Personen statt Parolen beim Erlanger Plakat-Wahlkampf

31.8.2013, 12:07 Uhr
Personen statt Parolen beim Erlanger Plakat-Wahlkampf

© Bernd Böhner

Es sind die Kreuzungen, auf die es die Parteien abgesehen haben. Ob schwarz, rot, grün oder gelb, ob Volkspartei oder Splittergruppe — an all jenen Punkten, an denen Querstraßen auf die Fußgängerzone treffen, buhlen die Wahlkämpfer mit Vorliebe um die Aufmerksamkeit der Stimmberechtigten. „Genug gelabert!“, findet Die Linke an der Ecke Haupt-/Heuwaagstraße und fordert in dicken schwarzen Lettern vor weißem Hintergrund „10 Euro Mindestlohn jetzt.“ An anderer Stelle proklamiert die Partei am Rande der Flaniermeile „Nein zur Armutsrente!“ Mit ihrer an Boulevardjournalismus erinnernden Kampagne, die bisher kaum auf örtliche Aspekte oder Erlanger Kandidaten abgestimmt ist, hebt sich die Linkspartei am deutlichsten von ihren Mitbewerbern ab — und das nicht nur in Stil, Sprache und Form.

Zugkraft der Mandatsträger

Personen statt Parolen beim Erlanger Plakat-Wahlkampf

© Waltert

Parolen statt Personen scheint die Strategie der Linken zu sein. Das ist im laufenden Wahlkampf eher die Ausnahme. Beispiel CSU und SPD: Diese setzen bislang allein auf die Zugkraft ihrer Kandidaten, die meist Mandatsträger sind, die wiedergewählt werden wollen. Einen auffälligen Unterschied gibt es im schwarzen und roten Wahlkampf dennoch: Die Sozialdemokraten fahren eine Zweitstimmenkampagne. So bittet die Direktkandidatin in der Stadt auf manchen Plakaten um die Zweitstimme der Wähler für den Kandidaten im Kreis.

Personen statt Parolen beim Erlanger Plakat-Wahlkampf

„Abgesehen von kleineren eigenen Details ist die örtliche Kampagne mit der großen CSU-Linie abgestimmt“, erläutert Michael Zuber, Pressesprecher der Christsozialen in Erlangen. Die Kandidaten kümmerten sich weitgehend selbst um ihren Wahlkampf. Ähnlich läuft es bei den Genossen. „Wir wollten nicht durch lokale Akzente den Gesamteindruck der Kampagne verwässern“, sagt Dieter Rosner, Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes. Einzige Ausnahme: Flyer für die Infostände gestalteten die Erlanger selbst.

Einen anderen Ansatz wählte die FDP. „Wir haben in enger Abstimmung zwischen Kreisverband, Vorstand und Kandidaten das Plakat-Motiv selbst erstellt“, berichtet Landtagskandidat Helmut Schallock. Geholfen hat wie bei CSU und Grünen eine Agentur. Entstanden ist das liberale „Fünf für Erlangen“-Plakat, das alle fünf Kandidaten für Landtags-, Bezirks- und Bundestagswahl zusammen vor dem Erlanger Schloss zeigt.

Garniert werden die Kopfplakate — unabhängig von der Couleur — mit Parteilogo und Verweis auf die Internet-Präsenz. Durch die Web-Adresse wird teils zusätzlich Inhalt transportiert, etwa bei CSU (www.fuer-ER.de) oder Grünen (gruene.de/gerecht).

Analog zum Strom der Passanten wird der Schilderwald im Zentrum Richtung Süden dichter. Vor allem zwischen Besiktas- und Rathausplatz ballt sich die Wahlwerbung. An jener zentralen Stelle, an der nicht nur Passanten und Radler unterwegs sind, sondern auch Busfahrgäste und Autofahrer, sind CSU und SPD präsent, Grüne und FDP, Die Linke, Piraten, ÖDP und sogar die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands.

In der Regel auf Kleinflächenplakaten, die auf Dreiecksständern kleben, werben im Zentrum Parteien und Kandidaten für sich, für das Kreuzchen der Wähler und — wenn auch dieses Mal in etlichen Fällen zurückhaltend — für ihre Ideen und politischen Ziele.

Programmatische Punkte finden sich momentan weder auf den Plakaten von Christsozialen noch von Sozialdemokraten. Doch SPD-Mann Rosner kündigt an: „Unsere Themenplakate kommen noch.“ Auch andere Parteien, etwa die Grünen („Erst zwei Wochen vor der Wahl werden wir richtig sichtbar sein“) und die Liberalen, werden in den nächsten Tagen mit dem Umplakatieren beginnen.

Köpfe, Tipps und Slogans

Auf eine Mischung aus Köpfen, Veranstaltungstipps und Themen setzen im Herzen Erlangens derzeit die Piraten („Mehr Internet“, „Bedingungsloses Grundeinkommen“), Bündnis 90/Die Grünen („Für Schulen mit Freude“, „Mittelfranken: sozial, gerecht, vielfältig“) und die FDP („Familie. Arbeit. Bürgerrechte“). Die ÖDP belässt es bei Slogans („Bayerns wirksamste Oppositionspartei“).

„Wir wollen über die Plakate punkten und thematisch präsent sein“, sagt Florian Bailey, der den grünen Wahlkampf in Erlangen und Umgebung koordiniert. Dieses Mal gehe es — „für die Grünen untypisch“ — dennoch sehr personalisiert zu.

Die landesweite „Und-Du?“-Kampagne, die bezahlbare Mieten, Energiewende oder Chancengleichheit thematisiert, findet zwar auch in Bayerns kleinster Großstadt ihren Widerhall. Doch die örtlichen Wahlkämpfer waren mit dem bundesweit vertriebenen Material „nicht sonderlich zufrieden“.

Daher erstellten sie selbst Plakate für die Erlanger Kandidatinnen. Auch ein Spot wurde produziert, der im Kino an der Bleiche zu sehen war.

Und nach den Wahlen? Werden — ganz offiziell — von den Parteien „Störer“ auf die Plakate geklebt, jene auffälligen Danke-Sticker — falls es Anlass für Dank an die Wähler gibt.

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