Poetenfest: Laue Debatten zu heißen Eisen

31.8.2015, 15:00 Uhr
Poetenfest: Laue Debatten zu heißen Eisen

© Athina Tsimplostefanaki

Seltsam unengaggiert und wortkarg zeigte sich bei dem Gespräch über den Koran („Über Gewalt und Islam“) ausgerechnet der Erlanger „Lokalmatador“, der Orientalist Hartmut Bobzin. Er, der vor einigen Jahren eine vielgelobte Koran-Neuübersetzung – die „maßgebliche Standardübersetzung“, wie Moderator Wilfried F. Schoeller gar sagte – vorlegte, wollte sich nicht zum Thema verhalten und verwies lieber auf ein zu erwartendes Ergänzungswerk aus eigener Feder, in der er alle Fragen zum Gewaltpotential des heiligen Buchs des Islam beantworten werde.

Da war der Bamberger Islamwissenschaftler Patrick Franke weit weniger zugeknöpft. Er wies auf die Widersprüchlichkeit des Koran hin, der als Sammlung von Weisungen, Sprüchen und Geschichten sehr heterogen sei – „viele beziehen sich auf ihn, aber die wenigsten kennen ihn“, wie sein Erlanger Kollege Hartmut Bobzin zwar etwas orakelhaft ausdrückte, den Beleg dafür aber nicht herausrücken wollte.

Von Franke erfuhr das Publikum dann wenigstens (die nicht ganz neue Einsicht), dass es eigentlich zwei Koranteile gebe – einen „friedfertigen“, der im ruhigen Mekka entstanden sei, und einen rabiaten, der die kriegerische Atmosphäre im umkämpften Medina atme und voller Gewaltanweisungen sei.

Für den ehemaligen ARD-Nordafrika-Korrepondenten Samuel Schirmbeck wenig überraschend. Er habe den Koran nach der Eröffnung seines Büros in Algier aufmerksam gelesen, um sich ein Bild der geistigen Verfassung seiner Umgebung machen zu können.

Dabei habe er festgestellt, dass das Buch vor Dichotomien („Es gibt nur gut und böse, gläubig und ungläubig“) nur so strotze, ohne jemals die Kriterien für seine Urteile offenzulegen. Seine Folgerung: Die Muslime wären unerträglich, wenn sie sich ausschließlich nach den Buchstaben des Koran verhielten.

Für den Erlanger Orientalisten Bobzin entwickelt sich dabei eine fatale Dialektik: Das ständige Gefühl des Herabgesetzt-Seins weiche zunehmend einem Gefühl des Überlegen-Seins als eine Art Rache für den erlebten Kolonialismus. Wenn der (christliche) Westen – wie der Bamberger Islamwissenschaftler Franke fordert – Brücken bauen wolle zu den Autoritäten eines friedfertigen Islam, komme man auch am Schulfach Islam in Deutschland nicht vorbei, wie Bobzin überzeugt ist.

Für den ehemaligen ARD-Mann Schirmbeck ist das alles verharmlosend: Der Koran liefere den verstocktesten und reaktionärsten Muslimen die Munition gegen den Westen.

*„Die große Geldkrise“ nannte sich ein recht kurzweiliges, jedoch wenig ergiebiges Gespräch des klugen Florian Felix Weyh mit dem Kulturtheoretiker Martin Burkhardt und dem Dramatiker Ulf Schmidt über Genese und Zukunft des Geldes. Dabei zeigte sich, dass es sich umso freier fabulieren lässt, je weniger man am Thema ist. Und ohne den Moderator hätte man nicht erfahren, was denn das Giralgeld mit der Wirklichkeit zu tun hat. Dennoch: Trotz riesiger Umlaufsummen ein preiswerter Spaß.

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