So verbrachten die Erlanger Kandidaten den Wahlsonntag

24.9.2017, 18:05 Uhr
So verbrachten die Erlanger Kandidaten den Wahlsonntag

© Klaus-Dieter Schreiter

Zwei Monate unbezahlter Urlaub liegen hinter Helmut Wening. Da der Direktkandidat für Bündnis 90/Die Grünen im Broterwerb Polizeibeamter ist, wurde er für den Wahlkampf beurlaubt — bis zum Samstag, 23. September. Und nun, am Wahlsonntag, tritt der 59-Jährige nach seiner kurzen Freistellung seinen Dienst in der Polizeiinspektion Erlangen-Land in Uttenreuth wieder an. "Das macht mir nichts aus", sagt der frühere Stadtrat, der im Juli 2016 seinen Sitz in dem Gremium abgegeben hatte. Im Lauf seiner fast 40-jährigen Dienstzeit hat er schon viele Wahlsonntage erlebt — und bei der ein oder anderen war er sogar, so wie dieses Mal, selbst auf der Liste gestanden.

Außerdem sind die Sonntage meist recht ruhig, das Telefon klingelt seltener und im Büro sind auch weniger Kollegen anwesend. "Da kommt man auch dazu, sich um die Schreibarbeiten zu kümmern", erzählt Wening. Um zwölf Uhr Mittag ist Dienstbeginn auf der Wache: In den ersten vier Stunden fährt das Mitglied der Dienstgruppe B mit einem Kollegen zunächst einmal bis 16 Uhr Streife, danach stehen Büro- und Papierarbeiten an - bis 17.30 Uhr.

Denn am Tag der Bundestagswahl macht er eine Stunde früher Schluss als üblich — um rechtzeitig im Erlanger Rathaus zu sein. Dort werden ab 18 Uhr die ersten Wahlergebnisse gezeigt. Um 22 Uhr will Wening spätestens im Bett sein. Denn um 6.30 Uhr beginnt am Montag bereits sein nächster Dienst, egal, wie die Wahl ausgehen wird.

(Fast) ganz privat

Anders als Helmut Wening, der an diesem Wahlsonntag mit der Arbeit wieder richtig loslegt, verbringen die meisten anderen Direktkandidaten des Wahlkreises 242, zu dem das Erlanger Stadtgebiet und der Landkreis gehören, den Tag (fast) ganz privat. Britta Dassler, die für die FDP ins Rennen geht, hat um die Mittagszeit bereits im Wahllokal ihre Stimme abgegeben und danach ausgiebig mit der Familie in Erlangen gefrühstückt. Den Nachmittag über verbringt sie in Herzogenaurach: "Dann will ich ein bisschen von den Sachen erledigen, die die vergangenen Wochen über liegen geblieben sind."

Anton Salzbrunn, der Direktkandidat der Linken, lässt den Tag ebenfalls ruhig angehen. Womöglich geht er nach der Stimmabgabe am Nachmittag spazieren oder bleibt auf dem Sofa zu Hause: "Ich versuche, etwas zu entspannen", sagt er — bis auch er am Abend die Ergebnisse im Rathaus verfolgt.

Martina Stamm-Fibich, die in der vergangenen Legislaturperiode bereits den Wahlkreis Erlangen in Berlin vertreten hat und wieder für die SPD antritt, kann am Besten in der Küche abschalten. Kein Wunder, dass sie am Sonntagmorgen bereits einen Kuchen gebacken und danach beim Tag der offenen Tür der Erlanger Feuerwehr übergeben hat. Auch sie sagt: "Ich versuche, möglichst ruhig zu bleiben, aber die Anspannung ist schon sehr groß."

"Gar net nervös"

Christian Enz ist hingegen "gar net nervös" in den Wahlsonntag gegangen. Dem Kandidaten der Freien Wähler (FW) Bayern war immer klar gewesen, dass seine Gruppierung die Fünf-Prozent-Hürde wohl kaum werde überspringen können. Der Höchstadter hat schon vor dem Wochenende der Entscheidung für seine Kandidatur das Resümee gezogen: Die Freien Wähler hätten dadurch ihre Themen so platzieren können, dass darüber geredet worden sei. Also, meint Enz, sei er relativ entspannt.

Relativ. Denn da ist ja noch die Möglichkeit, mit drei Direktmandaten die Fünf-Prozent-Schranke zu unterlaufen. Und es gibt den Freien-Frontmann Hubert Aiwanger im Stimmkreis Landshut, dem Enz einen Sieg im Stimmkreis durchaus zugetraut hat. Zur Relativierung seiner entspannten Seelenlage hatte dann noch der Gedanke beigetragen, die Wähler in Erlangen und dem Landkreis ERH hätten ja eher regional als politisch denken, auf drei Abgeordnete aus dem Stimmkreis setzen und deshalb mit Erststimme Enz wählen können. Der über die CSU-Liste komfortabel abgesicherte Stefan Müller hätte doch das Direktmandat nicht gebraucht, ebenso wenig die SPD-Frau Martina Stamm-Fibich.

Wie es wirklich kommt, erlebt Christian Enz freilich nicht in heimatlichen Regionen. Er bricht am Sonntagnachmittag nach München auf. Um 17.30 Uhr ist Termin zur zentralen Wahlabend-Veranstaltung der Freien Wähler.

Ob diese Kalkulationen den "Titelverteidiger" Stefan Müller in die "gespannte Erwartung" versetzt haben, von der er dieser Redaktion gegenüber gesprochen hat? Der CSU-Kandidataus Großenseebach hat sich jedenfalls als erstes einen längeren Morgenlauf gegönnt. Darauf, sagt er, habe er des Wahlkampfs wegen längere Zeit verzichten müssen.

Für einen wie ihn ist natürlich auch der Urnengang in die Großenseebacher Grundschule ein festgelegter Termin: Um 9.30 Uhr gab der Abgeordnete seine Stimme ab — und erfüllte anschließend einen Wunsch seines Feuerwehr verrückten Patenkinds. Zum Tag der offenen Tür der Erlanger Feuerwehr fuhr die Familie noch vormittags, um dann gemeinsam essen zu gehen. Am Nachmittag hat sich der 42-Jährige nach der Zeit im "Müller Mobil", dem Wahlkampfbus, wieder auf ein entspannenderes Fahrzeug gesetzt und eine Rennrad-Runde gedreht.

Die ersten Prognosen verfolgt Müller nach Schließung der Wahllokale noch auf dem Bildschirm im eigenen Haus, dann geht es ins Landratsamt und ins Rathaus nach Erlangen. Letzte Adresse am Sonntag: das Ludwig-Erhard-Haus zur Party mit Parteifreunden.

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