So reagieren Unternehmen in Erlangen auf die WM

27.6.2018, 06:00 Uhr
So reagieren Unternehmen in Erlangen auf die WM

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Thomas Pickel hofft natürlich gleich auf den nächsten deutschen Sieg: "Jetzt", sagt das Vorstandsmitglied der Erlanger Sparkasse, "sollte dieser späte Treffer doch Aufwind geben." Wie auch immer es kommen wird am Mittwochnachmittag um 16 Uhr – einige seiner Mitarbeiter werden das letzte, entscheidende WM-Gruppenspiel der deutschen Mannschaft nicht live verfolgen können. "Einige Kollegen haben leider Pech", sagt Pickel, "Fernsehschauen oder andere Medien zu verfolgen ist während der Dienstzeit bei uns nicht möglich." Das Kundengeschäft geht vor, das ist immer so, wenn WM-Spiele während der Öffnungszeiten stattfinden.

"Ich gehe aber davon aus, dass sich Kollegen, die das Spiel unbedingt sehen möchten, mit denen absprechen, die nicht so viel Wert darauf legen. Dann kann man die Schichten vielleicht tauschen", so Pickel. Im Fußballtrikot in der Arbeit erscheinen darf man aber in der Bank deshalb nicht: "Die Kleidung muss bei uns dem einer Bankkauffrau oder eines Bankkaufmannes gemäß sein." Also: seriös, es geht ja schließlich um Finanzgeschäfte. "Wenn man nach der Arbeit direkt weiter zum Public Viewing geht, sollte man sich besser umziehen", sagt Thomas Pickel. "Ein Trikot über dem Anzug ist doch etwas unbequem."

Ganz anders bei Rehau in Eltersdorf, hier sind die gut 400 Mitarbeiter sogar dazu aufgerufen, im Fan-Outfit am Mittwoch zur Arbeit zu erscheinen. Ab 16 Uhr wird im großen Schulungsraum dann gemeinsam Fußball geguckt: "Wir haben bewusst vor Monaten unser Sommerfest auf diesen Mittwoch gelegt", sagt Larissa Pelz, die sich auch um die Auszubildenden kümmert. "Das Fest arrangieren jedes Jahr die Azubis im ersten Lehrjahr, da kam uns die Idee mit der WM."

Acht angehende Bürokauffrauen und -männer haben nun eine kleine betriebsinterne Fanmeile organisiert mit Foodtrucks, Getränkestand und dem Höhepunkt, dem Fußballschauen. "Zum Teambuilding nutzen wir EM und WM immer mal wieder, in den vergangenen Jahren waren ganze Abteilungen zusammen im Schulungsraum und haben sich Spiele angesehen."

Klar, dass auch die Geschäftsführung fußballverrückt ist, immerhin hat das Unternehmen acht von zwölf WM-Stadien mit Rasenheizung ausgestattet (wir berichteten). Mitarbeiter aus Südkorea haben sie in Eltersdorf derzeit nicht — "schade", findet Larissa Pelz, "das wäre bestimmt witzig."

"Nur als Weltmeister"

Siemens ist der größte Arbeitgeber in Erlangen – und hat offenbar ein Herz für seine Fußballfans. "Wir stempeln aus", sagt Heiko Jahr, Sprecher der Healthineers, "dann ist das Spiel Freizeitvergnügen. Als Arbeitszeit anrechnen darf sich das niemand." Also sollen die Kollegen in den Büros vorplanen, wichtige Aufgaben wegarbeiten – damit sie etwas früher Schluss machen können am Mittwoch. "Wir haben ein Gespräch mit dem Personalrat geführt, der schlug diese Lösung vor, dass sich jeder je nach Fußballinteresse das selbst organisieren kann."

So reagieren Unternehmen in Erlangen auf die WM

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Im Werk wiederum ist es nicht so einfach, dort herrscht Schichtbetrieb. "Aber auch hier kann man mit den Vorgesetzten und Schichtleitern sprechen und je nach Lage wird entschieden, ob sich der Mitarbeiter das Spiel ansehen kann oder nicht", so Jahr.

Einen Bereich, in dem Fernseher stehen oder gar ein Public Viewing angeboten wird, gibt es bei den Healthineers aber nicht. "Wir haben viele Mitarbeiter aus allerlei Ländern – da könnten wir nicht nur die Deutschen Spiele anbieten. Da fanden wir es besser, das so zu lösen, wie wir es lösen."

Im Büro darf dazu jeder tragen, was er möchte – auch Fußballtrikots, "wenn nicht gerade ein Vorstandsmeeting oder Kundenkontakt geplant ist", sagt Heiko Jahr. Er selbst verspricht am Arbeitsplatz einen Tag ins Deutschland-Trikot zu schlüpfen: "Aber nur, wenn wir Weltmeister werden."

Dass das Spiel an einem Mittwoch stattfindet ist für die Stadtverwaltung Erlangen ein Glücksfall: "Die Bürgerdienste enden um 12 Uhr, Kernzeit, also Anwesenheitspflicht sozusagen, ist bis 15.30 Uhr", sagt Christofer Zwanzig, Pressesprecher der Stadt. Trikots dürften im Rathaus auch im Bürgerkontakt getragen werden – hier gibt es kaum Vorschriften wie beim Standesamt – es sei denn, Braut und Bräutigam wünschen das, weil sie selbst Fußballfans sind.

Wenn Stadtratssitzungen auf WM-Spiele fallen, gehen die Sitzungen vor, sagt Zwanzig. Allerdings hat man sich in der Vergangenheit schon darauf verständigt, nach Sitzungsende gemeinsam zu Ende zu gucken. Fraktionsübergreifendes Public Viewing, sozusagen.

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