Lüftlmalerei mitten in Baiersdorf

6.9.2017, 19:00 Uhr
Lüftlmalerei mitten in Baiersdorf

© Fotos: Dieter Köchel

Klar hat er bei seinen "normalen" Kunden Fassaden gestrichen, Wände getüncht oder tapeziert, Fenster oder Türen lackiert und Heizkörper getauscht. Doch schon als Lehrling, erzählt der 86-Jährige, habe ihn auch die Kunstmalerei fasziniert. "Da habe ich am Abend auch ein paar Kurse bei akademischen Malern belegt", erinnert er sich.

Dabei war eigentlich anfangs kaum Zeit für ein Steckenpferd. "1957 habe ich das Malergeschäft zusammen mit meiner Frau gegründet." 40 Jahre lang habe er es dann betrieben, ehe er aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste. Die ganze Zeit über habe er mit zwei Gehilfen gearbeitet und alle drei Jahre einen Lehrling ausgebildet. Ein bisschen hat er dabei auch das heutige Gesicht der Altstadt mit gestaltet. "Wir haben in der Hauptstraße viel Fachwerk freigelegt", schildert er seine Arbeit, denn viele der Fachwerkhäuser seien komplett verputzt gewesen.

Seine berufliche Malerei hat er zwar 1997 an den Nagel gehängt, sein Hobby jedoch erst vor einigen Jahren aufgegeben. Mit zunehmendem Alter haben ihm die Gesundheit und das Schicksal Streiche gespielt. Von der Hüftoperation bis zum Schlaganfall hat er einiges durchlitten und — vor zehn Jahren ist seine Frau gestorben. "Damals hat mir das Malen sehr geholfen, über den Tod meiner Frau hinwegzukommen", vergegenwärtigt er sich.

Ein Freund hatte ihm damals im Innenhof des Hauses ein Gerüst aufgebaut. Denn die Lüftlmalerei ist ja auch eine luftige Angelegenheit. So zieren die Wände im Innenhof in verschiedenen Höhen die unterschiedlichsten Motive. Das fängt mit einer Sonnenuhr an, die einer spanischen Kachel entlehnt ist, beinhaltet aber auch eine Blütenranke mit dem Spruch "Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein", eine orientalische Tänzerin, diverse Jagdmotive. Bis hin zu einem Bild der zwei Kinder, das er für seine Enkel Lucas und Maxi gemalt hat, justament an der Stelle, an der vormals der Eingang ins Schlachthaus war, der ehedem jüdischen Metzgerei Hirschkind.

Lüftlmalerei mitten in Baiersdorf

Da beeilt sich Wolfgang Kilian aber gleich hinzuzufügen, dass seine Eltern das Haus von den Nachfahren des letzten jüdischen Metzgers in Baiersdorf, Philipp Hirschkind, weit vor der Machtergreifung durch die Nazis regulär erworben hätten.

Von den Bildern an den Wänden ist eines quasi öffentlich, fällt zumindest sofort ins Auge, wenn man vor dem Rathaus steht und in die Waaggasse hineinschaut: Hoch oben an der Fassade unter dem Giebel steht ein gemaltes Paar in fränkischer Tracht, darunter das Baiersdorfer Stadtwappen. Keine große Kunst, gewiss. Aber bemerkenswerte Lüftlmalerei, die auch noch am ehemaligen Gasthaus zum Löwen für jeden sichtbar ist: Der Erinnerungsschriftzug samt heraldischem Leu stammt von Kilian.

Die großen Motive, berichtet er, hat er mittels Projektor an die Wände geworfen und mit Kohlestift die Umrisse festgelegt. Das habe das Ganze ein wenig vereinfacht. Mit dem Resultat ist er heute noch zufrieden

Daneben hat Wolfgang Kilian auch noch alte Möbel restauriert und – wie könnte es anders sein — mit Ornamenten der Bauernmalerei verziert.

Jetzt malt der 86-Jährige nicht mehr, aber er genießt es, dass er trotz Pflegestufe in seinem bunten Reich leben darf. Von seiner Liege auf der Terrasse aus hat er unmittelbar eine schöne Aussicht auf ein Alpendorf. Auch das hat er selber gemalt.

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