Metzger Patrick ist der Grufti aus dem Reisesarg

14.8.2015, 06:00 Uhr
Metzger Patrick ist der Grufti aus dem Reisesarg

© F.: Giulia Iannicelli

Ganz Deutschland runzelt über diesen jungen Mann die Stirn, der mitten in der Stadt in einem Sarg genächtigt hat. Doch kaum einer weiß, wer er wirklich ist. Der 26-Jährige aus Zirndorf (Landkreis Fürth) fühlt sich dem Tod näher als dem Leben, dabei hat seines gerade erst begonnen.

Patrick hat einen ganzen Keller voller Särge, neun Stück stehen dort im Lager, dazu ein paar Urnen. Der zehnte thront in seinem Schlafzimmer, in dem der gelernte Metzger, normalerweise, nächtigt. Tagsüber arbeitet er als Lohnschlächter im Erlanger Schlachthof. Schwarzes Hemd, schwarze Nietenhose, umgedrehtes Kreuz an der Halskette: Kein Wunder, dass alle den schlanken Hünen (1,95 Meter) nur "Dracula" oder "Vlad“ rufen.

"Der Tod trifft jeden. Doch keiner will sich damit auseinandersetzen“, sagt Patrick. Tod, Abschied, Schmerz, das sind die Themen, die Grufties wie er zum Lebensinhalt machen. Erst vor knapp drei Monaten hat der 26-Jährige wieder erfahren müssen, wie schlimm es ist, jemanden zu verlieren.

Sein 32-jähriger Bruder ist bei einem Familiendrama in Gallmersgarten in der Nähe von Bad Windsheim ums Leben gekommen. Der Wohnungsinhaber hatte auf einer Geburtstagsfeier eine Schusswaffe gezückt und um sich geschossen, Patricks Bruder starb noch an Ort uns Stelle.

Nein, sagt Patrick, den Toten habe er sich nicht mehr ansehen können. Er wolle ihn so ihn Erinnerung behalten wie er ihn kenne.

Patrick arbeitete als Totengräber

Dabei ist Patrick den Umgang mit Leichen gewohnt, hat zwei Jahre als Totengräber gearbeitet, ehe er eine Metzgerlehre absolvierte. Auch als Hufschmied hat er schon sein Geld verdient, mit Pferden kann er gut umgehen.

Doch immer wieder zieht es ihn zum Morbiden. Auf Friedhöfen kann er gut entspannen, mit seinem "Reisesarg" fährt er zu Freunden, natürlich wird das Mobiliar gut verpackt, wenn er damit in den Zug steigt. „Die Leute sehen das nicht so gerne, wenn ich einen Sarg bei mir habe“, sagt er und lacht schüchtern.

Deswegen wollten er und seine Lebensgefährtin das hölzerne Stück auch vor Tagesanbruch wieder verräumt haben, als sie sich nächtens zu einer romantischen Feier in der Zirndorfer Kneippallee getroffen hatten. Doch irgendwann schlief die Freundin im Auto ein und Patrick stieg in seinen schwarzen "Reisesarg", der auf dem Anhänger geparkt war. Er schlummerte immer noch tief, als der Morgen längst graute.

Ein entsetzter Passant, der mit seinem Hund Gassi gehen wollte, rief die Polizei. Die klopfte vorsichtig am Sargdeckel und wich einigermaßen erschreckt zurück, als der sich hob. Patrick versprach, nicht wieder in dieser Aufmachung zu nächtigen.

Die Schwarze Szene zeichne sich durch Gewaltfreiheit aus, sagt Gabriele Rohmann, die Leiterin des Berliner Archivs für Jugendkulturen. Sie sei friedfertig, auch wenn sie Kritik an der christlichen Kirche übe.

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