Tag der Muttersprache: Aktionen in Erlangen

21.2.2019, 12:00 Uhr
Tag der Muttersprache: Aktionen in Erlangen

© Foto:Oliver Berg/dpa

Am Samstag, 23. Februar, von 11 bis 17 Uhr, sind alle Interessierten zu einem "Markt der Sprachen" in die Volkshochschule (Friedrichstraße 19) eingeladen, im Rathaus sowie im Bürgertreff Isarstraße wird momentan die Ausstellung "Stimmen aus aller Welt" gezeigt. Wir sprachen darüber mit Damjana Kapetanovic vom Erlanger Ausländer- und Integrationsbeirat (AIB).

Frau Kapetanovic, die UNESCO hat im Jahr 2000 den Internationalen Tag der Muttersprache zur "Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit" ausgerufen. Eine gute Idee auch für Erlangen?

Damjana Kapetanovic: Auf jeden Fall. In Erlangen leben Menschen aus 150 verschiedenen Nationen. Sie bringen alle ihre eigene Muttersprache mit. Das ist eine große Bereicherung.

Wie ergeht es den Kindern von Zuwanderern mit ihrer Muttersprache?

Kapetanovic: An den Schulen sprechen die Kinder der Zuwanderer Deutsch, viele von ihnen wachsen aber mehrsprachig auf, und diese Mehrsprachigkeit ist eine echte Ressource. Oftmals verstecken die Kinder jedoch außerhalb der eigenen vier Wände ihre Muttersprache, weil sie sich dafür schämen. Für Grundschulkinder ist es ein Aha-Erlebnis, wenn sie merken, dass es gar keinen Grund dafür gibt, sich zu schämen. Das hat sich letztes Jahr gezeigt, als wir anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache eine Leseaktion durchführten.

Was genau ist da passiert?

Kapetanovic: Schüler von vier weiterführenden Schulen haben an vier Grundschulen in ihrer eigenen Muttersprache und in deutscher Sprache vorgelesen. Das kam bei den Kindern und auch bei den Jugendlichen sehr gut an. Die Jüngeren fanden es toll, dass ihnen vorgelesen wurde, die Älteren waren stolz, dass sie Vorbild sein konnten. Und es war etwas ganz Natürliches, dass in mehreren Sprachen gelesen wurde. Allein schon der Klang anderer Sprachen hat etwas Faszinierendes. Die Aktion kam sehr gut an, dieses Jahr werden sich doppelt so viele Schulen an der Leseaktion beteiligen. Zum Vorbereitungstreffen kamen 40 Personen. Zum Vergleich: Letztes Jahr waren es acht Teilnehmer.

"Einmal wurden wir beschmipft. Das hat mich sehr verletzt"

Manche Leute fordern, dass Zuwanderer die Sprache ablegen, die sie aus ihrem Herkunftsland mitgebracht haben. Sie selbst kommen aus Slowenien. Wie halten Sie es mit Ihrer Muttersprache?

Kapetanovic: In der Familie spreche ich Slowenisch, denn es ist mir wichtig, dass meine Kinder meine Muttersprache beherrschen und sich dann auch mit ihren Großeltern unterhalten können, aber außerhalb der Familie spreche ich selbstverständlich Deutsch. Als meine Schwester einmal zu Besuch war, haben wir Slowenisch gesprochen, denn sie kann ja kein Deutsch. Damals wurden wir schlimm beschimpft — hier in Erlangen, in der Stadt, die ich so lieben gelernt habe. Das hat mich sehr verletzt.

Die Forderung nach Integration, auf beleidigende Weise vorgetragen: Da hat sich jemand selbst ein sehr schlechtes menschliches Zeugnis ausgestellt . . .

Tag der Muttersprache: Aktionen in Erlangen

© Foto: privat

Kapetanovic: Erlangen ist meine Heimat geworden. Ich bin nicht beleidigt, aber ich bin traurig. Man sagt immer, wir Zuwanderer müssen uns integrieren. Aber zur Integration gehört auch, dass man aufgenommen wird. Und klar ist doch auch: Ich bin keine Schlange, ich kann meine Haut nicht wegwerfen. Ich hätte so gern, dass wir alle gut zusammenleben können, denn jeder Mensch ist wunderbar. Und auch die verschiedenen Sprachen, die die Menschen sprechen, sind schön. Das hat sich beim Tag der Muttersprache letztes Jahr in der Stadtbibliothek gezeigt.

Inwiefern?

Kapetanovic: Da wurden bei einer Veranstaltung Lieblingswörter gesammelt. Chinesische, polnische, russische, englische, portugiesische, aber auch schwäbische und oberpfälzische Wörter. Ein Wort aus der Inkasprache Quechua ist mir besonders in Erinnerung, es war so bunt und schön. "Tupananchiskama" — das heißt "Aufwiedersehen".

Das persönliche Lieblingswort: Buch

Welches ist denn Ihr persönliches Lieblingswort?

Kapetanovic: "Buch" — auf Slowenisch heißt es "knjiga". Eigentlich habe ich viele Lieblingswörter. Aber wenn ich die sage, dann sagt meine Tochter, dass ich zu emotional bin.

Sagen Sie sie doch bitte trotzdem.

Kapetanovic: Liebe, Sonne, Rose und Mensch. — "Mensch", "clovek", das ist ein Wort, das mir im Deutschen und im Slowenischen so viel bedeutet. Darin steckt auch das Wort "Menschlichkeit". Das sollte in jeder Sprache eine bessere Bedeutung haben. Das ist etwas sehr Wertvolles.

 

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