Mittelalter-Spuren auf der Baustelle in Neunkirchen

24.3.2017, 15:00 Uhr
Grabungsleiter Matthias Tschuch zeigt Fundstücke, während seine Kollegen das Erdreich untersuchen.

Grabungsleiter Matthias Tschuch zeigt Fundstücke, während seine Kollegen das Erdreich untersuchen.

Als erstes sieht man vor allem: Löffel. Weiß sind sie, aus Plastik, und über das gesamte Areal gesteckt. "Vorsicht", sagt Matthias Tschuch, "bitte nicht auf die Nägel treten." Auch Metallnägel mit rotem Kopf haben er und seine Kollegen in den Boden geklopft – wie die Löffel sind das Bodenmarkierungen, die Orientierung schaffen sollen. Orientierung aber nicht in der Hinsicht, wie hier alles bald einmal aussehen soll – das findet man auf Hochglanzbroschüren der Schultheiss Wohnbau AG, die in der Polstergasse Wohnhäuser mit Tiefgaragen errichtet.

Das Bauvorhaben muss nun aber bis voraussichtlich Anfang April ruhen: "Innerhalb der Stadtmauern ist es Auflage des Landesamtes für Denkmalpflege, dass Archäologen Ausgrabungen begleiten müssen", sagt Michael Zankl, Bauleiter des Projektes. Wenn Baudenkmäler gefunden werden, müssen diese festgehalten und dokumentiert werden. "Wir haben das Gelände frühzeitig denkmalpflegerisch untersuchen lassen, daher wird die Bauzeit nun nicht beeinträchtigt", so Zankl.

Auch Tschuch bestätigt das. Er istGrabungsleiter und ein Strahlen breitet sich über seinem Gesicht, wenn er die schmutzigen Tonscherben aus dem Eimer zieht und zeigt. "Wir vermuten, dass diese Funde aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit stammen", sagt er, also dem 14. bis 18. Jahrhundert.

Sehr viel Keramik sei dabei, Gläser, Tierknochen und sogar ein paar gut erhaltene Tongefäße, die unter Betondecke und Erdreich vergraben waren. "Die Funde erlauben uns Rückschlüsse zur Stadtgeschichte, zur Epoche, aber auch speziell zu diesem Platz: Wurde hier Gewerbe betrieben oder war das ein Privatanwesen?" Auch ein Häusergrundriss ist zu sehen, sorgfältig freigelegt und mit Löffeln und Nägeln eingegrenzt.

Doch die Bundeslade oder das Bernsteinzimmer, muss Matthias Tschuch enttäuschen, werden sie hier nicht finden: "Im Grunde sind diese Arbeiten nichts Außergewöhnliches in Neunkirchen. Der Ort hat eine lange Geschichte, und somit müssen hier archäologische Arbeiten fast bei jedem Bauvorhaben stattfinden."

Die gefundenen Gegenstände werden von einer Zeichnerin vor Ort detailgenau nachgezeichnet, gereinigt und fotografiert, dann katalogisiert. Einen Abschlussbericht muss Matthias Tschuch auch anfertigen und dann mitsamt den Fundsstücken archivieren.

Der südliche und der nördliche Teil des Grundstücks wurden bereits untersucht, nun folgt noch die Mitte. "In wenigen Wochen", sagt Matthias Tschuch, "sind wir wieder fertig."Dann wird er die Löffel einsammeln und die Nägel, und wieder Platz machen: für die Bagger.

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