Mobiler Fahrradmann in Erlangen sucht Nachfolger

20.9.2017, 11:00 Uhr
Nach 30 Jahren und unzähligen Fahrradreparaturen schließt Heiner Grillenberger seinen Fahrradstand am Erlanger Beþiktaþ-Platz und geht in den Ruhestand.

© Harald Sippel Nach 30 Jahren und unzähligen Fahrradreparaturen schließt Heiner Grillenberger seinen Fahrradstand am Erlanger Beþiktaþ-Platz und geht in den Ruhestand.

Schön eigentlich: Demnächst in Rente gehen und jetzt schon wissen, dass man vermisst wird. So ist das jedenfalls bei Heiner Grillenberger. Und es ist keinesfalls eine Übertreibung, wenn man sagt, dass der Mann mit der mobilen Fahrradwerkstatt eine Institution in Erlangen ist. Seit fast 30 Jahren — 1988 — ist der ehemalige Grünen-Stadtrat, studierte Philosoph und Politologe und passionierte Pragmatiker im Erlanger Stadtbild präsent, klappt vom Frühjahr bis zum Herbst jeden Morgen unter der Woche seine Fahrrad-Werkstatt auf dem Beþiktaþ-Platz auf und repariert Fahrräder. So, wie es eben einer Fahrrad-Stadt würdig ist.

Ob das, wenn auch nicht mit ihm, so doch mit seiner Fahrradwerkstatt, weiter geht, steht derzeit allerdings noch in den Sternen. Jedenfalls sucht Heiner Grillenberger einen Nachfolger. Dem würde er, mit einem Leasingvertrag, seine Werkstatt überlassen. Leasing über sechs Jahre hinweg - das ist die Vorstellung Grillenbergers. "Mir geht es darum, dass es weitergemacht wird", sagt er, "oder dass es an mich zurückfällt, falls jemand merkt, dass es doch nicht das Richtige ist."

Ausgeklügeltes System

Wer auch immer sich dafür interessiert, der kann jedenfalls sicher sein, dass er ein raffiniert ausgeklügeltes und gut funktionierendes System übernimmt. Bei der Fahrradwerkstatt handelt es sich um einen Anhänger, den Grillenberger an sein Rad spannt und so jeden Morgen zu seinem Standplatz kutschiert. Den Anhänger hat Grillenberger selbst gebaut, aus drei Millimeter dickem Flugzeugsperrholz, also sehr haltbar und widerstandsfähig, ebenso wie das geschweißte Dach samt der Plane, und alles ist - bis hin zur Wölbung der Verstrebungen - bis ins Detail durchdacht. Ausgestattet ist der mobile Stand mit Werkzeugkoffern und Spezialwerkzeugen.

Mit denen kann Heiner Grillenberger so gut wie alles reparieren, was an einem Rad kaputt sein kann. Welche Voraussetzungen muss man also mitbringen, um in Heiner Grillenbergers Fußstapfen zu treten? "Man muss ein guter Mechaniker sein, aber man braucht keine formale Qualifikation - muss also weder Geselle noch Meister sein - , weil der Reisegewerbeschein das nicht verlangt", erklärt er. Wo man ihn, bei Interesse, erreicht, ist jedenfalls klar: von Montag bis Donnerstag zwischen zehn und 18 Uhr und freitags von zehn bis 14 Uhr an seinem Stand auf dem Beþiktaþplatz. Hier nimmt er im Moment noch, nach seinem bewährten System, jeden Morgen Aufträge für Fahrradreparaturen an, die er dann bis zum Abend erledigt. Nach und nach schrumpft die Reihe von Reparaturfahrrädern rechts von seinem Stand immer mehr zusammen, während auf der anderen Seite die von ihm reparierten Räder zu stehen kommen. Da kommt es schon auch mal vor, dass ein Passant stehen bleibt und sagt: "Ich schau nur a weng zu", während Heiner Grillenberger gerade mit raschen, geübten Handgriffen Schläuche und Reifen bei einem Rad wechselt.

20 000 Schläuche, so schätzt Grillenberger, hat er im Lauf der Jahre gewechselt. Wenn er in knapp sieben Wochen als "mobiler Fahrradmann" aufhört, heißt das aber nicht, dass er endgültig den letzten Schlauch an den Nagel hängt. In der Fahrradwerkstatt im E-Werk, bei der er 1979 eines der Gründungsmitglieder war, wird er seiner Leidenschaft - den Rädern und dem "Basteln" - weiter frönen. "Es geht nicht, bei einem Ehrenamt in Rente zu gehen", sagt er. "So was könnte man höchstens hinschmeißen." Und das hat er auf keinen Fall vor.

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