben. Und auch Erlangen hat einiges an kommunalen Know-How zu bieten. Vor allem auch, wenn es um die Inklusion von Kindern mit Behinderungen geht, denn das ist eines von vielen großen Themen auf der Jugendfarm.

Und auch in Bkeftine gibt es eine Organisation, die Bildungs- und Arbeitseinrichtungen für behinderte Kinder und Erwachsene unterhält. Diese sind vergleichbar mit den Lebenshilfe-Werkstädten. Wahat Al-Farah heißt diese Organisation, deren Leiterin sich bereits im Januar die Jugendfarm angesehen hat und restlos begeistert von der Tiergestützten Arbeit war und dies nun auch am liebsten in ihrer Heimat umsetzen möchte. Deshalb sind nun ihre Mitarbeiter Fouad Ibrahim, Suzane El Khoury (auch Suzie genannt) und Dalal El Remlawy in Erlangen und lernen alles über die pädagogischen Leitlinien der Jugendfarm kennen. Zuvor war die Sozialpädagogin Eva Kneißl (Leiterin der Jugendfarm) aber mit einer kleinen Delegation selbst im Libanon gewesen und hat sich vier Tage lang die Einrichtung in Bkeftine angeschaut.

Ihr Fazit? Dass die Behinderteneinrichtung dort auf einem "sehr hohen Level" sei, was nicht nur die Organisation selbst, sondern auch die Ausbildung der Pädagogen betrifft. Zudem war sie "Sehr überrascht. Es ist nicht so gewesen, dass man das Gefühl hat, man komme in ein Entwicklungsland.", erzählt Kneißl. Die Einrichtung besteht auf der einen Seite aus einer Schule für Kinder mit Behinderungen zwischen drei und 14 Jahren, und aus einer Werkstatt für behinderte Erwachsene, von denen der älteste 60 Jahre alt ist. Seit neuestem würden sie auch vierzehn verschiedene Workshops anbieten, die sich mit Erwachsenen-Bildung und Inklusion beschäftigen, erwähnt Suzane El Khoury.

Und mit ihren neuen Lehrlingen auf Zeit ist Eva Kneißl mehr als zufrieden. Sie seien "sehr, sehr interessiert." und haben " keinerlei Berührungsängste.", lobt sie. Und das, obwohl es in der Jugendfarm natürlich etwas anders abläuft, weiß die Sozialpädagogin. Denn in Bkeftine gebe es immer bestimmte Produktionsabläufe. Freies Werken, wie es in der Jugendfarm gehandhabt wird, wäre Neu für die Libanesen. Aber auch eine wichtige Erkenntnis, denn " die Kinder leiten dich, weil sie sich frei fühlen, indem was sie tun.", sagt El Khoury und gibt auch zu, dass sie das erst hier gelernt hat.

Denn im Libanon würden Psychologen vorschreiben, was das Beste für die Kinder sei. Zudem seien die Kinder, laut Kneißl, sehr wenig in der Natur. Das bestätigt auch Fouad Ibrahim, denn sie würden zwar ab und an in den Zoo gehen, aber das wäre natürlich etwas völlig anderes, als mit den Tieren zu leben und zu arbeiten. "Es ist neu für uns mit Tieren zusammen zu arbeiten." gibt Ibrahim zu. Und auch El Khoury sagt: " Ich bin eine Sozial-Arbeiterin und habe noch nie mit Tieren gearbeitet. Es ist eine völlig neue Erfahrung Tiere in meine Arbeit einzubinden."

Das Tiergestützte Arbeit aber vor allem für den Umgang mit behinderten Kindern und gerade auch autistischen Kindern extrem wichtig ist, weiß Eva Kneißl. Denn Tiere können unter anderem das Selbstvertrauen der Kinder stärken, und als eine Art Brücke zwischen Mensch und Fachkraft agieren. Aber das sei nicht alles, was die Libanesen aus ihrem Aufenthalt mitnehmen, denn sie würden sich jeden Tage in verschiedene Gruppen einteilen und dort immer neue pädagogische Aspekte kennen lernen. " Das machen sie echt mit Begeisterung.", erkennt Eva Kneißl euphorisch an. Die Begeisterung merkt man auch Fouad Ibrahim an. " Ich war so aufgeregt und glücklich (Anm. d. Red.: Teil des Projektes zu sein). Es ist ein super Programm.", sagt er grinsend.

Und es macht den Eindruck, als wäre er schon ein richtiger Teil des Teams, denn immer wieder kommen Kinder auf ihn zu, die mit ihm sprechen oder spielen wollen. Ob ein solches Projekt noch einmal zu Stande kommt, hänge erst ein mal davon ab, wie gut es nun im Libanon umgesetzt wird, erklärt Eva Kneißl abschließend. Trotzdem könne sie sich schon vorstellen, noch mal einen solche Fachkräfteaustausch zu organisieren. Und dann auch mit den eigenen Mitarbeitern.

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