Tag 1: Zwischen Harmonie, Drill und Dissonanz

3.7.2014, 15:17 Uhr
Tag 1: Zwischen Harmonie, Drill und Dissonanz

© Rainer Windhorst

Angenehm, ja nachgerade harmonisch geht es im Tanztheater-Stück „Zapturapt (Discipline)“ der türkischen „Noland Project Company“ nur am Anfang zu. Eine Ballett-Tänzerin macht sich am Schminktisch fertig für ihre Übungen. Die drei Soldaten in Springerstiefeln und olivgrünem Outfit werden mit eingebunden in die grazile Bewegungschoreographie, fließend sind die Abläufe, alles ein tänzerisches Hand-in-Hand. Doch dabei bleibt es nicht: Dissonanzen mischen sich ein, die Protagonisten verzweifeln zunehmend am harten Drill ihrer jeweiligen Profession, die geforderte Disziplin lässt die anfängliche, fließende Freiheit in viele Fragmente zerfallen.

Im Experimentiertheater lässt das vierköpfige Ensemble eine innige, hochatmosphärische Stimmung entstehen, die über die ganze Spieldauer anhält. Emotionen, allein tänzerisch und mimisch ausgedrückt, verdeutlichen die Anspannung der Beteiligten, die sich im Verlauf der stummen Handlung aufreiben zwischen den Zwängen der Disziplin und den Wonnen der Bewegungsfreiheit. Obwohl: Zusammenhänge gibt es auch da. Strenge Regeln determinieren sowohl das Militär als auch das Ballett.

Was streng einstudiert werden muss, soll im Ergebnis auf den Punkt genau „funktionieren“. Dass das Ensemble diese artifizielle Untersuchung zu Lebensweisen und -richtlinien nicht als assoziative Kopfgeburt, sondern als dynamisches Tanztheater anbietet, ist die eigentliche Leistung.

 

Was ist wichtiger: Die Form oder der Inhalt? Die Performance-Künstlerinnen von „Berlocken“ erforschen in „Form der Frage“ sich und die Erwartungshaltungen des Publikums. Aus dem Tiefschlaf erwacht, bombardiert „Berlocken“ die Zuschauer in der proppenvollen „Garage“ erst einmal mit „W-Fragen“ aller Art. Antworten gibt es freilich nicht. Statt dessen verlassen die Performce-Künstlerinnen ihre Rahmen, die zeitweise ihre Bewegungen eingrenzen, und gestalten ein Miteinander voller schöner Bilder. Da wird über die Holzgestelle balanciert oder das Gleichgewicht auf die Probe gestellt. Das alles ist schön choreografiert und harmonisch gespielt. Hinzu kommt noch Musik. Mit Geige und Klarinette entsteht ein entspannt-meditativer Soundtrack für eine Performance, die etwas mehr als eine kurzweilige halbe Stunde dauert. Die Form? Nett. Der Inhalt? Okay.

 

Und so geht es weiter beim „Arena“-Festival, das noch bis Sonntag dauert: Heute ist ab 14 Uhr die Koproduktion „If only I had a heart“ beim „CVJM“ zu sehen. Das „Collective Oortocht“ aus Belgien hat mit 15 Studenten der Universität ein Stück erarbeitet, das sich „mit den Ängsten von Menschen und ,Fast-Menschen‘, wie zum Beispiel Robotern oder Zombies beschäftigt“.

Ab 15 Uhr steht Tomas Gonzalez mit „My name is Tomas Gonzalez and we have 60 minutes“ zu sehen. Im Foyer-Café des Markgrafentheaters zeigt ab 16.30 Uhr das Duo „Stang/Strodthoff“ „Nichts“. Die nächste Aufführung folgt ab 18.30 Uhr im Experimentiertheater der Universität. „Cobraanker.cobra“ zeigt „Soft“. Ab 19.30 Uhr wird beim „CVJM“ nochmals die Koproduktion aufgeführt, und ab 20 Uhr ist im Markgrafentheater „Voyager“ von „K.A.U.“ zu sehen.

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