"Tagesmutter in Erlangen zu sein, ist eine Berufung"

15.3.2017, 18:00 Uhr

© Foto: Harald Sippel

Bis zu fünf Kinder dürfen Tagesmütter betreuen. So will es der Gesetzgeber. 180 Betreuungsplätze konnten über das Jugendamt in Erlangen in den letzten Jahren angeboten werden – bei 45 Tagesmüttern und einem Tagesvater. Die Befürchtungen der letzten Jahre, dass sie infolge des massiv vorangetriebenen Krippenausbaus künftig weniger gefragt seien, haben sich nicht bewahrheitet. Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen ist ebenfalls deutlich gestiegen. So stark, dass die Kindertagespflege weiterhin ausgelastet ist.

Das Problem ist jetzt vielmehr, dass einige Tagesmütter aufhören — unter anderem aus Altersgründen. Oder weil sie, wie Manuela Richter, aus Erlangen wegziehen.

16 Jahre lang hat die gelernte Hotelfachfrau Kleinkinder betreut, von Anfang an in Kooperation mit dem Erlanger Jugendamt. Das heißt, sie ist beim städtischen Fachdienst Kindertagespflege registriert, von dem sie auch die Bezahlung bekommt, während wiederum die Eltern das Geld direkt an das Jugendamt überweisen. "Mit der Bezahlung habe ich Null zu tun", sagt sie. "Das ist schon eine Entlastung."

Eine Entlastung für die Eltern hingegen ist es zu wissen, dass der Fachdienst in seinen Räumen in der Michael-Vogel-Straße mit fünf festangestellte Erzieherinnen in zwei Gruppen für eine Ersatzbetreuung sorgt, wenn die Tagesmütter krank werden oder in den Urlaub gehen.

Vor ihrem Wegzug ist Manuela Richter aber noch eine Weile für "ihre" Kinder da. Zain, Sofia, Maximilian, Frederik und Enno sind zwischen eineinviertel und zweieinhalb Jahre alt, und obwohl sie sich teilweise erst seit einigen Monaten kennen, wirken sie bereits wie ein eingeschweißtes Team. Vor allem aber lieben sie ihre Tagesmutter. Während sie neben ihr auf Kinderstühlen an einem niedrigen Tisch sitzen und sich Obststückchen in den Mund stecken, achten sie hochkonzentriert auf jedes Wort, das Manuela Richter spricht. Die Kinder nehmen Rücksicht aufeinander, beim Essen genauso wie später beim Spielen im Bällebad. Die Tagesmutter liebt ihren Beruf. "Es belebt und hält mich jung", sagt sie. Und ergänzt: "Eigentlich ist es eine Berufung".

Ein paar Wehmutstropfen gibt es aber auch. Zum Beispiel die Bezahlung. Vier Euro pro Kind und Stunde bezahlt das Jugendamt, darin sind neben dem Grundgehalt auch Zuschüsse enthalten. Die letzte "Lohnerhöhung" gab es 2006. "Man kann nur Tagesmutter werden, wenn man einen Partner hat, der ein geregeltes Einkommen hat", findet Manuela Richter.

Dabei denkt sie durchaus auch an die hohen Mieten in Erlangen. Oder daran, dass es in Bayern anders als in anderen Bundesländern, kein Geld für die Grundausstattung gibt. Ungern denkt sie auch daran zurück, wie schwierig vor ein paar Jahren die Suche nach einer Mietwohnung war, weil die Vermieter sich nicht davon überzeugen lassen wollten, dass kleine Kinder nicht dauernd Krach machen.

Dabei gebe es für solche Befürchtungen überhaupt keinen Anlass, sagt sie. Und in der Tat: Die achtsame Art, die Manuela Richter an den Tag legt, spiegelt sich im Verhalten der Kinder. Eine ruhige, angenehme Atmosphäre: "Wie man mit den Kindern umgeht, so kommt’s zurück", zeigt sie sich überzeugt.

Neben der Liebe zu Kindern und der Freude an der Arbeit mit ihnen sind Tagesmütter aber auch Ansprechpartnerinnen der Eltern, zu denen sie ebenso wie zu deren Nachwuchs ein Vertrauensverhältnis aufbauen — schließlich ist die Tagespflege die familiärste Betreuungsform.

Tagesmütter "sind selbständige Unternehmerinnen, die verpflichtet sind, gewisse Qualitätsstandards einzuhalten", präzisiert Christian Held, Leiter des Sachgebiets Besondere Soziale Dienste beim Jugendamt. In einem Qualifizierungskurs des Jugendamtes werden sie auf ihre Aufgabe vorbereitet, später folgt noch ein Aufbaukurs. Außerdem berät und informiert der Fachdienst Kindertagespflege (angehende) Tagesmütter genauso wie Eltern.

"Wir begleiten die Tagespflegeverhältnisse", heißt es beim Team der Mitarbeiterinnen. Bei regelmäßigen Treffen ist zudem der Austausch zwischen den Tagesmüttern möglich. Jetzt hofft der Fachdienst auf weitere künftige Tagesmütter. Und vielleicht auch Väter. Bisher gibt es nur einen Mann. Einladungen beginnen bisher der Anrede "Liebe Tagesmütter, lieber Franz". Aber das könnte sich ja ändern.

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