Spardorfer Glockenhaus auf dem Prüfstand

20.10.2018, 13:00 Uhr
Spardorfer Glockenhaus auf dem Prüfstand

© Dieter Köchel

Das Glockenhaus ist das Wahrzeichen der Erlanger Umlandgemeinde. Der Sandsteinbau aus dem 19. Jahrhundert ist das bedeutendste Baudenkmal im Ort. Im Laufe seiner Geschichte diente das Gebäude recht unterschiedlichen Zwecken. Es war die Post, die Gemeindeverwaltung und Feuerwehrstandort — davon zeugt der vorhandene Schlauchturm, in dem heute Fledermäuse und Schleiereulen wohnen. Sogar an ein ausgelagertes Klassenzimmer erinnern sich ältere Ratsmitglieder.

Dementsprechend wurden bis auf das Treppenhaus die Räume immer wieder umgebaut und der Nutzung angepasst. Architekt Lübeck beurteilt sie insgesamt als gut; auch das Gebälk des Dachstuhls. Allerdings gibt es dort Holzschädlingsbefall, der vorab bekämpft werden muss, ergab dessen Voruntersuchung. Von einer Nutzung riet er ab, allein schon aus Brandschutzgründen.

"Innen müsste man etwas aufräumen", umschrieb er die Folgen der vielerlei bisherigen Nutzungen. So sollten die Toiletten renoviert und etwas verkleinert werden, was den Blick und den Zugang auf das historische Treppenhaus verbessert. Bei den Fenstern muss entschieden werden, ob es günstiger ist, sie zu ertüchtigen oder neue einzubauen. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz sollten die alten Holzfußböden wiederhergestellt werden.

Lager für Vereine

Um den Charakter des laut Herbert Sommerer (CSU) "schönsten Gebäudes von Spardorf" hervorzuheben, sollte der Garagenanbau für die Feuerwehrspritze abgebrochen werden. Heute lagern dort Vereine Gerätschaften. Sie sollen an einem anderen Standort ein neues Domizil erhalten, wie Bürgermeisterin Birgit Herbst (NL) informierte. Der so entstehende freie Platz, schlug Lübeck dem Ratsgremium vor, könnte vor allem bei Trauungen als Innenhof für einen Empfang genutzt werden. Diese Idee fand im Rat sofort Zuspruch. "Ich sehe großes Nicken im Rat dazu, das historische Gebäude zu erhalten, es aber nicht historisierend, sondern eher puristisch umzubauen", fasste Herbst zusammen.

Ein barrierefreier Zugang des Obergeschosses ist durch einen Aufzuganbau möglich, illustrierte Lübeck durch Planskizzen. Dadurch würde sich aber der Innenhof verkleinern. Auf der vorgestellten Basis ermitteln die Planer nun die Kosten der einzelnen Maßnahmen. Dabei prüfen sie dem Ratsbeschluss gemäß die Varianten mit und ohne Aufzug.

In einer Woche eröffnen die ersten Märkte auf dem ehemaligen Ziegeleigelände. Doch der Riegel aus Geschosswohnungsbau dahinter kommt nicht so recht voran. Im vorhabenbezogenen Bebauungsplan sind zwei verknüpfte mehrstöckige Gebäude vorgesehen. Sie will die Gewobau Erlangen errichten, kommt aber bislang zeitlich nicht zu Potte. Ende August richtete die renommierte Wohnungsbaugesellschaft einen als "Bauvoranfrage/ Fragestellung" betitelten Antrag auf Bauvorbescheid an den Planungsverband "Alte Ziegelei Spardorf-Buckenhof".

Dessen Inhalt stellte das Gremium vor die Frage, als was es zu werten sei, denn in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist die Baustruktur eben den planerischen Absichten entsprechend schon festgelegt. Aufgrund der ungewöhnlichen Formulierung und wegen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit ließ der Planungsverband den Antrag von einem Fachjuristen prüfen. Der kam zu dem Ergebnis, dass bei dem vorliegenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein Antrag auf Bauvorbescheid unzulässig ist. Eine Behandlung der Fragen erübrigt sich somit. Demzufolge stellte der Gemeinderat, wie auch zuvor schon der Planungsverband, in seinem Beschluss einstimmig die Unzulässigkeit des Antrags fest. Das gemeindliche Einvernehmen kann daher nicht erteilt werden.

Die Bürgermeisterin, die auch in engem Kontakt mit Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) steht, befürchtet, dass der für Stadt und Umland dringend erforderliche Wohnungsbau sich noch länger verzögert, "weil manche Personen sich nicht an die Regeln halten wollen". Sie ist besorgt darüber, dass "irgendwo die renommierte Gewobau an die Wand gefahren werden soll."

Die Frage des Spardorfer Rats ist nun, wie man die Sache voranbringen könne, nachdem die fünfjährige Frist für den Baubeginn am Verstreichen ist. Kleinere Befreiungen, die eine bessere Nutzung ermöglichen, können sicher erteilt werden, das hat man schon bei der Förderstätte der Lebenshilfe bewiesen. Herbst betont: "Wenn die Gewobau Erlangen auch hier Befreiungen für erforderlich hält, muss sie diese formal korrekt beantragen und begründen, wie jeder andere Bauherr auch." Irritierend empfindet Herbst dabei auch die Werbung der Gewobau. Wohnungsinteressenten werden an die Verwaltungsgemeinschaft verwiesen, obwohl Bauherr und künftiger Vermieter die Gewobau Erlangen ist.

Im Vergleich dazu nur eine Kleinigkeit war die Zustimmung zur zurückhaltenden und einheitlichen Art der Weihnachtsbeleuchtung an den Ladengeschäften, zu einer Hinweisstele auf die Apotheke und zu beschatteten Freisitzen bei der Bäckerei, auch wenn das formal in den Bebauungsplan aufgenommen werden muss. In der Straße Am Veilchenberg kommt es wegen des Untergrunds, einer früheren Mülldeponie, zu Setzungen. Man erwartet generell eine kürzere Lebensdauer dieser Straße. Die Bürgermeisterin wurde nun ermächtigt, weitere geologische Untersuchungen und die Ingenieurleistungen für den Straßenbau zu vergeben. Auch die Wasserleitung und die Kanäle sollen im Zuge der Maßnahme untersucht und saniert werden.

Neue Analyse

Zum Schluss der Ratssitzung informierte die Bürgermeisterin über die Aktivitäten der Initiative "Ostast StUB". Im April haben sich landkreisübergreifend 14 Kommunen östlich von Erlangen zusammengeschlossen, um die Idee eines Schienenverkehrs nicht nur zwischen Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach wach zu halten.

Da der sogenannte L-Ast Ende 2019 in die Planfeststellung gehen soll, wollen die Initiatoren bis dorthin eine erneute Kosten-Nutzen-Analyse für den Ostast. "Sonst ist er für immer oder zumindest sehr lange Zeit gestorben", befürchtet nicht nur Herbst. Man wolle die Chance noch einmal nutzen, denn es ist sehr wahrscheinlich, dass sich seit der letzten Kosten-Nutzen-Berechnung die Strukturdaten, Einzugsbereiche, Bevölkerungszahlen so verändert haben, dass nun die Förderfähigkeit des Ostasts nachgewiesen werden kann.

Zudem stehe eine Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes an, nach der auch Schienen im Straßenraum gefördert werden sollen. "Es geht darum, den Stau auf den Straßen zu reduzieren und um Klimaschutz. Die Verbesserung des ÖPNV gerade durch eine Straßenbahn ist ein wichtiger Beitrag, damit der Wohlstand der Region erhalten bleibt. Ob man gut und schnell zu seinem Arbeitsplatz kommt, ist schließlich ein Standortfaktor", davon ist die Bürgermeisterin überzeugt. Die anteiligen Spardorfer Kosten für das Analyse-Gutachten bezifferte Herbst auf einen "niedrigen vierstelligen Betrag". Die Mittel dafür will Spardorf in den Haushalt 2019 einstellen.PAULINE LINDNER

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