"Social Freezing": Eizellenbank in Erlangen soll kommen

24.10.2014, 06:00 Uhr

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Für Furore hat gerade erst die Meldung aus den USA gesorgt, dass Apple und Facebook Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen bezahlen. Die beiden Technologiekonzerne wollen diese Maßnahme als Teil ihrer Sozialleistungen für Frauen und Familien wahrgenommen haben.

In Deutschland ist man von dieser Entwicklung offenbar noch ein Stück entfernt. Ihm sei keine einzige Firma bekannt, die hierzulande die Kosten übernimmt für das sogenannte „Social Freezing“ oder „Egg Freezing“, wie es in den USA üblicherweise bezeichnet wird, sagt Rolf Dittrich, Professor für experimentelle Reproduktionsmedizin und Leiter der reproduktionsmedizinischen Labore an der Frauenklinik des Erlanger Uniklinikums.

Aber die Nachfrage von Frauen besteht. Derzeit machen zwar erst wenige von der relativ neuen Methode der Vitrifikation Gebrauch und lassen unbefruchtete Eizellen einfrieren. Doch ihre Zahl nimmt zu. Und so entstehen seit etwa einem Jahr Eizellenbanken quer durch die Republik – in Hamburg, München und Stuttgart. Bald bekommt auch Erlangen eine Eizellenbank. „In Zukunft werden das alle IVF-Zentren machen“, schätzt Prof. Dittrich.

Schnelles Einfrieren

Das Einfrieren befruchteter Eizellen mit Hilfe einer „Slow Freezing“-Methode wurde bereits vor einem Vierteljahrhundert entwickelt, die Universität Erlangen spielte dabei eine maßgebliche Rolle. Als Routinemethode bewährte sich das „Slow Freezing“ jedoch nicht, weil der größte Teil der befruchteten und später auch unbefruchteten Eizellen die Prozedur nicht überstand.

Seit etwa fünf Jahren hat sich die Vitrifikation etabliert. Dabei handelt es sich um eine sehr schnelle Form des Einfrierens von menschlichen Zellen durch direktes Eintauchen in flüssigen Stickstoff. Mit dieser Methode überleben 90 Prozent der Eizellen. Angewandt wird sie vor allem bei Tumorpatientinnen, die sich die Möglichkeit erhalten wollen, ihren Kinderwunsch nach einer Chemo- oder Radiotherapie noch zu erfüllen.

Inzwischen interessieren sich zunehmend mehr gesunde Frauen dafür, unbefruchtete Eizellen einfrieren zu lassen. „Managerin, 34 Jahre alt, gute berufliche Position, kein Partner“: So charakterisiert Dr. Rolf Behrens, einer der Betreiber der zukünftigen Eizellenbank und Reproduktionsmediziner in einem niedergelassenen IVF-Zentrum in Erlangen, die typische Klientin, die „Social Freezing“ in Erwägung zieht.

© Archivfoto: Harald Sippel

„Da kann man nur sagen: Gute Idee, denn in einigen Jahren hätte sie ungleich schlechtere Chancen als heute“, schiebt Behrens hinterher. Er verweist darauf, dass die Fertiliät mit dem Alter der Frau abnimmt, denn die Eizellen werden – anders als männliche Spermien – nicht ständig neu produziert, sondern altern. Deshalb sei das optimale biologische Alter der Frau mit spätestens 35 Jahren zu Ende. Mit den jüngeren Eizellen lasse sich auch die Fertilität konservieren. Die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, bleibt hoch, während sie bei älteren Frauen deutlich sinkt. „Man kann damit die biologische Uhr um etliche Jahre hinausschieben“, sagt Behrens.

Erst Karriere, dann ein Kind: Die biologischen und gesellschaftlichen Verhältnisse würden völlig auseinanderlaufen, sagt der Reproduktionsmediziner. Die Medizin könne die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht ändern, doch sie könne den Frauen eine Chance bieten.

Doch wird das „Egg Freezing“ die Gesellschaft tatsächlich auf fundamentale Art verändern? Der Erfinder der Antibaby-Pille Carl Djerassi meinte vor einigen Jahren, dass es eine zweite sexuelle Revolution auslösen werde, vergleichbar mit der Pille. Professor Dittrich glaubt dagegen: „Es wird in Zukunft viele Frauen geben, die das anwenden – allerdings nicht so wie die Pille, weil es einfach zu teuer ist.“ Mit Kosten zwischen 6000 und 10.000 Euro müssen die Frauen rechnen.

Mehr Kinder, so glaubt der Wissenschaftler, werde es infolge des „Egg Freezing“ nicht geben. Denn es sei ja nicht gesagt, dass die Frauen, die jetzt ihre Eizellen einfrieren lassen, diese jemals verwenden. Um sich mit 50 noch für ein Kind zu entscheiden, brauche man Mut. Genau das, was jetzt schon fehle, wenn Frauen sich nicht dazu entschließen können, ein Kind in eine nicht ganz optimale Situation hineinzugebären.

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