Mikwe ist in Dormitz geblieben

17.9.2016, 06:00 Uhr
Mikwe ist in Dormitz geblieben

© Foto: Udo Güldner

Keine Juden, nirgends. Weder in den katholischen Gemeinden Kleinsendelbach, Hetzles oder Neunkirchen, noch in den evangelischen Orten Spardorf, Uttenreuth oder Weiher. Nur in Dormitz lebten bis ins 19. Jahrhundert etwa 20 Familien. „Weil dort am Grenzfluss Schwabach mehrere Herrschaften aufeinander trafen,“ so Kießling.

Im „Judendorf“, das so hieß, weil zeitweise ein Viertel der Bewohner mosaischen Glaubens waren, hatten vier Herren das Sagen: Der Fürstbischof von Bamberg, der Markgraf von Ansbach-Bayreuth-Kulmbach und die freien Reichsstände wie die Herren zu Egloffstein. Sie alle stellten gegen Gebühr „Schutzbriefe“ aus, wodurch sich die Juden niederlassen durften. Nur die Reichsstadt Nürnberg, die ihre Juden 1499 vertrieben hatte, gestattete keinen Zuzug nach Dormitz.

Kießling vermutet neben diesen fränkischen Flüchtlingen auch Zuwanderer aus Böhmen im Zuge des Dreißigjährigen Krieges. Versuchten die Juden anfangs noch als umherwandernde Händler und Hausierer ihren Lebensunterhalt zu verdienen, so gelang einigen der wirtschaftliche Aufstieg. Emanuel Holsteiner etwa hatte einen Spezereien-Laden, in dem nicht nur Gewürze, sondern auch andere Lebensmittel feilgeboten wurden. Jakob Hofmeier versorgte die Einwohner mit Leder- und Schnittwaren (beide Hauptstraße 16). Max Priester hatte eine Metzgerei (Sebalder Str. 1), an die heute noch der kleine Abhang von der Hauptstraße Richtung Brandbach erinnert: Das Priester-Buckala.

Heute sind die Zeugnisse jüdischer Geschichte aus dem Ortsbild weitgehend verschwunden. Die kleine Synagoge, als Hinterhaus der Hauptstraße 18, fiel zuerst dem Vergessen und am Ende der 1980er Jahre dem Abriss zum Opfer. Nur noch Fotos zeigen das runde Misrach-Fenster, das nach Osten zum Tempel in Jerusalem wies und den Thoraschrein unter sich beherbergte. Auch die seit 1824 bestehende jüdische Religionsschule (Hauptstr. 20) sucht man vergeblich.

Das „Juden-Duckala“

Nur die Mikwe, ein rituelles Taufbad aus dem Jahre 1829 hat sich erhalten. In das „Juden-Duckala“, wie es der Volksmund heute noch nennt, „kann man noch hinuntersteigen. Es war sogar beheizt und damit sommers wie winters nutzbar.“ Dass in Erlangen nach der Ausweisung der Juden unter Markgraf Kasimir (1515) erst wieder 1873 eine Israelitische Kultusgemeinde entstand, „lag auch am Zuzug der Juden aus Dormitz und Baiersdorf sowie den späteren Stadtteilen Büchenbach und Bruck.“ Seitdem das Königreich Bayern die Freizügigkeit auch den Juden erlaubt hatte (1861), strömten sie vom Land in die Stadt.

Als Folge gab es bald nicht mehr genügend Juden in Dormitz, um die rituellen Handlungen durchzuführen. „Die Synagoge wurde kurz nach dem Ersten Weltkrieg profanisiert und an einen Christen verkauft.“ Da hatten schon einige Auswanderungswellen ab 1850 hiesige Juden nach Nordamerika gespült, wo sie wie Jakob Regenfuß mit Bruder und Schwager ihr Glück suchten.

Der Holocaust machte auch vor der fränkischen Provinz nicht Halt. Dass ein „unerbittliches Regime“ auch die letzten, hochbetagten Juden nicht geschont hat, erläuterte Kießling, der an einem Buch über das Thema arbeitet, anhand der beiden Schwestern Jette und Karoline Priester, die zuerst in ein jüdisches Altersheim nach Nürnberg und 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert worden waren, wo sie kurz nach der Ankunft 82- und 67-jährig starben. Es gab aber auch geradezu unglaubliche Geschichten des Überlebens. „Die mit Johann Söldenwagner verheiratete und zum Katholizismus konvertierte Jüdin Emma Wild blieb wie durch ein Wunder unversehrt.“

Der Seniorenkreis Dormitz lädt für 12. Oktober zu seiner Halbtages-Busreise in den Aischgrund ein. Ziel ist das Karpfenmuseum in Neustadt an der Aisch mit anschließender Karpfenpartie. Abfahrt ist um 13 Uhr am Feuerwehrhaus Dormitz. Kosten: 15 Euro. Anmeldung bei Edeltraud Zubrod unter Tel. (0 91 34) 15 00.

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