Mit Erlanger Bus durch die Lange Nacht der Wissenschaften

23.10.2017, 06:00 Uhr
Mit Erlanger Bus durch die Lange Nacht der Wissenschaften

© Edgar Pfrogner

Die erste Runde ist für Busfahrer Helmut Bartel immer die schwerste: Denn an diesem Samstagabend fährt er eine Tour, die mit seinen üblichen Linien in Erlangen nichts zu tun hat: "W 1 — Wissenschaften Erlangen Nord" steht auf dem Fahrzeug — und die Route führt den 59-Jährigen von der Schellingstraße durch die Innenstadt bis zum Röthelheim-Campus und dann wieder zurück zur Schellingstraße. Damit er auch keine der zahlreichen Haltestellen und kein Abbiegen verpasst, schaut er ab und zu auf ein Display, das ihn seine Stationen der Langen Nacht der Wissenschaften genau anzeigt.

Zum zweiten Mal beteiligt sich Bartel an den Sonderfahrten — und das macht er gerne. Zum einen gebe es für die Dienste Nachtzuschläge: "Es muss ja einen Unterschied machen, dass sich die einen amüsieren und die anderen arbeiten." Außerdem seien die Arbeitszeiten für ein Privatleben auch nicht gerade förderlich. Seine Ehefrau, die im Schichtdienst in der Altenpflege tätig ist, hat er an diesem Tag nur ein paar Stunden gesehen.

Aber nicht nur das Geld ist für Bartel ausschlaggebend. Auch der Dienst in dieser Nacht selbst ist für den langjährigen Berufskraftfahrer etwas Besonderes. "Die Schicht bedeutet für mich ein bisschen Abwechslung." Wobei: Eintönig, ergänzt der Beschäftigte der VAG, sei sein Beruf nie. Schließlich ist er mit dem Bus im ganzen Erlanger Stadtgebiet unterwegs.

Und aufpassen, erzählt er, müsse man in Erlangen gerade mit Blick auf Radfahrer und Fußgänger bei jeder Fahrt, egal, ob es sich um einen normalen Dienst oder die Lange Nacht der Wissenschaften handelt. Auch auf Autofahrer, die etwa wie bei dieser Fahrt unvermittelt auf der Neuen Straße wenden, muss man immer achten. Durch solche kleinen Zwischenfälle und das Aus- und Einsteigen hat er schon in der ersten Fahrt mehrere Minuten Verspätung — aber auch das ist im Erlanger Stadtverkehr nicht unüblich.

Unterschiede aber gibt es dennoch — und die macht der erfahrene Busfahrer vor allem bei seinen Kunden an diesem Abend aus: Bereits im Lauf der ersten Tour füllt sich der Bus immer mehr, mit den Programmheften in den Händen steigen die Gäste nach und nach zu und aus, nur einer fragt etwas ungehalten, welche Linie denn zum Südgelände fährt — und wann diese endlich kommt. Bartel hat den "gereizten Stimmfall" des Mannes bemerkt.

"Im Großen und Ganzen sind die Fahrgäste, die sich für die Wissenschaft interessieren, aber sehr ruhig", erzählt er. Zwar sind in dieser Nacht auch "Massen" zu transportieren, aber im Vergleich zur Bergkirchweih, bei der Kunden den Bus oft "angeheitert" betreten, sind die Frauen und Männer bei der Langen Nacht der Wissenschaften doch mehr "gesetzt". An manchen Nächten am Samstag sei man als Busfahrer schon bisweilen froh, wenn die Gäste, die etwa aus Diskotheken kommen, im Bus keinen Ärger machen und schnell wieder aussteigen. Als "so genanntes Randpublikum" bezeichnet Bartel diese Fahrgäste. "Das ist heute Nacht aber nicht unterwegs", sagt er.

Der Erlanger selbst könnte sich durchaus auch einmal vorstellen, privat zur Langen Nacht zur Wissenschaft zu gehen. "Mal schauen, wie ich in zwei Jahren Dienst habe", sagt Helmut Bartel. Vielleicht sitzt er ja dann mal nicht hinterm Steuer, sondern einfach nur im Bus.

PSo wie Fahrgast Stefan N. Der 35-Jährige ist mit seiner Begleitung am Hugenottenplatz kurz nach 18 Uhr gleich in Bartels erste Tour eingestiegen, die grüne Karte in seiner Hand. Mit dem Ticket ist er, der aus der Nähe von Forchheim stammt, auch schon mit den Öffentlichen nach Erlangen angereist: "Das Transportsystem finde ich in dieser Nacht gut", sagt er, "wenn man das alles laufen müsste, hätte man ganz schön zu tun."

Auch das Konzept gefällt Stefan N. gut, allerdings hat er auch noch einen Verbesserungsvorschlag: "Noch toller", meint er, "wäre es, wenn das Angebot nicht so sehr in die Breite, sondern mehr in die Tiefe gehen würde." Aber beides gleichzeitig kann man nicht haben.

Da Stefan N. vor allem Interesse an Technik hat, steht bei der Tour das Uni-Südgelände auf dem Programm. Seine Begleiterin aber zieht es zunächst zu der Philosophischen Fakultät — und deshalb steigen die beiden an der Hindenburgstraße aus.

Diese Haltestelle führt Besucher der Langen Nacht der Wissenschaften unter anderem in die Bismarckstraße 1. Dort sitzt Helferin Barbara Schlosser an der Abendkasse. Immer wieder beantwortet die Studentin Fragen nach Toiletten, Veranstaltungsorten, Uhrzeiten und Eintrittspreisen. Die 26-Jährige selbst studiert nicht in Erlangen, sondern Marketing an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (WiSo) der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) in Nürnberg: "Ich kenne mich in Erlangen gar nicht aus, aber ich habe zur Vorbereitung eine Einführung und einen Gebäudeplan bekommen", sagt sie.

Für ihre Arbeit erhält sie einen "kleinen Obolus". Des Geldes wegen aber allein macht sie es nicht. Sie findet die Idee gut, dass an diesem Abend ein breites Publikum, darunter auch viele Kinder, einen Einblick in die Welt der Wissenschaft bekommen. "Das ist ein tolles Event."

Schon 2015 hat Barbara Schlosser eine FAU-Veranstaltung unterstützt, damals in der Orangerie. "Es hat mir vor zwei Jahren schon sehr gefallen", erzählt sie, "und deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich gefragt wurde, ob ich wieder mitmachen will."

Die Tätigkeit macht Barbara Schlosser nicht nur Spaß, sondern bringt ihr gerade jetzt ein wenig Ablenkung — vom Schreiben ihrer Masterarbeit.

 

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