Mut-Tour machte Station in Erlangen

23.8.2017, 11:00 Uhr
Mut-Tour machte Station in Erlangen

© Veronika Reinhold

Sophie Kant und Alex Heißenberg sind Teil der sechsköpfigen Tandemgruppe, die von Erlangen nach Leipzig fährt. Am Wochenende findet dort der vierte Deutsche Patientenkongress Depression statt. Auf ihrer Fahrt machen sie Halt in verschiedenen Städten. Dort sprechen sie über die Krankheit, von der viele der insgesamt 45 Teilnehmer betroffen sind. Die Mut-Tour steht für die Entstigmatisierung von Depressionen als Erkrankung. Seit der Gründung 2012 legten Menschen mit und ohne Depression über 22 000 Kilometer zurück — zu Fuß, mit dem Kajak oder auf dem Tandem.

Ganz bewusst entschieden sie sich gegen Fahrräder und für Tandems. "Wir machen zusammen Sport ohne Leistungsdruck und unterstützen uns gegenseitig", sagt Kant, die eine begeisterte Radfahrerin ist. Sie nimmt teil, da ihre Schwester an einer Depression erkrankt ist. Kant hatte Probleme, mit Freunden darüber zu sprechen, oft hörte sie nur: "Die soll sich zusammenreißen." Kant war schon auf der ersten Mut-Tour dabei, seit dem hat sich für sie viel verändert: Es fällt ihr jetzt leichter, über die Erkrankung zu reden. "Ich habe mich darüber schon mit Wildfremden unterhalten."

Auf ihrem Weg machen sie alles gemeinsam: fahren, kochen und zelten. Der strukturierte Ablauf ist wichtig, er hält Betroffene aufrecht. "Es gibt einem das Gefühl, dass man gebraucht wird", sagt Heißenberg. Die Depressionserfahrene nimmt dieses Jahr zum ersten Mal teil. Ihr ist es wichtig, das Thema an die Öffentlichkeit zu bringen. "Es gibt immer noch Leute, die denken, Depressionen wären ansteckend", sagt sie und schüttelt den Kopf.

 Die Schuld für Depressionen liegt nicht bei dem Betroffenen selbst. Sie sind eine ernstzunehmende Krankheit, die behandelbar ist und die behandelt werden muss. "Bei einem Beinbruch sagt auch niemand nach ein paar Tagen: Los, lauf mal wieder", so Kant.

Die Mut-Tour ist auch eine Herausforderung für die Teilnehmer. Sie kennen sich nicht und müssen die ganze Zeit zusammen sein. "Jeder muss sich anpassen", sagt Heißenberg. Sie stellte sich zu Beginn die Frage: Wie stark bin ich? Einmal kam sie an ihre Grenzen, das Thema ging ihr zu nah. Sie zog sich einen Tag lang zurück, die anderen übernahmen ihre Interviews. Hier achten alle aufeinander und nehmen Rücksicht. Heißenberg ist sich sicher: "Die Mut-Tour ist ein Beispiel, wie es in der Gesellschaft laufen könnte."

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