OB und Uni-Präsident verteidigen geplanten TechFak-Umzug

25.5.2015, 06:00 Uhr
OB und Uni-Präsident verteidigen geplanten TechFak-Umzug

© Harald Sippel

Herr Janik, Sie sind 35 geworden und Sie, Herr Hornegger, sind 47. Sie beide bilden ein junges Team. Arbeitet es sich da einfacher zusammen?

Joachim Hornegger: Ich würde es nicht am Alter festmachen, ich hätte mir auch sehr gut vorstellen können, mit Herrn Balleis weiter zu arbeiten. Herr Janik und ich verstehen uns blendend. Ich glaube, unsere Visionen und Ziele sind im Einklang und ich rechne fest damit, dass wir Universität und Stadt gemeinsam hervorragend weiter entwickeln können.

Florian Janik: Es hilft natürlich, wenn man sich jenseits von Inhalten persönlich in ähnlichen Lebenssituationen befindet und weiß, wie es ist, wenn man sich täglich der Herausforderung stellt, Familie und Kinder in so einer verantwortungsvollen Position unter einen Hut zu bekommen. Das hilft und schafft eine Ebene des Verständnisses. Wir haben bei unserem ersten Treffen nicht lange gebraucht, um eine gemeinsame Basis zu finden.

Am Umzug weiter Teile der Ingenieurswissenschaften gibt es viel Kritik, auch an Ihnen persönlich, Herr Janik. Manch einer wirft Ihnen vor, Sie würden die Interessen der Stadt zu wenig berücksichtigen.

Janik: Klar kann man in fränkischer Art, immer herumnörgeln. Was man dann übersieht: Beim Thema Wissenschaft geht in Erlangen die Post ab. Viele registrieren noch nicht, was in der Stadt passiert. Wir haben das erste Max-Planck-Institut noch nicht fertiggestellt, da werden die Pläne für ein Max-Planck-Zentrum konkreter. Beide Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft bauen aus und am Siemens-Campus entstehen neben Siemens-Gebäuden viele Einrichtungen, auch in Verbindung mit der Technischen Fakultät. Und in der Innenstadt werden wir im Himbeerpalast ein kulturelles Zentrum bekommen.

So überwiegen für Sie die Vorteile?

Janik: Ja. Die Möglichkeit, die die FAU hat, Räume zu schaffen und sich zu entwickeln, müssen wir aus Interesse für die Stadt und die Region nutzen und voranbringen. Ich sehe es als Riesenchance, dass die Universität auf Ausbau und Stärkung setzt.

Dennoch wird Kaufkraft, gerade durch die Verlagerung von Siemens, im Zentrum verloren gehen.

Janik: Ohne den geplanten Umzug der Philosophischen Fakultät würden wir als Stadt vor der großen Frage stehen: Wie können wir das Gebiet entwickeln? Mit dem Pflock, den die Universität einrammt, wissen wir, dass sich dort etwas Tolles entwickeln wird. Rund um die Philosophische Fakultät wird es für viele Firmen und Bürger hoch attraktiv sein, sich anzusiedeln, weil dort, wo Universität ist, auch Leben einkehrt, das den Charakter eines Viertels positiv prägt. Wir haben bereits erste Anfragen von Unternehmen, die sich ansiedeln wollen.

Auch das Südgelände wird durch die Verlagerung an Prestige verlieren.

Janik: Das sehe ich nicht. Das Exzellenzcluster, das auf dem Südgelände unter anderem mit den Naturwissenschaften und der Chemie besteht und dort auch bleibt, ist ebenfalls innovativ und dynamisch. Auch daraus gründen sich viele Unternehmen. Ich kann es nur wiederholen: In Erlangen geht gerade die Post ab — für die Stadt und die ganze Region.

Hornegger: Genau. Wir sehen die ganze Umzugsthematik der FAU nicht als eine Aktion, bei der wir etwas von einem Eimer in einen anderen kippen. Vielmehr verteilen wir es, stellen uns neu auf und wollen so die Veränderungen nutzen, um einen Entwicklungsschub in Gang zu setzen.

Der Schub dürfte in Nürnberg groß sein. Denn der größte Teil der Technischen Fakultät zieht in die Noris.

Hornegger: Mir fällt an der aktuellen Debatte auf, dass sie sich immer um die momentanen Zahlen dreht. Das kann man machen, es spiegelt aber nicht die Realität wider. Seit dem Jahr 2000 hat sich allein die Zahl der Studierenden der Technischen Fakultät von 5000 auf 10.000 verdoppelt. Die genannten Größenordnungen werden sich bis 2030 verändern und die Universität wird sich weiterentwickeln. Ich warne deshalb davor, das Spiel zu spielen: Das ist der Ist-Stand, jetzt wird so und so aufgeteilt und damit haben wir hier die Gewinner und dort die Verlierer.

Aber Tatsache ist doch, dass Erlangen Studierende verliert.

Hornegger: Fakt ist, dass unsere Pläne vorsehen, eine bis zum Umzug und darüber hinaus wachsende TechFak zu einigermaßen gleichmäßigen Teilen auf beide Standorte zu verteilen — unter den wichtigen Gesichtspunkten der Steigerung von Synergien zur Erweiterung unseres wissenschaftlichen Potenzials und der Studierbarkeit unseres Fächerangebots.

Aber können Sie verstehen, wenn hier Befürchtungen laut werden, dass begehrte Hochschulabsolventen künftig in Nürnberg sitzen und in Erlangen — in Anführungszeichen — nur noch die Geisteswissenschaften.

Hornegger: Das kann ich so in der Form nicht sehen und würde mich auch vehement dagegen wehren. So ist, neben den Themen Optik und Neue Materialien sowie der sehr renommierten Chemie, die Medizintechnik in Erlangen verankert und greift auch auf philosophische Fragen rund um diese Themen zu.

OB und Uni-Präsident verteidigen geplanten TechFak-Umzug

Kommen auch Geisteswissenschaftler auf das AEG-Gelände?

Hornegger: Ja, wir werden dort einen Lehrstuhl der Philosophischen Fakultät sowie Lehrstühle der Wirtschaftswissenschaften verorten. Unsere Stärke im Bereich der Technik-Forschung ist nicht, dass wir uns auf ein technisches Detail konzentrieren. Vielmehr besteht sie darin, dass wir einen breiten Bogen über alle Aspekte eines Themas spannen. Das kann nur eine Voll-Universität leisten.

Lässt sich der Bogen auch räumlich verstehen, nämlich als Ausbau der Universität über die gesamte Region?

Hornegger: Wir als Universität denken nicht in Stadtgrenzen. Wir haben unsere wissenschaftlichen Ziele und unsere internationale Profilierung im Hinterkopf und streben danach, unsere Ziele mit den Möglichkeiten in der Metropolregion am besten zu erreichen.

Janik: Wir Kommunen und Landkreise feiern in diesen Tagen zehn Jahre Metropolregion. Im vergangenen Jahrzehnt haben wir gelernt, dass wir als Region gemeinsam gewinnen oder einzeln verlieren können. An vielen Stellen sind wir auf dem Weg, gemeinsam zu gewinnen. Mit dem Ausbau der FAU wollen wir unsere Uni in Bayern neben München etablieren und langfristig auch auf internationaler Ebene mehr wahrgenommen werden. Davon profitiert die Uni, aber auch unsere Stadt und die ganze Region.

Bayerns Finanzminister, der Nürnberger CSU-Abgeordnete Markus Söder deklariert den Umzug als eindeutigen Gewinn für seine Heimatstadt.

Janik: Wenn mancher seinen Funkturm immer noch eng im Blick hat, dann sei ihm das gegönnt. Ich habe meine Kirchtürme auch sehr eng im Blick, aber ich kann auch über sie hinausgucken.

Braucht die Region mit ihren zunehmenden Uni-Standorten zum Zusammenwachsen ein anderes Nahverkehrssystem?

Hornegger: Ja, natürlich. Bei unseren Umgestaltungen nehmen die öffentlichen Verkehrsmittel einen zentralen Punkt ein: eine optimale Anbindung des AEG-Geländes und der anderen Standorten an Erlangen ist eine unerlässliche Rahmenbedingung für den Umzug. Die Verbindungen sind im Moment hierfür nicht ausreichend. Das ist eine Forderung, die wir an die Politik richten: Die Studierenden sowie die Wissenschaftler auf AEG müssen für ihre Forschungsarbeiten und die Zusammenarbeit mit Firmen und Forschern leicht nach Erlangen kommen können.

Sind Änderungen der Umzugspläne noch möglich?

Hornegger: Wir reden ja von einem Zeitraum, der die nächsten 20, 30 Jahre betrifft. Wir sind in einer aktiven Diskussion, haben seitens der Universitätsleitung noch keine Beschlüsse gefasst und auch noch keine definitiven Entscheidungen an die Politik weitergegeben. Wir treffen die Entscheidungen nach klaren wissenschaftlichen und lehrorientierten Kriterien.

Und was wird die Stadt tun?

Janik: Wir werden darauf achten, dass gerade im neuen Konzept die Verknüpfungen zwischen Uni, Wirtschaft und Forschungseinrichtungen in Erlangen gehalten und gestärkt werden – und dass nach dem Umzug der Geisteswissenschaften rund um die Kochstraße keine Brachfläche entsteht.

Was soll mit dem Gelände rund um die Philosophische Fakultät denn werden?

Hornegger: Für uns als Universität ist die Nähe zum Klinikum ein großes Pfund. Wir würden uns gerne auf dem Gelände in der medizinischen und interdisziplinären Forschung weiterentwickeln. Wir werden sehen, inwieweit wir die Landesregierung von unseren Ideen überzeugen können.

Janik: Das werden wir zusammenbringen mit anderen Überlegungen, die vom Uniklinikum ebenfalls an die Stadt herangetragen werden, zum Beispiel Wohnraum für Schwesternwohnheime. Um das bewerkstelligen zu können, muss in erster Linie der Freistaat Bayern als Grundeigentümer handeln. Als Stadt liegt uns allen daran, eine längerfristige Brache an dieser Stelle zu vermeiden.

Ist dort nicht auch Platz für sozialen Wohnraum?

Janik: Wenn wir dort Klinikpersonal unterbringen, geht es genau in die Richtung, auch sozialen Wohnraum zu schaffen. Aber ich glaube, der Mix aus Gebäuden von Universität und Klinikum macht es aus. Wenn diese Baupläne noch mit Wohnmöglichkeiten für die Beschäftigten verbunden werden, wäre das für den Teil der Stadt eine großartige Entwicklung.

Verwandte Themen


9 Kommentare