Neunkirchen: Archiv in der Aussegnungshalle

5.2.2015, 10:28 Uhr
Neunkirchen: Archiv in der Aussegnungshalle

© Foto: Ralf Rödel

So ungeschminkt schilderte Gabriele Braun, geschäftsleitende Beamtin im Rathaus, in einer Sitzungsvorlage die Situation. Der Lagebericht wurde für die Mitglieder des Gemeinderatsausschusses für Wirtschaftsförderung, Sport und Kultur gefertigt, der sich mit dieser Unkultur der Archivführung kürzlich beschäftigte.

Vermutlich wurde das versteckte Archiv auch deshalb aus seinem Schlummer geweckt, weil in der Aussegnungshalle zwei weitere Räume für die Aktenberge frei wurden. Die Kirchenstiftung gab einen Raum des Friedhofsgebäudes, zurück, in dem sie ausgegrabene Gebeine und archäologische Fundstücke aufbewahrt hatte, und auch die Ebersbacher Blaskapelle gab ihr Domizil im Dachgeschoss der Aussegnungshalle auf.

Keine Arbeitsmöglichkeit

Das schuf zusätzlich Platz für das Gemeindearchiv, löst aber nicht das Problem mit der abseitigen Lage und dem Rückstand bei der Archivierung. Da das Gebäude auf dem Friedhof keine Arbeitsmöglichkeit bietet, wurden von Bürgern angeforderte, ältere Akten von Angestellten zur Sichtung ins Rathaus gebracht; bei größeren Posten von Forschungsunterlagen übernahm der Bauhof den Transport.

Der Leiter des Kulturamts am Landratsamt Forchheim, den die Kommune neben anderen um Rat fragte, befürwortet den Zugang für jedermann zu Gemeindearchiven und hält dazu die Aussegnungshalle für wenig geeignet. Er schlug eine Rückholung der Akten ins Neunkirchener Rathaus vor. Dort und im näheren Umfeld will man nun nach Unterbringungsmöglichkeiten suchen. Es fehlt aber noch eine Arbeitskraft. Die Gemeindeverwaltung verweist hier einmal mehr auf Personalmangel, wenngleich sie meint, dass eventuell schon zwei Tage im Monat für die Archivpflege ausreichen dürften. Eine studentische Hilfskraft, möglichst aus dem Bereich Geschichtswissenschaft, könnte dies auf Honorarbasis übernehmen.

Gefunden ist die Person aber noch nicht, die dann auch sieben Jahre Akten nachsortieren muss (Letzteres bei Ablauf der Aufbewahrungsfrist von historisch wertloseren Unterlagen).

Archivpflege fällt auch in den Aufgabenbereich des ehrenamtlichen Ortsheimatpflegers, findet die Gemeindeverwaltung. Dieser Posten ist vakant, seitdem der letzte Amtsträger Friedrich Ritter im Herbst 2013 nach nur einjähriger Tätigkeit das Handtuch warf. Er fühlte sich ( speziell von einem Ortsverein) völlig überzogen kritisiert und Beeinflussungsversuchen ausgesetzt.

Noch immer ist Bürgermeister Heinz Richter auf der Suche nach einem Nachfolger für den Heimatpfleger. Eine große Lösung für die Archivarbeit wie zwischen 1992 und 1997 strebt man im Rathaus nämlich nicht mehr an: Damals hatte ein Fachmann in 1850 Arbeitsstunden das Archiv neu ordnen müssen, wofür knapp 64 000 Euro (seinerzeit 125 000 DM) Kosten anfielen.

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