Spontane Gastfreundschaft für Asylbewerber

9.11.2012, 11:30 Uhr
 Spontane Gastfreundschaft für Asylbewerber

© Klaus-Dieter Schreiter

Wie sich viele Bürger in dem kleinen Ort um die Flüchtlinge kümmern, ist vorbildlich und sucht seinesgleichen. Auch der Bürgermeister engagiert sich stark und hat zu einer Spendenaktion aufgerufen.

„Man hört davon und engagiert sich“, sagt Geraldine Safavi wie selbstverständlich. Zufällig trafen die EN sie bei Bürgermeister Konrad Rudert, wo sie sich mit ihm abstimmen wollte über die Hilfe für die 15 Asylbewerber, die seit drei Wochen im Hotel „Schützenhof“ untergebracht sind. Sie ist aber nur eine Dame von etlichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die sich ohne eine besondere Organisationsstruktur zusammengetan haben, um die Probleme und Sorgen der aus dem Nahen Osten gekommenen Männer, Frauen und Kinder zu lindern.

Isolation aufheben

Zwei Männer stammen aus Pakistan, eine Frau kommt mit zwei kleinen Kindern aus Bagdad, sechs Frauen sind aus dem Iran geflüchtet, und bei zwei Müttern mit je einem Sohn ist noch gar nicht klar, woher sie wirklich stammen. Denn es gibt erhebliche Sprachprobleme.

Bürgermeister Rudert war ziemlich überrascht, als ihm mitgeteilt wurde, dass er mit 15 „Neubürgern“ zu rechnen habe. „Wie eine Reisegesellschaft sind sie mit dem Bus aus Zirndorf gekommen und im Hotel abgestiegen“, sagt er. Sieben Zimmer würden sie dort belegen, Frühstück und Abendessen stellt das Hotel; das Mittagessen liefert der Dorfmetzger.

Die Kosten – die Musterverträge sehen 40 Euro pro Asylbewerber für Unterkunft und Verpflegung vor — trägt das Landratsamt. „Was das Amt aber nicht leisten kann, ist, die Isolation aufzuheben“, sagt der Bürgermeister. Deshalb engagieren sich viele Möhrendorfer Bürger für die Asylbewerber. Der Sportverein bietet verschiedene Aktivitäten an, Frauen haben einige Christen bereits mit zum Gottesdienst genommen, der Elternbeirat der Schule hat für die Kinder gesammelt, und sogar ein Sprachunterricht wurde organisiert. Den hält der pensionierte Lehrer Peter Friedel.

„Den Kurs muss man wirklich loben“, strahlt er, und erzählt, dass zwei seiner Schüler keine lateinischen Buchstaben kennen und daher alles nicht ganz so einfach sei. Der Unterricht wird ausschließlich auf Deutsch gehalten. Für die Kinder wurden sogar Plätze in Schulen gefunden, ein sechsjähriges Mädchen geht in den Kindergarten im alten Rathaus. Ein Besuch dort zeigt: Sie hat sich bereits prima eingelebt und lernt die deutsche Sprache spielend.

„Bitter nötig“

Besonders engagieren sich die Mitglieder des Seniorenbeirats. Deren Vorsitzende Irmgard Setzer ist erst vorgestern mit einer Frau aus dem Iran beim Zahnarzt gewesen, mit einer anderen Asylbewerberin werden Beiratsmitglieder demnächst zum Allgemeinarzt gehen. Und bald, wenn alle ein wenig mehr Deutsch gelernt haben, soll sogar ein Kennenlernabend organisiert werden. Das alles geschieht in Eigeninitiative, und die sei auch „bitter nötig“, sagt der Bürgermeister. Er lobt dabei auch die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt.

Nur von einigen der 15 weiß Geraldine Safavi, was sie durchgemacht haben, bevor sie sich zur Flucht entschlossen haben. „Die haben so viel erlebt, das können wir gar nicht erahnen“, sagt sie. Einer Frau, deren Mann verschollen sei, habe beispielsweise die Inhaftierung gedroht. Haus und Hof seien annektiert worden. Bei einer anderen sei die ganz Familie verschwunden, und auch sie sei verfolgt worden. Da die Geflohenen darunter auch psychisch leiden, soll psychologische Betreuung organisiert werden.

Weil die Flüchtlinge nicht auf den Winter in Deutschland vorbereitet sind, hat Bürgermeister Rudert zu einer Spendenaktion aufgerufen. Insbesondere Damenbekleidung in den Größen 38 bis 42 wird benötigt. Aber auch Fahrräder können heute ab 16 Uhr im Rathaus abgegeben werden. Der im Ort ansässige Zweirad-Zitzmann wird sie kostenlos herrichten. „Es ist schließlich die Aufgabe der Gemeinschaft, sich um die Schwachen zu kümmern“, kommentiert Konrad Rudert das Engagement aller.

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