Neunkirchen: Pfarrei gerät zum Büchereimuffel

25.11.2016, 15:30 Uhr
Neunkirchen:  Pfarrei gerät zum Büchereimuffel

© Foto: Harald Hofmann

Die Marktbücherei St. Michael wurde 1965 vom damaligen Pfarrer Matthäus Schmidtlein ins Leben gerufen, zunächst unter kirchlicher Regie. Ab 1979 wurde sie dann gemeinsam von Pfarrei und politischer Gemeinde betrieben.

Im Jahr 2001 errichtete man das heutige Bibliotheksgebäude neben dem Zehntspeicher. Die Baukosten von 600 000 Euro trug die Kommune; das Grundstück stellte die Erzbischöfliche Seminarstiftung der Marktgemeinde im Rahmen eines Erbbaurechts zur Verfügung, für das die Kommune kräftige Zinszahlungen leistet.

In der Lückenbüßerrolle

Wie mehrfach berichtet, hatte die Katholische Kirchenstiftung im September 2015 die Büchereivereinbarung zum Jahresende 2016 gekündigt. Nachdem kein Sinneswandel eintrat, beschäftigte sich nun der Gemeinderat mit der Abwicklung. Für die Marktgemeinde wird der Ausstieg des Partners ein teurer Spaß.

Laut Haushaltsplan fallen in diesem Jahr für die Bücherei 95 000 Euro Ausgaben an, denen nur 25 000 Euro an Einnahmen gegenüberstehen. Die Deckungslücke von 70 000 Euro, welche wie immer die Gemeinde schließt, wird nach dem Abgang des klerikalen Partners im Jahr 2017 um fast 10 000 Euro steigen. Er steuerte bislang 6000 Euro zu den Betriebskosten und 2000 Euro zur Medienbeschaffung bei.

Laut einer Abmachung gab es zudem auf den vereinbarten Erbbauzins von 5575 Euro im Jahr einen Rabatt von 33 Prozent für die Gemeinde. Dieses Zugeständnis wurde unter der Voraussetzung der kirchlichen Mitträgerschaft der Bücherei getroffen. Mit der Kündigung spart die Kirche nicht nur 8000 Euro an Beiträgen ein, sondern kassiert auch 1858 Euro mehr an Erbbauzins vom Markt.

Die allgemeine Verärgerung über den Rückzug der Pfarrei aus dem Büchereibündnis sei berechtigt, betonte CSU-Fraktionschef Martin Walz. Anton Spatz (SPD) meinte, es sei nicht nachzuvollziehen, dass die Kommune dafür geradestehen müsse, dass sich die Kirchenstiftung offenbar verkalkuliert habe. Er bezog sich dabei auf eine Veröffentlichung im „Pfarrbrief“, die besagt, dass „bei einer betriebswirtschaftlichen Auswertung ein erhebliches jährliches Haushaltsdefizit in der Kirchenstiftung Neunkirchen festgestellt“ wurde. Nun sei die „Steigerung von Einnahmen und Senkung von Kosten“ angesagt, so das Kirchenblatt.

Angesichts der großen Resonanz in der Bevölkerung (2000 eingetragene Büchereinutzer, 18 000 Besucher und zirka 100 000 Ausleihen pro Jahr) beschloss der Gemeinderat den Bibliotheksbetrieb uneingeschränkt allein aufrechtzuerhalten. Auf Wunsch der Gemeindeverwaltung und von Büchereileiterin Gabriele Bail und der 20 ehrenamtlichen Helfer wird man weiter Partner des Michaelbundes, des Dachverbandes katholischer Büchereien bleiben.

Gemeinderat Spatz hätte angesichts der neuen Situation am liebsten „Sankt Michael“ aus dem Bücherei-namen gestrichen. Der Kirchenheilige steht aber nicht allein für die Pfarrei, sondern ist auch im Gemeindewappen verewigt. Die Rathausverwaltung hatte begütigend darauf hingewiesen.

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