Spieli-Fußballerinnen feiern in Erlangen die Sensation
12.6.2018, 07:35 UhrDer Trainer hatte mitgelitten, schon seit Wochen, vor allem in den Tagen vor diesem Spiel. "Ich konnte in der letzten Woche gar nicht richtig essen", sagt Jan-Frederik Gnichwitz. "Wenn es nicht geklappt hätte, die Mädels hätten mir sehr leid getan." Doch es hat geklappt. Nach dem Abpfiff am Samstagnachmittag war ein Großteil der 500 Zuschauer auf den Rasen im Waldsportpark gerannt, waren sich Fans und Spielerinnen in die Arme gefallen. "Das war der Wahnsinn", sagt Gnichwitz. Der Wahnsinn, weil seine Mannschaft, die U17-Juniorinnen der Spielvereinigung Erlangen, tatsächlich aufgestiegen ist — in die Bayernliga.
"Das ist eine Sensation", meint der Trainer. "Wir haben das mit ganz wenigen Mitteln erreicht. Hof und Regensburg haben im Umkreis ganz andere Möglichkeiten." Für die Erlanger hingegen gibt es mit der Spielvereinigung Greuther Fürth und dem 1. FC Nürnberg große Konkurrenz im Frauenfußball-Nachwuchsbereich. Trotzdem steht die Spieli nun bereits einen Spieltag vor Schluss als Landesliga-Meister und direkter Aufsteiger fest. "Die Bayernliga ist bei uns die zweithöchste Liga", sagt Gnichwitz. Danach kommt schon die Bundesliga.
Vor fünfeinhalb Jahren hat der 37-Jährige bei den Erlangern als Jugendtrainer angefangen. "Wir waren ganz unten in der Kreisliga, sind immer wieder aufgestiegen." Zwei Spielzeiten gönnten sich die Fußballerinnen in der Landesliga. Nun geht es wieder weiter nach oben. Seit Samstagnachmittag steht das fest. Denn die Spielvereinigung holte gegen den direkten Verfolger im Kampf um die Meisterschaft, den 1. FFC Hof, einen Punkt.
Während es für die Erlanger das letzte Saisonspiel war, dürfen die Oberfranken noch einmal ran, zudem hatten sie den direkten Vergleich für sich entschieden. Die Spieli musste also zwingend punkten, um nicht vom Ergebnis der Hofer abhängig zu sein. Im direkten Duell traf dabei der beste Angriff der Liga auf die stärkste Defensive. Im Spiel selbst spürte man zunächst vor allem aber die Nervosität der Fußballerinnen.
Hof ging direkt nach dem Seitenwechsel mit der ersten gefährlichen Chance in Führung. Danach stellte Erlangen das System um, von 4-3-3 auf Dreierkette in der Abwehr und einer zusätzlichen Stürmerin. "Wir haben alles auf eine Karte gesetzt." In der 70. Minute erarbeitete sich die Spielvereinigung einen Eckball, den Finja Bruns direkt verwandelte. "Es war ein Riesenjubel auf dem Feld. Wir haben draußen zuerst gar nicht richtig gesehen, dass der Ball drin ist."
Auf den Rängen gab es bereits kein Halten mehr, 500 Zuschauer waren gekommen, darunter auch 150 aus Hof. Die Spieli hatten eine Ultra-Gruppe aus Nachwuchsfußballern und der Fangruppe Block 4 zusammengerufen. Trommeln, Pyro — der Waldsportpark bebte. "Das kannte ich bislang so nicht im Jugendbereich. Es zeigt, was man erreichen kann", sagt Gnichwitz.
Nur ein "Katastrophen-Spiel"
Für Finja Bruns war es das 33. Tor, der insgesamt 63. Erlanger Treffer. Damit ist sie die erfolgreichste Angreiferin der Liga. "Wir haben unser Spielsystem auf die ausgelegt", erklärt der Trainer den Erfolg, Bruns spielt auf dem rechten Flügel. "Doch auch unsere zweitbeste Torschützin, unsere Stürmerin Hanna Steinmetz, gehört zu den besten der Liga."
Nur ein Spiel haben die Erlangerinnen verloren, in der Hinrunde beim Tabellendritten SC Regensburg (0:2). "Das war das Katastrophen-Spiel überhaupt", sagt Gnichwitz. "Drei Spielerinnen waren erkältet und mussten trotzdem auflaufen, wir standen im Stau und waren nur fünf Minuten vor Anpfiff da." Es war ein Rückschlag, aber nur ein einziger — in der gesamten Saison. Nun steht die Spieli als Meister fest. Nächstes Jahr warten in der Bayernliga die Reserve-Mannschaften von Bayern München und 1. FC Nürnberg, aber zum Beispiel auch der FC Ingolstadt.
Das Erlanger Team wird sich wieder verändern, wie in jedem Jahr kommen und gehen fünf, sechs Spielerinnen, so ist das im Jugendbereich. Einige wechseln in die Damen-Mannschaft der Spieli. "Das ist die größte Schwierigkeit", sagt Gnichwitz, "immer eine neue Mannschaft aufzubauen." In dieser Saison hat die Integration der Neuen besonders gut funktioniert, auch gab es eine gute Trainingssteuerung. "Außerdem war der Zusammenhalt im Team besonders groß. Die Mädels waren jeden Tag bei der Spieli, das hat noch einmal eine Schippe drauf gelegt." Deshalb ist der Trainer auch besonders stolz auf sein sensationelles Team.
SpVgg Erlangen: Cetin; Harrer, Münzel (67. Hood), Bruns, Denndorf, Steinmetz, Stadler (48. Weßnick), Hebecker, Mück, Kühnl, Eckstein.
Tore: 0:1 Dudnik (46.), 1:1 Bruns (70.).
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